Dr. Rüdiger Graß

Praxisbezogene Forschung zu Innovativen Pflanzenbausystemen

Dr. Rüdiger Graß - Diplom Agrarwirtschaft und Diplom II Ökologische Landwirtschaft, Abschluss 1999.

Aktuell: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Grünlandwissenschaft und Nachwachsende Rohstoffe, Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften in Witzenhausen

Im Wintersemester 1994 kam ich als Student im dritten Semester nach Witzenhausen. Nach Zivildienst und landwirtschaftlicher Lehre, die ich auf einem konventionellen und auf einem biologisch-dynamisch wirtschaftenden Betrieb absolviert hatte, studierte ich 1993 zunächst Agrarwissenschaften an der Universität Göttingen. Der erlernte Beruf des Landwirts hatte mir sehr viel Spaß gemacht und ich wollte meine Kenntnisse gerne noch vertiefen. Allerdings war das Studium in Göttingen mit seiner Lehre von Grundlagen ohne landwirtschaftlichen Bezug sehr enttäuschend. Zufällig war ich dann mal in Witzenhausen auf einer von Studierenden organisierten Veranstaltung zum Thema „Hanf als Nachwachsender Rohstoff“. Mir gefiel sehr gut, welche Ideen diskutiert wurden, wie wissenschaftliche Konzepte in Verbindung zur Praxis gebracht wurden, wie offen und ernsthaft die Profs mit den Studierenden diskutierten - das kannte ich so aus Göttingen kaum. Daraufhin entschied ich mich, mein Studium in Witzenhausen fortzusetzen.

Studium und Promotion in Witzenhausen

In Witzenhausen hatte ich prägende Begegnungen mit Prof. Dr. Engelhard Boehncke, Fachgebiet Ökologische Tierhaltung, und Prof. Dr. Konrad Scheffer, der den konventionellen Pflanzenbau lehrte. Beide beeindruckten mich, da sie darauf verwiesen, dass es wichtiger sei, sich dem Gesamtsystem Landwirtschaft verbunden zu fühlen, Zusammenhänge zu erkennen und Systeme zu hinterfragen, als nur Detailwissen zu lernen. Sie selbst warfen dabei viele interessante und weitreichende Fragen auf, die oft zu spannenden fachlichen Diskussionen führten, wobei die Lehrenden sehr gut auf Impulse der Studierenden eingingen. Ich studierte den Schwerpunkt Pflanzenbau im Hauptstudium, da in diesem Themenfeld für mich viele spannende Fragen offen waren, die ich vertiefen wollte. Während meiner Diplomzeit wurde das konsekutive Studienmodell mit Diplom I und II eingeführt, so dass ich mich für das Weiterstudieren im Diplom II entschied. Nach einem Sommer auf einer Alp in der Schweiz, wo ich trotz Pflanzenbauschwerpunkt auch mein Interesse an den Tieren intensiv ausleben konnte, folgte auf das Diplom II aufbauend die Promotion bei Konrad Scheffer, die ich 2003 abschloss. Dabei ging es um die Entwicklung innovativer Pflanzenbausysteme für die ökologische und konventionelle Landwirtschaft im Futter- und Energiepflanzenanbau. Diese Konzepte stießen schnell in der Praxis auf reges Interesse und ich begann, während der Promotionszeit bereits viele Vorträge außerhalb der Universität zu halten. Auch in die Lehre wurde ich früh eingebunden. Beides machte mir sehr viel Spaß. Dies war ein gleitender Übergang aus dem Studium in die Arbeitswelt.

Angewandte Pflanzenbauforschung

Besonders gefiel mir in meinem Arbeitsumfeld die große Freiheit, eigenverantwortlich zu arbeiten, Probleme zu hinterfragen und im Diskurs neue Lösungen und Ideen weiterzuentwickeln. Daraus entwickelten sich spannende, praxisbezogene Projekte und Kooperationen mit vielfältigen Partnern aus Forschung und Praxis, wie z.B. in dem Projekt „Die Wiederentdeckung der Wintererbse“ gemeinsam mit Dr. Christian Schüler und Prof. Dr. Jürgen Heß, was den Grundstein dafür legte, dass in Deutschland heutzutage wieder weit verbreitet Wintererbsen angebaut werden. Solche direkten Umsetzungen aus der eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit bestätigten die Sinnhaftigkeit der praxisbezogenen Forschung.

Es gab viele Gelegenheiten, andere Jobmöglichkeiten zu ergreifen, zumal es an der Uni wenig dauerhafte Perspektiven als wissenschaftlicher Mitarbeiter gab. Aber keine Arbeitsstelle, auch keine andere Universität, versprach eine solche interessante Vielseitigkeit von Forschung mit aktiver Feldarbeit, Lehre und Wissenstransfer in so einem vielseitigen Umfeld, so dass nach der Promotion ein befristeter Arbeitsvertrag auf den nächsten folgte. Zum Glück gab es für die gewählten Themen zunächst ausreichend Forschungsgelder. Mit Prof. Dr. Michael Wachendorf gab es zudem einen Nachfolger von Prof. Scheffer, der 2005 in den Ruhestand ging, mit dem ich im Fachgebiet Grünlandwissenschaft und Nachwachsende Rohstoffe meine Forschungsarbeiten fortsetzen und weiterentwickeln konnte. Auch hier bestimmt bis heute die Vielfalt und eigenverantwortliche Freiheit in Forschung und Lehre das Arbeiten und mit der Besetzung einer halben unbefristeten Stelle seit dem Jahr 2013 ist für mich der Verbleib an der Uni in Witzenhausen erleichtert.

Was Witzenhausen ausmacht

Mit all seinen Veränderungen im Laufe der Zeit ist der Uni-Standort Witzenhausen mit seiner Vielfalt und seinem Bestreben, zukunftsgerichtete Themen im systemischen Ansatz der ökologischen Landwirtschaft aufzugreifen und Lösungen - auch für die gesamte Landwirtschaft - zu entwickeln, für mich der richtige Platz und ich habe es nie bereut, hier geblieben zu sein, auch wenn das ursprünglich nie mein Plan gewesen war.

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