Wintersemester 2025/26
Lehrveranstaltungen Wintersemester 2025/26
Als 1986 der Reaktorblock 4 des Atomkraftwerks Tschernobyl explodierte, war das nicht nur eine menschengemachte Katastrophe mit globaler Strahlkraft – sie stellte auch die Beziehungen zwischen Mensch, Umwelt und anderen Lebewesen radikal infrage. In der Sperrzone rund um das Kraftwerk wurden nicht nur Dörfer evakuiert, sondern auch Wälder, Wildtiere, Haustiere und landwirtschaftliche Flächen zurückgelassen. Während viele Tierarten starben, passten sich andere – wie Wölfe, Wildschweine und Przewalski-Pferde – an die radioaktive Umwelt an und breiteten sich in der menschenleeren Zone aus. Die „verlassene“ Landschaft wurde so zu einem Raum, in dem neue multispezifische Konstellationen entstanden – begleitet von politischen Narrativen, wissenschaftlichen Experimenten und medienwirksamen Deutungen über Natur, Risiko und Resilienz. Themen und Fragestellungen sind unter anderem: | |
| Literatur | van Dooren, Thom, Eben Kirksey and Ursula Münster. “Multispecies Studies: Cultivating Arts of Attentiveness.” Environmental Humanities 8, no. 1 (2016): 1-23. Arndt,Melanie, Umweltgeschichte, Version: 3.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 10.11.2015 docupedia.de/zg/Arndt_umweltgeschichte_v3_de_2015 |
Das Seminar widmet sich der Analyse des Widerstands von Frauen gegen die nationalsozialistische Okkupations- und Vernichtungspolitik in Ost- und Südeuropa zwischen 1940 und 1945. Dabei stehen die Erfahrungen und Rollen von Partisaninnen im Fokus, die aus einer interdisziplinären Perspektive untersucht werden. Im Zentrum der Betrachtung steht die Verbindung von Gewalt, Geschlecht und Widerstand, die sowohl historisch als auch geschlechtertheoretisch analysiert wird. Der interdisziplinäre Ansatz kombiniert Methoden und Erkenntnisse aus der Geschlechterforschung, den Sozialwissenschaften und der Geschichtswissenschaft, um den komplexen Dynamiken zwischen individuellen Erfahrungen und gesellschaftlichen Strukturen nachzugehen. Das Seminar thematisiert die unterschiedlichen Lebensrealitäten von Partisaninnen, ihre Tätigkeiten innerhalb der Widerstandsbewegungen sowie die geschlechtsspezifischen Dimensionen von Gewalt und Repression. Besondere Aufmerksamkeit wird auf die Konstruktion von Geschlechterrollen in den Bewegungen selbst und auf die Auswirkungen der nationalsozialistischen Besatzungspolitik gelegt. Dabei werden auch die geschlechtsbasierten Mechanismen der Bestrafung und die spezifischen Erfahrungen von Frauen in Konzentrationslagern behandelt.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den Narrativen und Mythen, die sich um Partisaninnen ranken, sowohl in der Kriegszeit als auch in der Nachkriegspropaganda. Weibliche Widerstandskämpferinnen wurden häufig in symbolischen Rollen dargestellt, die ihren tatsächlichen Einfluss und ihre Erlebnisse überlagerten. Das Seminar untersucht kritisch, wie solche Darstellungen die Erinnerungskultur und das kollektive Gedächtnis bis in die Gegenwart prägen. Das methodische Vorgehen ist auch quellenorientiert. Memoiren, Tagebücher und Interviews mit Zeitzeuginnen werden herangezogen, um Einblicke in individuelle Perspektiven zu erhalten und diese in den historischen Kontext einzubetten. Gleichzeitig wird die geschichtswissenschaftliche Analyse durch theoretische Ansätze der Geschlechterforschung ergänzt, um die Wechselwirkungen zwischen Gewalt, Machtstrukturen und Gender zu beleuchten.
Mit diesem Seminar werden Studierende befähigt, die komplexen Verflechtungen von Geschlecht, Gewalt und Widerstand im historischen Kontext kritisch zu reflektieren und interdisziplinäre Ansätze für die Analyse sozialer und politischer Dynamiken anzuwenden. Es bietet damit nicht nur einen Einblick in die Geschichte der Partisanenbewegungen, sondern auch in die Bedeutung von Geschlechterkonstruktionen in Extremsituationen wie Krieg und Besatzung.
Literatur: Wiesinger, Barbara N. Partisaninnen: Widerstand in Jugoslawien 1941-1945. Vol. 17. Böhlau Verlag Wien, 2008.
Der Historiker Reinhart Koselleck sprach in seiner Münsteraner Preisrede 2003 vom Ende des „Pferdezeitalters“, das er in der Mitte des 20. Jahrhunderts verortete. Dieses Zeitalter war geprägt von tiefgreifenden Umbrüchen – Urbanisierung, Industrialisierung, Kriegführung, Kolonialisierung – die ohne das Pferd kaum denkbar gewesen wären. Zugleich liegt in dieser Geschichte eine Tragik: Mit dem Übergang zu motorisierten Antrieben hat sich das Pferd als zentrales Arbeitstier selbst überflüssig gemacht. Im „Nachpferdezeitalter“ verliert es seinen gesellschaftlichen Stellenwert – und mit ihm gerät auch seine historische Bedeutung zunehmend in Vergessenheit.
