"Meine Gerechtigkeit, deine Gerechtigkeit. Was wir meinen, wenn wir von Gerechtigkeit reden?“

1. Theologischer Studientag für Schüler*innen im November 2017

Am 15. November 2017 besuchten bis zu 240 Schüler*innen, 10 Religionslehrer*innen, 20 Lehramtsanwärter*innen und 20 Studierende den Theologischen Studientag des Instituts für Katholische Theologie der Universität Kassel. Der Einladung folgten Oberstufen-Schüler*innen von Kasseler Schulen ebenso wie von Schulen aus Duderstadt, Heiligenstadt und Fritzlar. Aufgrund einer Initiative zwischen Universität und Studienseminar und im Sinne eines übergreifenden und interdisziplinären Lehrkonzepts wurde die Idee entwickelt, zu dem gesellschaftlich zentralen Thema „Gerechtigkeit“ aus unterschiedlichen theologischen Disziplinen und wissenschaftlichen Perspektiven zu arbeiten. 

Nach einer Begrüßung im Gießhaus durch Frau Prof. Dr. Reese-Schnitker (Professorin für Religionspädagogik an der Universität Kassel), Frau Siedentopp (Fachleiterin für L4 am Studienseminar in Kassel) und Frau Strecha (Fachleiterin für L3 am Studienseminar in Kassel) standen zunächst in dem Hauptvortrag von Herrn Dr. theol. Daniel Bertram (Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Religionspädagogik) mit dem Titel „Gerechtigkeit als (immer aktuelles) Thema christlicher Ethik“ theologische und philosophische Überlegungen zum Gerechtigkeitsbegriff im Vordergrund.

Nach einer Einführung in theologische Perspektiven auf Gerechtigkeit wurde die Gerechtigkeitstheorie von John Rawls erläutert, u.a. sein Gedankenexperiment „Schleier des Nichtwissens“. Rawls Gedanken wurden als Verständnishilfe für das neutestamentliche Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20, 1-16) befragt. Eine sehr intensive Übertragung des Gerechtigkeitsempfindens auf alltägliche schulische Situationen aber auch gesellschaftlich virulente Probleme wurde vorgenommen und kritisch bewertet. Der Vortrag endete mit der Frage nach eigener Vergewisserung: „Was meine ich, wenn ich von Gerechtigkeit spreche?“, die schriftlich fixiert und von allen Teilnehmer*innen eingesammelt wurde.

Im Anschluss wurden wiederholt verschiedene Workshops von Studierenden, Referendar*innen und einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin angeboten, die nochmals die Perspektive weiteten, etwa zu bibeltheologischen oder erfahrungsorientierten Ansätzen, oder für den Schulkontext konkretisierten, etwa nach Mobbingsituationen oder Leistungsgerechtigkeit in der Schule fragten.

Die hier dargebotenen Lernsituationen zeichneten sich durch einen interdisziplinären Zugang aus, in dem das aktuelle, theologisch und gesellschaftlich relevante Thema der Gerechtigkeit aus unterschiedlichen theologischen Disziplinen und wissenschaftlichen Perspektiven betrachtet und reflektiert wurde. Zudem war das Erproben von Unterrichtssituationen durch Studierende und Referendar*innen im Rahmen der selbst geleiteten Workshops mit Schüler*innen ein großer Kompetenzgewinn mit Blick auf ihre zukünftige Berufspraxis.

Eine erste Zusammenschau der Ergebnisse der schriftlichen Sicherungsfrage „Was meine ich, wenn ich von Gerechtigkeit spreche?“, eine lebendige Diskussion und ein abschließendes kritisch konstruktives Feedback im Plenum beendeten den sehr lebhaften und diskursiven Studientag. Es ist geplant, die auf dem Studientag erhobenen Daten und Feedbackbögen auszuwerten. Zudem wird es sicher eine Wiederholung dieses Studientages für Schüler*innen am Institut für Katholische Theologie in den nächsten Jahren geben.