Daten & Fakten

Unter dem Begriff "sexualisierter Gewalt" werden verschiedene Formen der Ausübung von Macht mithilfe von Sexualität verstanden. Hierbei liegt der Schwerpunkt nicht primär auf erzwungenen sexuellen Handlungen, sondern auf der Nutzung von sexuellen Handlungen als Mittel zur Machtausübung, wie es beispielsweise im Leitfaden der Deutschen Sportjugend (dsj) zum Schutz vor Grenzüberschreitungen, sexueller Belästigung und Gewalt im Sport definiert wird (Deutsche Sportjugend, 2020; Rulofs & Palzkill, 2018).

Sexualisierte Gewalt umfasst dabei verschiedene Aspekte:

• "Sexuelle Handlungen ohne Körperkontakt" (auch bekannt als "Hands-off" Handlungen): Hierzu gehören verbale und gestische sexuelle Belästigungen (wie Drohungen und Erpressungen) sowie das unerwünschte Versenden von sexuell explizitem Inhalt gegen den Willen einer Person.
• "Sexuelle Handlungen mit Körperkontakt" (auch bekannt als "Hands-on" Handlungen): Dies schließt unerwünschte körperliche Berührungen ein, die als sexuell übergriffig empfunden werden, sowie Fälle von Zwang und Vergewaltigung.
• "Sexuelle Grenzverletzungen" treten auf, wenn persönliche Grenzen überschritten werden. Diese Verletzungen haben eine sexuelle Komponente und können sowohl absichtlich als auch unbeabsichtigt erfolgen. Beispiele sind Verletzungen des Schamgefühls, obszöne Gesten und andere Formen (Definitionen angelehnt an Rulofs & Ohlert, 2021).

Sexualisierte Gewalt findet im Internet, vor allem in sozialen Netzwerken und über verschiedene Messenger statt (ca. 44%). Weitere Konfrontationsorte sind im institutionellen Kontext, z.B. in der Kita, dem Verein oder der Schule (auf dem Pausenhof: ca. 24%; im Klassenzimmer: ca. 33%) zu finden. Auch private Settings, wie die Familie, Freunde, Peergroups und Partnerschaften sind von sexualisierter Gewalt betroffen.

Studien legen nahe, dass es pro Schulklasse ein bis zwei Betroffene gibt. Die Beschuldigten sind zu 80% männlich und zu 20% weiblich, wobei es bei den beschuldigten Personen eine hohe Dunkelziffer gibt. In 50% aller Fälle kennt die betroffene Person die beschuldigte Person und in 25% der Fälle sind die betroffene und die beschuldigte Person verwandt.

Zu unterscheiden ist der Begriff vom „sexuellen Kindesmissbrauch“. Dieser wird zwar im sozialwissenschaftlichen Diskurs eher abgelehnt, da unterstellt wird, dass durch diese Begrifflichkeit der Gewaltcharakter von sexuellen Handlungen gegenüber Kindern verharmlost werden würde. Allerdings findet sich dieser vielfach im politischen und öffentlichen Diskurs wieder. So nutzt das Amt der "Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs" (UBSKM) folgende Definition:
„Sexueller Missbrauch oder sexuelle Gewalt an Kindern ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor Mädchen und Jungen gegen deren Willen vorgenommen wird oder der sie aufgrund körperlicher, seelischer, geistiger oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen können. Der Täter oder die Täterin nutzt dabei seine/ihre Macht- und Autoritätsposition aus, um eigene Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen“ (UBSKM, 2019, o. S.).