Ziel dieses Blockseminars ist es, die zentrale Rolle des Pferdes in den sozialen, politischen und ökonomischen Transformationsprozessen zwischen 1850 und 1950 nachzuzeichnen. Wir verfolgen die Spuren der Pferde in Stadtgeschichte, imperialer Expansion, Militärwesen und Nationenbildung. Die Sitzungen verbinden mikrohistorische Zugänge mit großräumigen Fragestellungen zur europäischen und globalen Geschichte.
Gleichzeitig dient das Seminar als Einführung in die Tiergeschichte. Die Studierenden lernen, historische Prozesse aus tiergeschichtlicher Perspektive zu betrachten und das Pferd nicht nur als Objekt menschlicher Nutzung, sondern als historischen Akteur zu verstehen. Damit verbunden ist die Frage, wie sich Geschichte dezentrieren lässt, um die Handlungsmacht nichtmenschlicher Lebewesen sichtbar zu machen.
Literatur:
Ulrich Raulff: Das letzte Jahrhundert der Pferde. Geschichte einer Trennung. München: C.H. Beck, 2015.
Reinhart Koselleck: „Der Aufbruch in die Moderne oder das Ende des Pferdezeitalters“, in: Historikerpreis der Stadt Münster. Die Preisträger und Laudatoren von 2003, S. 159–174.
Die Veranstaltung wendet sich an Studierende, die im Arbeitsbereich der Sozial- und Kulturgeschichte, insbesondere auch der Tiergeschichte, eine Abschlussarbeit - BA, MA oder Staatsexamen - schreiben oder vorhaben dies zu tun. Sie bietet denjenigen, die bereits an ihrer Arbeit sitzen, die Möglichkeit Schwierigkeiten zu besprechen und Fragen zu klären und denjenigen, die noch auf der Suche nach einem Thema sind, Hilfe bei Themenfindung und dabei, das Thema richtig zuzuschneiden und eine Fragestellung zu entwickeln. Zudem soll die Veranstaltung alle Teilnehmer:innen dabei unterstützen, ihre Arbeiten in aktuelle Forschungskontexte einzubinden. Dazu haben Sie die Möglichkeit auch gemeinsam zentrale, themenrelevante Sekundärliteratur zu diskutieren.
Wir werden uns im Seminar also sowohl mit technisch-methodischen Fragen des wissenschaftlichen Schreibens als auch Perspektiven und Fragestellungen diskutieren, die für das Fach relevant sind.
Literatur:
- Jordan, Stefan, Theorien und Methoden der Geschichtswissenschaft, UTB, 2018.
- Neumann, Friederike, Schreiben im Geschichtsstudium. UTB GmbH, 2018
PastureScapes project aims to raise awareness at university and civil society level in the Kassel-Witzenhausen-Göttingen region about the current role, the opportunities and challenges of mobile livestock systems and pastoralist communities in sustainable land management, carbon sequestration, and biodiversity conservation. Through a series of public events held every month or every six weeks in 2026, the project will showcase pastoral systems from various regions around the world, highlighting their ecological, economic, and socio-cultural importance and the challenges they are facing, and promote a deeper understanding and appreciation for the animal-environmental knowledge of pastoralist communities and individuals. By engaging students, practitioners, scientists, activists, and the public, PastureScapes will raise regional awareness for the importance of the topics as specified for the IYRP2026 (https://iyrp.info/).
Possible areas of discussion:
1. Showcase various herding cultures: Highlight diverse rangeland ecosystems and pastoralist communities, illustrate their unique herding practices, lifestyles, and contributions to sustainable land use.
2. Ecological benefits: Present the environmental benefits of mobile livestock systems, such as carbon sequestration, improved soil health, and biodiversity conservation, using examples from contrasting regions, examining similarities and differences and the underlying reasons.
3. Threats and challenges: Address the threats faced by pastoralist communities, including land grabbing for food, feed and biomass cropping, renewable energy production (e.g., solar parks), policy pressures (e.g., sedentarisation policies, nature conservation projects, veterinary regulations for tracking in Europe), and insecurity (banditry, terrorism).
4. Social dimensions: Examine the social aspects of pastoral mobility, including social isolation, remoteness, limited access to education and health care, and the resulting decline in youth participation (among other reasons).
5. Historical perspectives and human-animal relations: Explore the long-term history of pastoralism as a form of human-animal cohabitation and cooperation. How have relationships between herders and their animals shaped cultures, economies, and landscapes from antiquity to the present? What continuities and transformations can be observed in practices of care, control, and co-existence with livestock?
Possible activities:
1. Guest lectures and panels: Invite experts, researchers, and practitioners to share their insights on rangelands and pastoralism. Online or in-person events, depending on where the experts are located.
2. Film evenings: Show films and documentaries that showcase the life and challenges of pastoralist communities.
3. Cultural exhibition in the Mensa building: Organize exhibitions featuring traditional artefacts, crafts, and stories from pastoralist cultures.
4. Interactive workshops: Conduct workshops with practitioners and students to discuss sustainable grazing practices and needed policy support.
5. Field trips: Arrange visits to sites in the region that are managed by mobile pastoralists to provide hands-on learning experiences.