Multiskale Modellierung des Auflösungsmechanismus während der Anfangsphase der Zementhydratation (CEM-bridge)
Beton ist weltweit der am häufigsten verwendete künstliche Baustoff. Wegen seiner Flexibilität im Einsatz und der niedrigen Produktionskosten im Vergleich zu anderen Baustoffen, gibt es momentan keine Alternativen. Die globale Produktion dieses unersetzlichen Materials liegt bei ca. einer Tonne pro Person im Jahr. Der größte Nachteil ist jedoch sein enormer ökologischer CO2-Fußabdruck. Die Herstellung von Zementklinker erfordert nicht nur hohe Energiemengen, sondern setzt auch ca. 5 % des globalen anthropogenen CO2 frei und entzieht 1,7 % des gesamten globalen Frischwassers. Die Einhaltung zukünftiger Klimavorschriften erfordert eine massive Reduzierung des Zementklinkeranteils, was zu den so genannten Ökobetonen führt. Das Verständnis der Reaktivität des verbleibenden Klinkeranteils in Öko-Zementen soll helfen, die Hydratationsleistung dieser Klassen von klimafreundlichem Zementen und daraus hergestellten Betonen zu verbessern.
Das Hauptziel des Projektes ist die Entwicklung eines grundlegenden physikalisch-chemischen Multiskalenmodells, das für die Auflösungsmechanismen zu Beginn der Alit- und Belit-Zementklinkerhydratation den Nano- mit dem Mikrobereich verknüpft. Als erster Schritt wird die Komplexbildung und -auflösung der Alit- und Belit-Klinkeroberflächen in stark verdünnten Systemen mittels atomistischer Modellierung betrachtet, wobei zwischen den verschiedenen Kristallebenen unterschieden wird. Auf der Mikroebene werden hierbei die Auflösungsraten quantifiziert und validiert, um später mit entsprechenden Modellen die Reaktionskinetik der Zementhydratation abbilden zu können. Das mehrskalige Modell ermöglicht mit der Vorhersage der Auflösungsrate über die Interaktion von Kristallstruktur mit der Zusammensetzung der umgebenden Lösung, ein tiefgreifendes Verständnis der Reaktivität von Alit und Belit. Dieses Verständnis ermöglicht es bei der Optimierung von Zement und Zementersatzstoffen, deren Nachhaltigkeitspotenzial durch ihre geringe Reaktivität begrenzt ist, neue Wege aufzuzeigen. So können durch eine weitere Reduktion des Klinkergehaltes, ohne Verlust der Hydratationsleistung, zukunftsfähige zementbasierte Bindemittel mit geringerem CO2-Fußabdruck entwickelt werden.
Um das Hauptziel zu erreichen, wird von den beiden wissenschaftlichen Gruppen der Universität Kassel (UniKs) und der Technischen Universität Darmstadt (TUDa) auf verschiedenen Ebenen ein mehrskaliges Modell entwickelt. Die UniKs koppelt hierzu ein "biased molecular dynamics (MetaD) model" mit einem "reactive force field (ReaxFF)", um die Reaktionsverläufe und die Aktivierungsenergien zu erhalten. Die daraus berechnete Reaktionsrate aller atomistischen Zwischenschritte wird zur Entwicklung des Modells auf Mikroebene, das auf der "kinetic Monte Carlo (kMC)" Methode basiert, an die TUDa weitergegeben.
Zusammenarbeit mit:
- Fachgebiet Werkstoffe des Bauwesens und Bauchemie, Universität Kassel (UniKs)
- Institut für Werkstoffe im Bauwesen, TU Darmstadt (TUDa)
Bearbeiter*in
Dr.-Ing. K. M. Salah-Uddin (Wissenschaftl. Mitarbeiter)
- Telefon
- +49 561 804-2629
- salahuddin[at]uni-kassel[dot]de
- Standort
- Mönchebergstraße 7
34125 Kassel
- Raum
- Ingenieurwissenschaften III, 1309