Unialltag in Szeged

Germanistik studieren in Ungarn – oder: Wieso Kaffee, Katzen und Túró Rudi zum Unialltag gehören. Ein Erfahrungsbericht aus Szeged. 

 

von Julia Pater
Absolventin des Deutsch-ungarischen Masters, Uni Kassel

Freitagmorgen, 8 Uhr: Langsam macht sich ein ruhiges Treiben in Szeged breit. Überall umkreisen Menschen Pfützen, die fast kleine Seen darstellen – Überbleibsel des vorigen Abends. Wenn es hier einmal regnet, dann auch richtig. Heute allerdings spendet die Sonne bereits jetzt eine angenehme Wärme. Und das im Oktober! Nicht umsonst heißt Szeged „die Stadt der Sonnenstrahlen“.

Wir befinden uns auf dem Weg zur Uni. Ja richtig, Freitagmorgen um 8 Uhr! Normalerweise unvorstellbar, zumindest in Kassel, aber in Szeged ticken die Uhren etwas anders. Verschlafen geht es zuerst ins literaturwissenschaftliche Gebäude. Das Ziel: Der Kaffeeautomat! Studenten wuseln durcheinander. Der Pförtner nörgelt, dass die Durchgangstüren immer offen stehen. Jetzt bloß rasch weg, bevor man auf schnellem Ungarisch darüber belehrt wird, dass Türen dazu da sind um geschlossen zu werden.

Unser Seminar findet gegenüber im sprachwissenschaftlichen Gebäude statt. Auf dem Weg noch obligatorisch die „Uni-Katze“ streicheln, die sich wie jeden Tag draußen von den Studenten den Wanst kraulen lässt, und schon sitzen wir auch in der Vorlesung von Herrn Bassola. Das Thema: Valenz. Der Kaffee zeigt langsam aber sicher seine Wirkung und Herr Bassola tut sein Übriges dazu, damit man nicht wieder einschläft. Als Muttersprachler werden wir häufig gefragt, ob denn die Satzbeispiele auch im „richtigen“ Leben gebraucht werden. Oftmals gar nicht so leicht zu beurteilen. Grübelnd sitzen wir in den Vorlesungen und wissen manchmal selber nicht mehr, wie und warum wir unsere Sprache eigentlich richtig verwenden. Wenn es den „Versprecher“ gibt, gibt es dann auch den „Verschreiber“? Warum ist es „die Frau“, „die Gattin“, „die Dame“ aber „das Weib“ und „das Mädchen“? Meine Güte, hilf doch mal einer den Deutschen, ihre eigene Sprache zu verstehen! Herr Bassola als Ungar versucht jedenfalls sein Bestes, uns unsere Muttersprache vergleichend zu dem Ungarischen darzustellen. Und bei uns schwingt schon ein wenig Stolz mit, wenn wir leichte ungarische Sätze auf Anhieb verstehen und sie nicht erklärt bekommen müssen.

Nach 90 Minuten geht es schließlich wieder rüber zu den Literaturwissenschaftlern. Zeit für den Kaffee No. 2 und für ein leckerer Túró Rudi! Der kleine mit Quark gefüllte Schokoriegel ist für die Ungarn so etwas wie für die Deutschen das Ü-Ei. Im Bezug auf unseren Túró-Rudi-Konsum kann man uns nach kurzer Zeit als echte Ungarinnen bezeichnen. Nein, eigentlich schlagen wir die Landesfrauen und -herren darin sogar schon!

Kurz quatschen wir mit unseren neuen Kommilitonen, da kommt auch schon Herr Csuri. Die Vorlesung behandelt das Fin de siècle und die verschiedenen „Ismen“. Man fühlt sich wie in einer Kasseler Vorlesung, nur dass hier anstatt 100 bis 300 Germanistikstudierenden etwa 30 Leute den Raum füllen. Ein Sitzplatz ist also gesichert! Und auch hier freut man sich über uns – die deutschen Muttersprachler, die schon mal gerne darum gebeten werden, Gedichte vorzulesen.

Nach dem Literaturseminar geht es dann ins Wochenende. Das wird im Pívo, einem Kaffee direkt an der Uni, mit einer Schokoschnecke und einem Latte Macchiato, den uns die Kellnerin mit bunten Streuseln verziert, eingeläutet. Ach wirklich! – Hier weiß man einfach, was gut ist!

 

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Übrigens, auf Ungarisch heißt ...

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