Förderung der professionellen Wahrnehmung von Klassenführung durch Reflexionsaufgaben

Kurzbeschreibung

Das Ziel dieser Innovation bestand darin, durch Reflexionsaufgaben Lernumgebungen zu schaffen, die das bislang erworbene Wissen im Bereich Klassenführung und die angeeigneten Kompetenzen nutzbar machen. Zugleich sollten spezifische Aufgabenformate die Transformation von Wissen, Überzeugungen und Erfahrungen ermöglichen und eine reflexive Kompetenzentwicklung in der Lehrkräftebildung herausfordern (Busse & Bosse, 2020).

Laufzeit des Teilprojekts:
10/2018 – 9/2021


Förderung: BMBF im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung: Professionalisierung durch Vernetzung (PRONET²)

Hochschuldidaktische Innovation

Im Rahmen dieser Innovation wurden Reflexionsaufgaben für Lehrveranstaltungen zum Thema Klassenführung (Gold & Holodynski, 2011), die auf einem Peer-Learning Konzept mit Lehrer:innen im Vorbereitungsdienst beruhen (Busse et al. 2022), konzipiert. Bei der Konzeption der Aufgaben wird davon ausgegangen, dass Aufgaben Lernanlässe darstellen, die gezielt angestrebte Lernprozesse initiieren (vgl. Reintjes et al., 2016). In einem ersten Schritt wurden Kategorien entwickelt, die konkrete Themen für Reflexionsfragen vorgeben. Das Ergebnis sind zehn Reflexionsaufgaben, die sich drei Kategorien zuordnen lassen:

  • Persönliche Entwicklung:  Die Studierenden sollen sich mit ihrer persönlichen und fachlichen Entwicklung seit dem ersten Semester befassen. Die Wahl der Themen, die sie vertieft behandeln möchten, ist ihnen dabei freigestellt.
  • Perspektivwechsel durch und im Verlauf des Lehramtsstudiums: Diese Aufgaben bieten den Anlass, eigene Einstellungen u.a. in Bezug auf den Lehrer:innenberuf und das Lehrer:innenhandeln zu reflektieren und daraus Rückschlüsse auf das eigene zukünftige Lehrer:innenhandeln zu ziehen.
  • Effektive Klassenführung als Kernkompetenz: Diese Aufgaben ermöglichen den Studierenden ihre Fähigkeiten und Entwicklungspotenziale in Bezug auf Aspekte der effektiven Klassenführung zu reflektieren.

Ausgewählte Forschungsbefunde

    Für die Konzeption der Aufgaben wurde ein Kategoriensystem entwickelt, welches im Laufe der Erarbeitung induktiv durch Kategorien ergänzt wurde. Die Absicht bestand darin, durch die Entwicklung des Kategoriensystems kognitiv anregende Aufgaben zu entwickelt, die einen hohen Reflexionsanregungsgehalt aufweisen. Das entwickelte Kategoriensystem ist an Maier et al. (2010) angelehnt. Unser Kategoriensystem wurde durch Kategorien ergänzt, die den Reflexionsanregungsgehalt der Aufgaben erfassen (Bosse & Busse, 2020). Das dem Analyseschema der Reflexionsaufgaben zugrundeliegende Kategoriensystem besteht aus 13 Kategorien.

    Die Analyse der Aufgabenbearbeitungen zeigt, dass die Reflexionsaufgaben vier und fünf aus der Kategorie Perspektivwechsel durch und im Verlauf des Lehramtsstudiums  mit insgesamt 42 Bearbeitungen am häufigsten gewählt wurden. Durch die vierte Aufgabe werden die Studierenden dazu angeregt, sich mit ihrem veränderten Blick auf den  Lehrer:innenberuf auseinanderzusetzen. Hierbei beziehen sich viele Studierende in ihren Bearbeitungen auf die eigene Schulzeit rekonstruieren sowohl die Motivation für die Berufswahl als auch latente Einstellungen zu den Anforderungen des Berufs, die sich durch das Studium verändert haben. Letzteres zeigt sich in hohem Maße auch in den Bearbeitungen der fünften Reflexionsaufgabe. Hier werden aber auch Entwicklungsziele formuliert und Strategien entworfen, wie diese Ziele bis zum Beginn des Referendariats erreicht werden können.

