Gregor Kaiser

Kurzexposé zum Promotionsvorhaben von Gregor Kaiser (grek[at]jpberlin[dot]de):

Eigentum oder Allmende. Genetische Ressourcen und die Suche nach Alternativen zu geistigen Eigentumsrechten (Arbeitstitel)

Forschungshintergrund

In den letzten Jahren haben geistige Eigentumsrechte eine immer größere Bedeutung erlangt. Mit der Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) 1995 sind durch das TRIPS-Abkommen (Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights) weltweite Mindeststandards für innerstaatliches Patentrecht geschaffen worden, die eine verschärfte In-Wert-Setzung genetischer Ressourcen zur Folge haben. Internationale Biodiversitätspolitik ist zentrales Element von Politik geworden, Machtansprüche und gesellschaftliche Konflikte der postfordistischen Gesellschaft kommen hier exemplarisch zum Vorschein. Zusätzlich werden in mehreren internationalen Foren Fragen des geistigen Eigentums parallel und – scheinbar – mit unterschiedlichen Ergebnissen behandelt und entsprechende Abkommen abgeschlossen: Zu nennen sind die WTO, die Konvention über die biologische Vielfalt (CBD) der Vereinten Nationen, der Internationale Saatgutvertrag (IT) der FAO sowie die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO). Auch bilaterale Abkommen werden in den letzten Jahren immer wichtiger.

Forschungsdesign und theoretischer Ansatz

Ausgehend von der Fragestellung Was sind „emanzipatorische“ Alternativen zu (strengen) geistigen Eigentumsrechten im Kontext genetischer Ressourcen und welche Hemmnisse inner- und außerhalb der internationalen Politik erschweren und/oder verhindern die Diskussion und Durchsetzung von diesen Alternativen? werde ich folgende Hypothesen untersuchen:

In diesem Kontext zu hinterfragen ist speziell, ob die UN-Abkommen sich eignen, als umwelt- und sozialpolitische Alternativen diskutiert zu werden – auch wenn sie z.T. so gesehen werden.

Die Metapher der Doppelbewegung von Karl Polanyi, ausgearbeitet von ihm zur Beschreibung der Entwicklung der Marktwirtschaft im England des 19. Jahrhunderts, lässt sich auch in der Entwicklung geistiger Eigentumsrechte erkennen und zieht sich als roter Faden durch die Arbeit. Ausgehend von dem Nicht-Vorhandensein geistiger Eigentumsrechte auf genetische Ressourcen bis zum Ende des 19. Jh. (Allmende), über Einschlussbewegungen (Sortenschutz, Patente) hin zu Ansätzen einer Re-Allmendisierung lassen sich auf Bemühungen zur Verschärfung der IPR immer wieder auch Gegenbewegungen erkennen, die gesellschaftliche Freiheiten verteidigen und z.T. erweitern wollen.

Zentraler Schwerpunkt in der Analyse wird der Umgang mit Alternativen, den dahinterstehenden Akteuren und Strategien sein. Die Arbeit basiert auf den theoretischen Arbeiten von Susan Strange zur Knowledge Structure sowie der Critical Theory von Robert W. Cox. Ergänzend werden neogramscianische Ansätze, die Theorie gesellschaftlicher Naturverhältnisse sowie Science and Technology Studies zur Analyse des Ist-Zustandes sowie des Auslotens der Potentiale der Alternativen herangezogen.

Methodoloie

Es werden in der Arbeit qualitative und quantitative Methoden kombiniert. Einen Schwerpunkt wird die Literaturanalyse sowie diejenige von Internetdokumenten sein. In weiten Teilen wird auch auf sogenannte graue Literatur zurückgegriffen. Zusätzlich werden strukturierte und halb-strukturierte Interviews mit PolitikerInnen, VertreterInnen von NGOs, Unternehmen und internationalen Organisationen sowie sozialen Bewegungen durchgeführt werden.
Die Arbeit wird an der Universität Kassel sowie im Rahmen des Promotionskollegs „Ökologie und Fairness im Welthandelsregime“ (Link: http://www.wupperinst.org/Seiten/promotionskolleg.html)  am Wuppertal Institut durchgeführt.

Eigene Publikationen (u.a.):
Kaiser, G. (2012) : Eigentum und Allmende - Alternativen zu geistigen Eigentumsrechten an genetischen Ressourcen, 252 Seiten, oekom Verlag
Gerstetter, C. & Kaiser, G. (2006) : Gemeinsam die Allmende verteidigen?! Ansätze und Formen des Widerstands gegen die Ausdehnung geistiger Eigentumsrechte in den Bereichen pflanzengenetische Ressourcen und Software, in: PERIPHERIE Nr. 101/102, Jg. 26, Verlag Westf. Dampfboot, S. 69-98.
Kaiser, Gregor (2006): Schieflage mit System – Die WTO in Hongkong, in: www.links-netz.de, Februar 2006.
BUKO Kampagne gegen Biopiraterie (Hg., 2005) Grüne Beute – Biopiraterie und Widerstand, Trotzdem-Verlag, 160 Seiten. www.gruene-beute.de
Kaiser, Gregor (2004): Ernte gut – alles gut? Was der indische Neem-Baum und Nachbaugebühren in Deutschland miteinander zu tun haben: Biopiraterie im 21. Jahrhundert; in: Gäa-Journal, Fachmagazin für Ökolandbau, Markt und Ernährung, 1-2/04.

Kaiser, Gregor (2002): Biodiversitätskonvention und Geistige Eigentumsrechte im Interessenkonflikt, Staatsexamensarbeit an der Universität Bonn, Novem

  • Das Terrain der internationalen Biodiversitätspolitik ist, auch wenn Offenheit vortäuschend, hochgradig vermachtet und sehr viel tacit knowledge ist nötig um neue Positionen einzubringen.
  • Wirkliche Alternativen der Individualisierung des Wissens über genetische Ressourcen können nicht global gedacht werden.
  • Die Strategien und Positionen der Vertreter der hegemonialen Position sind untereinander mehr auf Konsens angelegt und somit eher durchsetzungsfähig als im Feld der Subalternen.
  • Die Akteure, die Alternativen zur Individualisierung des geistigen Eigentums benennen, haben nicht die Ressourcen sie richtig bekannt zu machen.
  • Alternativkonzepte zum individuellen Eigentum laufen dem neoliberalen Liberalisierungsdiskurs entgegen und sind somit in der öffentlichen Diskussion kaum anschlussfähig.