Mareike Jäger

Ökologische Landwirtschaft in der und für die Schweiz

Der Entscheid für ein Studium in Witzenhausen kam eher zufällig. Nach der Lehre als Landwirtin schaute ich mir verschiedene Optionen an. Es war wohl der Hang zum Ungewöhnlichen, welcher mich letzten Endes nach Witzenhausen lenkte und natürlich der damals noch deutschlandweit einmalige Schwerpunkt Ökologische Landwirtschaft.

Vom Studium selbst sind mir viele Höhepunkte in Erinnerung geblieben, wie die legendären Vorlesungen im Fachgebiet Ökologische Tierhaltung von Engelhard Boehncke zum Beispiel, die anorganische Chemie (!) von Christian Richter oder auch die Agrartechnikklausur von Rüdiger Krause, vor der wir zitterten. Daneben jede Menge persönliche Erfahrungen, die alle irgendwie dazu beitrugen, das Leben mal in seiner ganzen reichhaltigen Facette mit Höhen und Tiefen kennenzulernen und die eine oder andere Grenze auszutesten.

Mareike Jäger - Diplom I Ökologische Landwirtschaft, Abschluss 2001.

Aktuell: Dozentin für Ökologischen Landbau an der ZHAW Zürich, Schweiz

Agrarmanagement und Beratung

Ich belegte damals im Hauptstudium den Schwerpunkt Agrarmanagement, da ich irgendwie den Verdacht hatte, über Betriebswirtschaft ziemlich wenig zu wissen. Tatsächlich hat mir das dort erlernte Grundlagenwissen den Einstieg in die Beratung nach dem Studium wesentlich erleichtert, da ich ständig mit betriebswirtschaftlichen Fragen konfrontiert war.

Nach dem Studium verschlug es mich einige Jahre nach Bayern, wo ich als Beraterin beim BIOLAND Verband vor allem Ackerbaubetriebe betreute und viele Umstellungen auf Ökolandbau begleiten durfte. Der Wechsel vom kuscheligen Witzenhausen in das Berufsleben habe ich als eher hart in Erinnerung, denn das selbstverständliche soziale Miteinander einer Schicksalsgemeinschaft von Studierenden wiederholt sich nicht einfach, wenn man in eine fremde Gegend und in die Grossstadt verpflanzt wird. Dazu kam, dass ich 60% Nebenerwerbsbetriebe betreute, die alle nur abends Zeit hatten in einem Beratungsgebiet halb so gross wie die Schweiz. Nach vier Jahren zog ich weiter in die Nähe von Zürich und war als Projektleiterin an der Beratungszentrale AGRIDEA für die Aus- und Weiterbildung der Bioberatungskräfte und Lehrpersonen zuständig. Obwohl ich die Schweiz schon ein wenig kannte von diversen Alpsommern, plante ich nicht ewig zu bleiben.

Umwelt und Ökologie

Aus der Zwischenstation wurden 16 Jahre – ich lebe heute mit meinem Mann und zwei Söhnen im «Züri Oberland», zwischen Winterthur und Rapperswil. 2019 wechselte ich nach fast 20 Jahren im Bioberatungsbereich von der AGRIDEA an die Zürcher Hochschule nach Wädenswil, wo ich als Dozentin nun selbst in Forschung und Lehre tätig bin. Vieles hier an der Hochschule erinnert mich an Witzenhausen, obwohl das Studium sich sicherlich radikal verändert hat seit damals. Anders ist auch, dass wir hier Umweltingenieure ausbilden, die sich unter anderem in biologischer Landwirtschaft vertiefen können, aber sich häufig auch mit Schnittstellenfragen auseinandersetzen. Das macht es interessant, denn plötzlich tun sich Themengebiete auf, die das Weiterdenken an neuen Nutzungsoptionen in der Landwirtschaft ermöglichen, welche über die reine Produktion hinausgehen. Dies sind zum Beispiel Themen im Zusammenhang von Landwirtschaft und Ökotechnologien oder Energieerzeugung, welche sicherlich auch zur Weiterentwicklung der ökologischen Landwirtschaft insgesamt beitragen können.

Im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit treffe ich immer wieder auf Absolventinnen und Absolventen aus Witzenhausen, welche hier in der Schweiz einen hervorragenden Ruf im biolandwirtschaftlichen Wissenssystem geniessen. Innerlich freue ich mich dann immer ein bisschen, denn uns verbindet etwas Besonderes – ein gewisser Stolz darauf, auch ein «Witzenhäuser» zu sein!

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