Memorial University in St. John`s: Meike Machunsky

Memorial University in St. John`s: Meike Machunsky

Kaum hatte ich die Bilder auf dem Plakat gesehen und die Homepage der Memorial University besichtigt wusste ich, dass ich mein Auslandssemester in Neufundland/Kanada verbringen möchte. Die Vorbereitungen waren schnell getroffen und auch die Bewerbung auf ein Stipendium verlief Dank der vielen Hilfe von Prof. Dr. Kibele reibungslos (auch wenn nachher leider nichts daraus geworden ist). Ein Student der bereits im letzten Jahr vor Ort war konnte mir auch ganz viele Fragen beantworten und mir bei der Planung helfen (was sollte man mitnehmen, bei was ist es klüger es vor Ort zu kaufen, etc.). So fühlte ich mich bestens vorbereitet und konnte mich voll auf die Vorfreude konzentrieren.
Schon aus dem Flugzeug konnte ich die Küste und Wälder erkennen, wegen denen ich mich für diesen Studienort entschieden habe. Da ich ein paar Tage vor Semesterbeginn angereist bin, habe ich die ersten Tage alleine in dem 4-Zimmer Apartment verbracht. In dem ersten Moment gar nicht so einfach, da man das Apartment so vorfindet, wie wenn man hier in eine möblierte Wohnung zieht (sprich Möbel und auch eine Matratze war da aber der Rest nicht). Und aus Deutschland mal eben Bettzeug (inkl. Kissen und Decke), Handtücher, Töpfe, Klopapier etc. mitzubringen ist ja gar nicht so einfach. Also stand als erstes ein Einkaufsbummel an um mich mit dem gröbsten zu versorgen (Kissen, Decke, Bettbezüge, ein Topf, 1xGeschirr, Klopapier etc.). Ein Hoch auf Sears und Dollarama in dem nahe gelegenen Einkaufszentrum. In den nächsten Tagen stand dann etwas Organisation an: Mich beim international Student Office anmelden, meine Krankenversicherung anmelden, mich bei Prof. Behm vorstellen, der mich auch gleich herumgeführt hat, etc. Und natürlich habe ich dann auch schon mal etwas den Campus und die Gegend erkundet.
Es ist schon Wahnsinn wie anders so ein Campus in Nordamerika ist (Studiengebühren sei Dank, muss man ja mal so ehrlich sagen ? gut dass ich sie nicht zahlen musste). Alle Gebäude, inklusive der Wohnhäuser und Apartments sind an einem Ort, so wie ein Uni-Zentrum mit riesigem Uni-Shop (von Bleistift, über Ordner und Sportsachen bis zu Unterwäsche gibt es dort alles mit dem Uni-Logo), Food Coart, eigener Apotheke und Ärzten. Alles in einem Haus.. Dazu kommt dann natürlich die riesige Bibliothek mir etlichen PC und Internet Plätzen, das Work House mit Indoorlaufbahn, Fitnessstudio, Schwimmbad, Squashplätzen und 3 Hallenplätzen zum Badminton-, Tischtennis-, Basketball-, Aerobic o.ä. Plätzen. Nebenan war dann auch noch ein Erlebnis-orientiertes Schwimmbad. Natürlich alles umsonst für Studenten, sie zahlen ja genug. Direkt an die Uni schließt außerdem ein See und Waldgebiet an, so dass man wunderbar laufen gehen kann. Wie  Jan auch schon gesagt hatte, als er wieder kam: ?Nun bin ich in absoluter Bestform?.
Meine Mitbewohner trudelten dann 2 Tage später am Wochenende langsam ein. Sie brachten dann auch alles mit was eine Wohnung so braucht um lebendig zu werden: Küchengeräte, Töpfe, Toaster, Mikrowelle, Fernseher, Poster etc. Nun kam also Leben in die Bude. Die beiden Mädchen kamen aus Neufundland, eine aus der nächst größeren Stadt, Gander und eine aus McCallum einem 80 Seelen Fischerdörfchen im Süden von Neufundland. Wir haben uns gleich sehr gut verstanden und haben uns schnell angefreundet und alles gemeinsam unternommen. So hatte ich die Möglichkeit Neufundland wie ein Neufundländer kennenzulernen. Ich habe die Midterm Ferien in McCallum verbracht, wo ich Land und Leute kennenlernen konnte, beim typischen Lachsfischen dabei war und typisches Essen serviert kriegte (Codfish, Jakobsmuscheln in Speck, Rhabarberkuchen, und viele typische Kleinigkeiten). Mit meiner anderen Mitbewohnerin war ich dann am Ende des Semesters bei ihrer Familie in Gander. Es war eine tolle Erfahrung und ich kann jedem von euch nur empfehlen: Sucht euch nicht andere Deutsche (denn die könnt ihr auch in Deutschland finden) sondern freundet euch mit den ?Einheimischen? an. So lernt ihr Land und Leute besser kennen, erlebt mehr und habt garantiert mehr Spaß (Ich spreche da aus Erfahrung ;-) ).
