Mo­ti­va­ti­on

Der Einsatz ultrahochfester Aluminiumlegierungen spielt bei zukünftigen Leichtbaustrukturen im Bereich der Mobilität eine wichtige Rolle. Die besonderen Eigenschaften dieser Werkstoffklasse wird vor allem in der Elektromobilität benötigt, da aufgrund begrenzter Energiespeicherkapazitäten das Gesamtgewicht des Fahrzeugs und insbesondere seiner tragenden Struktur eine entscheidende Rolle spielt. Die Prozesse zur Herstellung der Produkte werden heute jedoch noch nicht sicher beherrscht.

Hessen kommt hierbei eine entscheidende Rolle zu, da unter anderem zahlreiche Automobil-sowie Fahrradhersteller und Zulieferer (wie z. B. Hersteller umformtechnischer Werkzeuge und Anlagen) Komponenten für Fahrzeuge der Elektromobilität in Hessen bauen.

So passt das zentrale Thema von ALLEGRO sehr gut in die Forschungsstrategie der Universität Kassel, in Bezug der „Steigerung der ökologischen Nachhaltigkeit“ sowie in die Ziele „vom Material zur Produktinnovation“ der TU Darmstadt. Durch ALLEGRO wird neben der „Nachhaltigkeit“ vor allem der im Leitbild der Uni Kassel verankerte Schwerpunkt „Werkstoff und Produktionstechnik“ aufgegriffen. Mit dem abgeschlossenen SFB TRR 30 „Prozessintegrierte Herstellung gradierter Strukturen auf Basis thermo-mechanisch gekoppelter Phänomene“ konnte in den zurückliegenden Jahren ein Verbundprojekt bearbeitet werden, welches Impulse für ALLEGRO geliefert hat.

Im Rahmen aktueller Projekte bildet ALLEGRO neben dem LOEWE-Schwerpunkt „Safer Materials“ eine komplementär ergänzende Säule in diesem zentralen Forschungsschwerpunkt. Durch den Profilbereich „Vom Material zur Produktinnovation“ ist die erfolgreiche Forschung an neuartigen Materialen und der Transfer in die technische Anwendung ebenfalls fest im Forschungsprofil der TU Darmstadt verankert. Bewertung hinsichtlich Kritikalität, Effizienz und Synthese, sowie Gestaltung in Bezug auf Substitution, Recycling und Rohstoffe verknüpfen die drei Säulen „Materialien, Prozesse und Produktinnovation“. In diesen Forschungsschwerpunkt der TU Darmstadt fügt sich ALLEGRO nahtlos ein und stärkt dadurch das Nachhaltigkeitskonzept aller antragsstellenden Forschungsinstitute.

ALLEGRO gliedert sich zudem in die Forschungsstrategie und den Komplementärprojekten des Fraunhofer LBF ein, die die Integration der fertigungsprozessinduzierten lokalen Werkstoffeigenschaften in die betriebsfeste Bemessung und Bewertung von zyklisch beanspruchten Bauteilen und Strukturen (prozessbedingte Betriebsfestigkeit) vorsieht. Ausgehend von der Charakterisierung des zyklischen Werkstoffverhaltens unter Beachtung der Fertigungs- und Fügeprozesse werden Werkstoffmodelle für die CAx Anwendung entwickelt, um die numerische Lebensdauerabschätzung für Bauteile unter Ausschöpfung des Leichtbaupotentials moderner Werkstoffe, Werkstoffsysteme und Fertigungsprozesse weiterzuentwickeln. Dem erklärten Ziel beider Universitäten und der Fraunhofer-Gesellschaft sowie der Steigerung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses vor allem im Rahmen der MINT-Fächer, in denen er unterrepräsentiert ist, kommt ALLEGRO explizit nach.

Ziele und Visionen

In ALLEGRO wird plastische Deformation bei hohen Temperaturen mittels Tiefziehen (mit Streckziehanteilen) und Walzprofilieren erzielt. Die hierzu notwendigen Werkzeuge werden konstruiert und in komplett instrumentierten Versuchseinrichtungen integriert. Hierbei werden Strategien implementiert, eine möglichst hoch ortsaufgelöste Eigenschaftsgradierung zu realisieren. Für beide Umformverfahren müssen geeignete Erwärmungsmethoden identifiziert und integriert werden. Durch Variation der Umformparameter wird das Feld der Prozess-Eigenschaftskorrelationen erarbeitet. Es muss das tribologische System der Werkzeuge und der heißen Aluminiumhalbzeuge charakterisiert und ausgelegt werden. Geeignete Schichtsysteme müssen erarbeitet, charakterisiert und auf die Werkzeuge übertragen werden.  

Die umgeformten Halbzeuge werden auf ihre Fügbarkeit hin untersucht. Geeignete Verfahren ohne oder mit nur geringer Bauteilbeeinflussung sind das FSW, das LBW und das MPW. Die Herausforderung beim Fügen ist die Beibehaltung der Gradierung oder sogar eine Gradierung durch das Fügen selbst. Die Werkstoffeigenschaften, die Mikrostruktur und das Bauteilverhalten werden durch die Ermittlung des statischen und zyklischen Werkstoffverhaltens in Abhängigkeit des Umformgrades, der Wärmebehandlung und der Fügeverbindung bewertet. Ein trilinearer Ansatz zur verbesserten Erfassung des zyklischen Werkstoffverhaltens und die Implementierung des transienten gradientenbehafteten Werkstoffverhaltens in eine numerische Beanspruchbarkeitsanalyse vertiefen das Prozessverständnis.