Dr. Karin Winkler

Von Witzenhausen in die Obstbauforschung

Mit meinem Studium der Ökologischen Landwirtschaft in Witzenhausen verbinden mich zahlreiche gute Erinnerungen, die viele Seiten füllen könnten. Ich greife hier nur einige, wenige heraus.

Beginnen möchte ich mit der Vielfalt, die ich dort erfahren habe. Zur Diversität der Inhalte - orientiert an den Themen Boden, Pflanze, Tier und Mensch - kam die Diversität der Lehrmethoden: Projektarbeit in der Bodenkunde, botanische Praktika inmitten der Natur, engagierte Vorlesungen zur ökologischen Tierhaltung von Herrn Boehncke, dazu Referate zu selbstgewählten Themen, Organisation einer Konferenz und Umstellung eines real existierenden Betriebes auf den Ökolandbau, da blieben wenig Wünsche offen!

Dr. Karin Winkler - Diplom Agrarwirtschaft, Schwerpunkt Ökologischer Landbau, Abschluss 1997. Aktuell: Entomologin an der Universität Wageningen, Niederlande

Vielfalt im Studium

Die Besonderheit von Witzenhausen zeigte sich für mich auch in der Vielfalt der Mitstudierenden: vom Hofnachfolger aus Schleswig-Holstein über den Apfelbauern aus Südtirol bis hin zur Auswanderin, die in den spanischen Pyrenäen mit Schafzucht beginnen will – viele individuelle Lebenswege führten dort an den kleinen und doch so wichtigen Ort an der Werra.

In Witzenhausen wurden wichtige Grundlagen für meine weitere Laufbahn gelegt. So finden sich zwischen meinen Unterlagen von damals Overheadsheets zu einem Referat mit dem Titel “Der Einsatz von Nützlingen im Ökologischen Landbau”. Im Tropengewächshaus bekam ich die Chance, an der Entwicklung eines Konzeptes zum Biologischen Pflanzenschutz mitzuwirken. Die Professur zum Pflanzenschutz war gerade nicht besetzt und so fuhr ich gemeinsam mit meinem Kommilitonen Albrecht Benzing eine Weile nach Göttingen, um dort an der Uni einen Kurs zu den Grundlagen der Entomologie zu belegen.

Technisch hat sich seit meiner Zeit in Witzenhausen viel weiterentwickelt. Meine erste Erfahrung mit den Vorteilen des E-Mailverkehrs machte ich am Ende des Bachelorstudiums. Auf eine Anfrage an die Universität Wageningen, ob ich trotz verpasster Einschreibefrist im kommenden Herbst den Masterstudiengang Plant Sciences mit Spezialisierung auf IPM beginnen könne, kam schon vier Stunden später eine Antwort! Auf dem traditionellen Postwege hätte ich mindestens vier Tage auf eine Antwort warten müssen.

Während ich in Wageningen alle Facetten des Pflanzenschutzes studierte und mich auf die Entomologie spezialisierte, wurde in Witzenhausen die Professur für Ökologischen Pflanzenschutz besetzt. Als studentisches Mitglied der Berufungskommission hat es mich sehr gefreut, dass die Wahl auf Maria Finckh gefallen ist. Meinen Plan, für eine Doktorarbeit wieder nach Witzenhausen zurückzukehren, habe ich dann doch nicht umgesetzt, weil mir über die Robert-Bosch-Stiftung die Möglichkeit geboten wurde, als Stipendiatin in Wageningen zu promovieren.

Vereinbarkeit von Promotion und Familie

Die Tatsache, dass ich gerade schwanger wurde, als die Projektzusage kam, war für meinen Doktorvater kein Grund zur Sorge: er habe während seiner Doktorarbeit auch seinen kleinen Sohn im Tragerucksack mit hinaus zu den Feldversuchen genommen. Dank der Flexibilität der Stiftung, einer guten Kleinkinderbetreuung in den Niederlanden, eines tollen Vaters, der sich in den ersten Monaten fulltime um unseren Sohn gekümmert hat, und einem Netzwerk von guten Freunden liess sich das Erarbeiten des Doktortitels tatsächlich mit dem beanspruchenden Leben einer Mutter verbinden.

Nach weiteren zwei Jahren in der Forschung gab es erstmal keine Finanzierung mehr. Der Zufall wollte es, dass ein Übersetzungsbüro dringend eine deutschsprachige Kollegin benötigte. So habe ich einige Jahre meine sprachlichen Fähigkeiten beruflich genutzt. Inhaltlich überwiegend weniger interessant, doch zur Abwechslung mal etwas entspannter und flexibler als die Forschungsarbeit.

Der Schritt zurück an die Uni gelang, als ein ehemaliger Kollege des Obstbauinstitutes mich anrief mit der Frage, ob ich mir vorstellen könne, wieder als Entomologin in der angewandten Forschung zu arbeiten. Nun bin ich seit 2015 beim Obstbauinstitut der Universität Wageningen tätig. Der Fokus der Arbeit liegt im biologischen Pflanzenschutz, doch ab und zu gibt es Querverbindungen zu anderen Bereichen, die mich an die Zeit in Witzenhausen zurückdenken lassen. So nutzen wir in einem Versuch zur Bodenverbesserung organischen Dünger, der aus Rindertieflaufställen stammt. Da werden Erinnerungen wach an die frühen Morgenstunden, die wir im Rahmen eines Forschungsprojektes in den Tieflaufställen einiger Milchviehbetriebe verbrachten, um dort die Sauberkeit der Kuheuter zu beurteilen…eine der vielen Erfahrungen aus Witzenhausen, die ich nicht missen möchte!

Kommentar

Götz Papke: Das ist ja mal ein schöner Bericht! Wenn auch mit ein paar Zick Zacks drinnen, scheint es dir ja gut zu gehen und du bist immer noch in der Agrarwissenschaft.  Ich bin mittlerweile so genannter Senior Auditor für zwei Standardgeber den VLOG und KAT für Europa. Hin und wieder fahre ich mal durch Holland und denke immer,  Manometer ist es hier dicht besiedelt und die Holländer sind echt ganz schön verrückt drauf im Bereich Agrarwissenschaften.

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