Studienfahrt "Lernort Auschwitz"

Vom 18. bis 24. September 2016 fürhrte das Fachgebiet "Didaktik der politischen Bildung" der Uni Kassel und der Verein "Die Kopiloten e.V. - gemeinsam.politisch.bilden" eine Studienreise für Studierende und Interessierte zur Gedenkstätte Auschwitz und wichtigen Orten des Nationalsozialismus in Krakau durch. An der Fahrt nahmen 29 junge Menschen teil, die im folgenden auch zu Wort kommen.

Mit 28 ganz unterschiedlichen, interessierten Menschen erlebte ich eine intensive Woche, die mit den Schrecken der NS Geschichte im KZ Auschwitz begann und im modernen Krakau endete. Ganz unterschiedliche Zugänge zu Geschichte und Politik - Führungen, ein Zeitzeugengespräch oder das Lesen von originalen Dokumenten und Berichten - sowie Diskussionen über unsere Eindrücke machten die Fahrt so besonders. Ich war unsicher, ob ich mich auf diese thematisch düstere Fahrt freuen sollte, schätze die Erlebnisse nun aber umso mehr. - Sophia 

Ablauf und Schwerpunkte der Fahrt

Die Studienreise gliederte sich in zwei Teile: Zunächst ein viertägiger Aufenthalt in Oswiecim (ehemals Auschwitz). Hierbei lag der Schwerpunkt auf den Konzentrationslagern Auschwitz I / Stammlager und Auschwitz II / Birkenau. Denn Auschwitz veranschaulicht im Besonderen die Gräueltaten und Verbrechen der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik gegenüber bestimmten Gruppen von Menschen. Hervorzuheben sind hierbei die jeweiligen Opfergruppen Kinder, Frauen, Männer, Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Andersdenkende sowie Gegner des Nationalsozialismus, die nach Auschwitz deportiert wurden und dort einen gewaltsamen Tod fanden.
Im Anschluss an Oswiecim verbrachte die Gruppe zwei Tage in Krakau. Wobei die Schwerpunkte sich auf das jüdische Leben vor, während und nach dem 2. Weltkrieg bezogen. 

1. Station der Studienfahrt: Oswiecim, ehemals Auschwitz

Am Sonntagabend erreichte der Bus aus Kassel Oswiecim in Polen. Nachdem die Zimmer bezogen wurden, fand ein offizielles Kennenlernen statt. Am nächsten Morgen erhielt die Gruppe eine Stadtführung durch Oswiecim, um einen Einblick in die fast 900-jährige Geschichte der Stadt sowie beispielhaft das heutige Leben in einer polnischen Stadt zu ermöglichen. Ergänzend hierzu besuchte die Gruppe das Jüdische Zentrum, um sich intensiver mit dem –ehemaligen- jüdischen Leben in Polen bzw. Oswiecim zu beschäftigen. Nachmittags erhielt die Gruppe eine vier-stündige Führung im KZ Auschwitz I / Stammlager durch entsprechendes Fachpersonal der Gedenkstätte. Am Abend wurde, im Rahmen einer Gesprächsrunde, das Gesehene und Erfahrene in der Gruppe gemeinsam reflektiert.

Am Dienstag, den 20.09., erkundete die Gruppe am Vormittag das KZ Auschwitz II / Birkenau. Die Führung dauerte ebenfalls vier Stunden und wurde durch Fachkräfte des Museums Auschwitz begleitet.

Nach einer Mittagspause erhielt die Gruppe eine Einführung in die Geschichte und die pädagogische Arbeit der „Internationalen Jugendbegegnungsstätte“ in Oswiecim (IJBS). Im Anschluss fand ein Gespräch mit dem Zeitzeugen und Auschwitzüberlebenden Herrn Waclaw Dlugoborski statt. Nachdem Herr Dlugoborski seine Ausführungen beendet hatte, stand er für weitere Fragen und Diskussionen der Gruppe zur Verfügung. Am Abend wurden die gemachten Erfahrungen in Kleingruppen reflektiert.