    Materialien

    1. Wenn ich an mein 1. Semester denke: Welche fachlichen Entwicklungen sehe ich bei mir, die mich selbst überraschen?
    2. Wenn ich an mein 1. Semester denke: Welche Entwicklungen bezogen auf mein pädagogisches Handeln sehe ich bei mir, die mich selbst überraschen?
    3. Welche Themen, die ich innerhalb des Kernstudiums bearbeitet habe, möchte ich nach den ersten Semestern meines Studiums gerne noch vertiefen?
    4. Inwieweit hat sich mein Blick auf den Lehrer:innenberuf seit Beginn des Studiums verändert? Welche Aspekte haben zu meiner veränderten Sichtweise wesentlich beigetragen?
    5. Was macht für mich, nachdem ich nun einige Semester studiert habe, eine gute Lehrperson aus? Was erfülle ich von meinen Vorstellungen, was will ich noch schaffen und was ist (noch) nicht zwingend erforderlich?
    6. Wie hat sich meine Sicht auf meine Studienfächer als Unterrichtsfächer nach den ersten Semestern verändert? Welche Aspekte haben zu meiner veränderten Sichtweise wesentlich beigetragen?
    7. Welche Ziele bezogen auf effektive Klassenführung möchte ich bis zum Beginn meines Vorbereitungsdienstes erreichen? Wie möchte ich meine Ziele erreichen?
    8. Welche Konsequenzen ziehe ich aus meinem Wissen über effektive Klassenführung für meinen Vorbereitungsdienst?
    9. Welche Aspekte von Klassenführung sind mir bekannt? Was kann ich schon gut umsetzen, wo habe ich noch Schwierigkeiten?
    10. Welche Fragen habe ich zum Vorbereitungsdienst? Was weiß ich schon darüber und was möchte ich gerne noch wissen?
    1. Wenn ich an den Beginn meines Vorbereitungsdienstes denke: Welche fachlichen Entwicklungen sehe ich bei mir, die mich selbst überraschen?
    2. Wenn ich an den Beginn meines Vorbereitungsdienstes denke: Welche Entwicklungen bezogen auf mein pädagogisches Handeln sehe ich bei mir, die mich selbst überraschen?
    3. Welche Themen, die ich innerhalb der allgemeinpädagogischen Module kennengelernt habe, möchte ich innerhalb meines Vorbereitungsdienstes gerne noch vertiefen?
    4. Inwieweit hat sich mein Blick auf den Lehrer*innenberuf seit Beginn meines Vorbereitungsdienstes verändert? Welche Aspekte haben zu meiner veränderten Sichtweise wesentlich beigetragen?
    5. Was macht für mich einen „guten“ Lehrer aus? Was erfülle ich von meinen Vorstellungen schon, was will ich noch schaffen und was ist (noch) nicht zwingend erforderlich davon?
    6. Wie hat sich meine Sicht auf meine Studienfächer als Unterrichtsfächer durch den Vorbereitungsdienst verändert? Welche Aspekte haben zu meiner veränderten Sichtweise wesentlich beigetragen?
    7. Welche Ziele hatte ich zum Beginn meines Vorbereitungsdienstes bezogen auf effektive Klassenführung? Inwieweit habe ich diese erreicht? Welche möchte ich noch erreichen und wie?
    8. Welche Konsequenzen ziehe ich aus meinem Wissen über effektive Klassenführung für meinen Unterricht während des Vorbereitungsdienstes?
    9. Welche Konsequenzen ziehe ich aus meinem Wissen über effektive Klassenführung für meinen Unterricht für mein pädagogisches Handeln nach dem Vorbereitungsdienst?
    10. Welche Aspekte von Klassenführung sind mir bekannt? Was kann ich schon gut umsetzen, wo habe ich noch Schwierigkeiten? Was könnte dazu beitragen, damit ich meine Schwierigkeiten überwinden kann?
    11. Welche Themen beschäftigen mich in meinem Vorbereitungsdienst, die für mich im Studium nicht präsent waren?

    Weiterführende Informationen

    Busse, A., Bosse, D., Panow, M., Hartenbach, A., & Specht, J. v. (2022). Reflexive Kompetenzentwicklung – Vier Lernszenarien eines phasenübergreifenden ePortfolios. In J. Klusmeyer & D. Bosse (Hrsg.), Konzepte reflexiver Praxisstudien in der Lehrer*innenbildung (S. 249-272). Wiesbaden: Springer VS

    Busse, A. (2021). Reflexive Kompetenzentwicklung in der Lehrer*innenbildung. Mit Podcasts im ePortfolio auf dem zur Professionalität. Wiesbaden: Springer VS.

    Busse, A. & Bosse, D. (2020). Reflexive Kompetenzentwicklung mit ePortfolio im Professionalisierungsprozess angehender Lehrpersonen. In BMBF (Hrsg.), Profilbildung Lehramt – Beiträge der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ zur individuellen Orientierung, curricularen Entwicklung und institutionellen Verankerung (S.54-65). Berlin: BMBF.

    Gold, B. & Holodynski, M. (2011). Klassenführung. In E. Kiel & K. Zierer (Hrsg.), Basiswissen Unterrichtsgestaltung (S. 133-151). Schneider Hohengehren.

    Maier, U., Kleinknecht, M., Metz, K., Bohl, T. (2010). Ein allgemeindidaktisches Kategoriensystem zur Analyse des kognitiven Potenzials von Aufgaben. In Beiträge zur Lehrerbildung 28,1 , S. 84-96.

    Reintjes, C., Keller, S., Jünger, S., & Düggeli, A.(2016): Aufgaben (in) der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern. Theoretische Konzepte, Entwicklungs- und Forschungsperspektiven. In: Keller, Stefan & Reintjes, Christian (Hrsg.) Aufgaben als Schlüssel zur Kompetenz. Didaktische Herausforderungen, wissenschaftliche Zugänge und empirische Befunde (S.429- 447). Münster: Waxmann Verlag, S. 429- 447.

    Ansprechpersonen

    Verantwortliche:

    Prof. Dr. Dorit Bosse
    bosse@uni-kassel.de

    Dr. Annette Busse
    abusse@uni-kassel.de

    Wissenschaftliche Mitarbeiterin:

    Regina Dippel
    regina.dippel@uni-kassel.de

    Mitarbeiter aus der 2. Phase der Lehrkräftebildung:

    Manuel Panow, Stellvertretender Leiter des Studienseminars Grund-, Haupt, Real- und Förderschulen Kassel mit Außenstelle Eschwege