Auch die Kurse, die ich besucht habe waren ein Erlebnis an sich. Ganz besonders der Kurs ?Introduction to Outdoor Recreation? bei TA Loeffler, der ist absolutes Pflichtprogramm an der Memorial University. Schon an dem ersten Tag stand eine fünfstündige Wanderung in die Wälder der Umgebung an. 10 Minuten mit dem Bus und schon hat man das Gefühl man befindet sich weit ab von Krach, Hektik und Zivilisation. Wir wanderten wortwörtlich über Stock und Stein (anders wäre man teils nicht durch den Matsch/das Wasser gekommen) und mussten uns auch mal selbst einen Übergang bauen um ein Bächlein überqueren zu können. In den Pausen lernten wir wie man sich situationsgemäß anzieht, wie man einen Rucksack richtig packt und wie man Karten liest. So baute sich der Kurs generell auf, viel Praxis wandern (auf dem East Coast Trail), Kanu fahren, Klettern, Orientierungslaufen (im Schnee und das Ende Mai) und dazu Karten lesen, sich mit Kompass zurecht finden, wie man keine Spuren hinterlässt und ähnliches. Dabei konnte man gleich so einige Punkte auf der Besichtigungsliste, bzw. der ?Was möchte ich in Kanada erleben Liste? abhaken. Ein besonderes Highlight war eine Sea Kayaking Tour bei der wir auf dem Meer unterwegs waren, Tiere und Pflanzen kennengelernt und auch mal ein paar Seeigel-Eier direkt aus dem Wasser probiert haben (kostet etwas Überwindung, ist aber sehr lecker). Die absolute Krönung war natürlich unser Backpacking Trip in die Wildnis. Mit großem ca. 25 kg schweren Wanderrucksack bewappnet, in dem alles steckte was man so zum Überleben brauchte (Zelt, Schlafsack, Topf, Geschirr, Kleidung für Wind und Wetter, Taschenmesser, Campingkocher, toilett kit und ein paar Nahrungsmitteln) sind wir losmarschiert. Vor uns lag eine Strecke von 14 km über Stock und Stein und den ein oder anderen Berg und Bach. Gezeltet wurde mitten im Wald, bei einem See und einer Feuerstelle (sprich ein paar Steine), keine Dusche, Toilette oder ähnlicher Luxus. Dort übernachteten wir zwei Nächte und verbrachten die Zeit mit einigen Referaten zum Thema Team building, Feuer anzünden ohne Feuerzeug, Backen mit einem Campingkocher (es gab Zimtschnecken, yammee), essbaren Pflanzen, Wolkenkunde und ähnlichen Themen. Wer auf Toilette musste (was in 3 Tagen ja nicht ausbleibt) durfte sich ein Löchlein buddeln (ohne Spuren zu hinterlassen versteht sich) und gewaschen wurde sich im eiskalten See. Back to basics :-) Ein einmaliges Erlebnis, was ich nie vergessen werde (auch auf Grund der Narben der 150!! Mückenstiche), dennoch habe ich mich auf die Pizza gefreut, die meine Mitbewohnerinnen zu meiner Rückkehr schon vorbereitet hatten.
Damit konnten die anderen Seminare (da Theorie-lastig) natürlich nicht mithalten, doch auch sie waren sehr interessant und hielten das ein oder andere ?BonBon? bereit. Zum Beispiel durften wir mit dem Seminar ?Fitness und Wellness? die Med School besuchen und dort durften wir uns echte Organe ansehen (und wer wollte mit Handschuhen anfassen). Dabei ging es um die Gegenüberstellung von gesunden Organen (Herz, Niere, Leber, Lunge, Magen) und die kranken Äquivalente (Raucherlunge, Alkoholikerleber etc.) Absolut faszinierend und der ein oder andere hat ein dem Abend auch gleich ein Glas weniger getrunken oder auf die Zigarette verzichtet.
Insgesamt ging das Semester viel zu schnell herum und ich wäre am liebsten noch länger geblieben. Wäre ich Single gewesen hätte ich das Angebot dort meinen Master oder phd zu machen bestimmt genutzt denn eins war für mich klar: Sollte ich einmal auswandern, dann nach Kanada!
Ich habe von dem Semester unglaublich viel mitgenommen und dabei geht es nicht nur um Wissen oder interkulturelle Erfahrungen. Ich habe gute Freunde gefunden mit denen ich heute noch sehr viel Kontakt habe. Und ich habe ihnen und ihren Familien versprochen sie in den nächsten 5 Jahren wieder zu besuchen.
Würde ich mich wieder so entscheiden? Auf jedenfall!! Würde ich die Memorial University weiterempfehlen? Unbedingt, am liebsten würde ich selbst wieder hin. Nach Amerika kann man immer mal in den Urlaub fahren, genauso nach Australien oder Italien. Doch wer kommt auf die Idee Urlaub in Neufundland zu machen? Nur die wenigsten, also greift die Chance am Nacken, ihr werdet es lieben!