Am Mittwoch, den 21.09., besuchte die Gruppe nochmals das KZ Auschwitz I / Stammlager. Zunächst gab es eine sachkundige Führung durch die Kunstausstellung. Diese setzt sich mit Werken auseinander, die von Häftlingen erschaffen wurden. Dabei gibt es mehrere Schwerpunkte: Kunstwerke, die von Nationalsozialisten in Auftrag gegeben wurden, heimlich geschaffene Werke, welche sich u.a. mit dem Wahnsinn im Lager beschäftigen, Alltagsgegenstände und Kunstwerke, die nach dem 2. Weltkrieg von ehemaligen Häftlingen kreiert wurden, welche sich vorrangig mit Vergangenheitsbewältigung beschäftigen. Anschließend wurden eigenständig die einzelnen Länderausstellungen besucht. Diese thematisieren den Umgang mit dem Holocaust aus Sichtweise unterschiedlicher Nationen bzw. Opfergruppen. Am Nachmittag recherchierte die Gruppe in dem Archiv der IJBS zu eigenen persönlichen Schwerpunktthemen. Hier sei insbesondere auf die zahlreiche Sammlung von dokumentierten Zeitzeugengesprächen hingewiesen, welche von den Teilnehmenden sehr nachgefragt wurde. Danach reflektierten die Teilnehmenden ihre Eindrücke erneut in Kleingruppen. Nach dem Abendessen gab es noch das Filmangebot „Am Ende kommen Touristen“. Dieser Film befasst sich mit den Erfahrungen eines jungen Menschen aus Deutschland, der seinen Zivildienst in der IJBS absolviert.

Mich hat es sehr berührt, diese Orte zu sehen und zu erleben. Zwischen Massentourismus und innerer Reflexion, emotionalen Momenten und Smartphones in der Gaskammer. Ich bin ratlos und gleichermaßen motiviert. Der Holocaust darf niemals vergessen werden. Es muss eine Menschheitsaufgabe sein, Rassismus und Antisemitismus zu bekämpfen. - Philipp



2. Station der Studienfahrt: Krakau

Am Donnerstag, den 22.09.16, reiste die Gruppe weiter nach Krakau. Dort angekommen wurde die Gruppe von einer einheimischen Fachkraft in Empfang genommen, welche die weiteren Führungen in Krakau betreute. Danach ging es weiter mit einer kurzen Einführung in die Geschichte von Krakau (Universität, Marktplatz, ehemaliges Rathaus sowie das Wawel-Schloss). Im Anschluss besuchten die Teilnehmenden das jüdische Viertel Kazimierz, mit seinen Menschen, Häusern und Synagogen. Der weitere Abend stand zur freien und eigenen Gestaltung zur Verfügung.

Am Freitag, den 23.09.16, besuchte die Gruppe das Stadtviertel Podgorze, in dem sich das ehemalige jüdische Ghetto, während der Besatzungszeit durch die Nationalsozialisten, befand. Hier ist besonders das Museum der „Adler Apotheke“ hervorzuheben, da diese ein weiteres Beispiel für den Widerstand gegen den nationalsozialistischen Terror, neben dem bekannten Beispiel des Fabrikanten Schindlers, darstellt. Nachfolgend besuchten die Teilnehmenden eigenständig das Museum der „Emaillefabrik von Oskar Schindler“, die vor allem die Zeit der deutschen Besatzung Polens während des II. Weltkriegs thematisiert. Der Nachmittag war für eine freie Gestaltung geöffnet. Am Abend speiste die Gruppe noch gemeinsam in einem polnischen Lokal zu Abend, um im Anschluss nach Kassel zurückzukehren.

Die Fahrt war insgesamt bewegend und ich würde erneut an diesen Ort fahren, da es trotz all der Informationen und Eindrücke, die ich gewinnen konnte, nicht genug Auseinandersetzung mit den Taten von damals, deren Opfern und Tätern geben kann. Es fühlt sich seltsam an es so zu sagen, aber es ist ein bewegender Ort, der mit allem Schlimmen was Deutsche dort getan haben, heute etwas (wie ich finde) Gutes in mir auslöst: nämlich den Gedanken an Dankbarkeit, dass Auschwitz Geschichte ist und das Gefühl von Mut, den derzeitigen Geschehnissen in Deutschland entschieden zu begegnen und gegen den Nationalsozialismus in jeglicher Form zu sein.  - Sandra  

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