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HANS HERMANN ALBERS: Strategie: Verantwortung "Corporate Social Responsibility" als Element der Stadtentwicklung


Die Doktorarbeit „Strategie: Verantwortung“ untersucht die seit einigen Jahren wachsende Anzahl von Projekten aus Architektur und Städtebau, die mit dem Begriff der „Gesellschaftlichen Verantwortung“ von Unternehmen in Verbindung stehen. „Corporate Social Responsibility“ (CSR) oder „Corporate Citizenship“ sind vor allem in den USA und Großbritannien schon seit langem Bestandteil einer Übernahme von gesellschaftlichen Aufgaben durch Unternehmen. Besonders in der nachhaltigen Entwicklung des städtischen Raumes manifestiert sich diese Art des Engagements und formuliert dabei neue Prozesse der Stadtplanung und -Gestaltung. Angesichts des fortschreitenden gesellschaftlichen und ökonomischen Strukturwandels, bilden sich auch zunehmend in Mitteleuropa sowohl unternehmerische Einzelinitiativen wie hybride Akteurskonstellationen aus Staat und Wirtschaft, welche gesellschaftliche Aufgaben übernehmen. Geprägt werden diese Entwicklungen von einem Wandel der Anforderungen an städtische Räume: Waren städtische Räume unter fordistischen (Arbeits-) Bedingungen auf eine räumliche Homogenisierung und Sicherung sozialer Grundbedürfnisse ausgerichtet (Daseinsvorsorge), streben Städte nun unter postfordistischen Einflüssen nach einer Differenzierung und attraktiven Einzigartigkeit, um sich im globalen Standortwettbewerb und einer durch Tertiärisierung gestiegenen Unternehmensmobilität zu behaupten. Sozialräumliche Komponenten ordnen sich dieser Vorgangsweise unter oder werden in eine zunehmend unternehmerisch, strategische Stadtsteuerung überführt. Für die Stadt als Unternehmensstandort gelten folglich neue Entscheidungskriterien zur Unternehmensansiedlung oder dem Verbleib ihrer produktiven Kräfte: „weiche Standortfaktoren“ gewinnen gegenüber den „harten Standortfaktoren“ an Bedeutung und müssen ausgebaut und kommuniziert werden. Die Bereitstellung qualitativer „weicher Standortfaktoren“ (Soziales Klima, Freizeit- und Kulturangebot, Umweltqualität, Bildung,…) erweist sich für die meisten Städte angesichts ihrer begrenzten finanziellen Möglichkeiten jedoch schwer durchführbar. Dementsprechend werden kooperative Modelle forciert, die Unternehmen als gesellschaftlich engagierte lokale Akteure einbinden. Unter dem Begriff einer territorialen gesellschaftlichen Verantwortung bilden sich somit vermehrt Wachstumsallianzen, die mit verschiedenen Instrumenten Projekte initiieren, welche zum einen lokale Qualitäten aufbauen und Rückbettung zulassen, zum anderen möglichst Image-fördernd global wie lokal für Stadt und Unternehmen wirken sollen. Den Unternehmen wird mit dieser Entwicklung die Möglichkeit eröffnet, neue Kommunikationswege zu Kunden-, Mitarbeitern oder politischen Kräften zu erschließen. CSR-Aktivitäten können somit Bestandteil einer veränderten Thematisierung städtischer Räume und Orientierung sein, aus der eine neue Form der Stadtentwicklung unter Einbindung der Unternehmen resultiert. Vor diesem Hintergrund wird ein Überblick über „Corporate Social Responsibility“  Aktivitäten im Kontext der Stadtentwicklung dargestellt und die bereits erfolgte Entwicklung dokumentiert (etwa im Bereich des innerstädtischen Einzelhandels die Gründung von Business Improvement Districts). Public-Private-Partnerships, Corporate Volunteering, Sponsoring, Stiftungen, Spenden, und Cause Related Marketing werden als CSR-Instrumente definiert und bezüglich ihrer Wirkungsweise aufgezeigt (inklusive ihrer steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen). Dabei wird besonders die wachsende Funktion des „gesellschaftlichen Engagements“ als Bestandteil der Unternehmenskommunikation betrachtet. Anhand von 3 Fallbeispielen wird die Umsetzung wie Methodik von CSR-Aktivitäten als Stadtentwicklungselement analysiert und der Einfluss auf die Produktion von Architektur und Stadtraum demonstriert:

1. Die „Wolfsburg AG“ als Public-Private-Partnership zwischen der Stadt Wolfsburg und der Volkswagen AG: Beginnend mit dem ersten gesellschaftlichen Engagement der Volkswagen AG am Firmensitz Wolfsburg in den 1950er Jahren (Spenden für die Errichtung von öffentlicher Infrastruktur) wird die Entwicklung bis zur aktuellen strategischen CSR-Tätigkeit (Wolfsburg AG) aufgezeigt und analysiert.

2. Die Stiftung „Lebendige Stadt“, als gesellschaftliches Engagement der ECE G.m.b.H & Co. KG, Hamburg: Der Stiftungszweck, die Förderung der „lebendigen Stadt“, und die Stiftungsaktivitäten werden der Geschäftstätigkeit des Betreibers von innerstädtischen Shoppingcentern gegenübergestellt. Die Fähigkeiten der Stiftung als politisches Kommunikationsinstrument werden mit Einbindung des aktuellen öffentlichen Diskurses zur Wirkung Geschäftstätigkeit dargestellt.

3. Die Stiftung „Elbphilharmonie“ als Fundraising-und Kommunikationsinstrument für den Bau und Betrieb der Elbphilharmonie Hamburg: Die Stiftung Elbphilharmonie bietet Unternehmen die Möglichkeit den Bau der Elbphilharmonie durch CSR-Instrumente zu unterstützen (z.B. Cause Related Marketing der Firma Darboven), das Vorhaben selbst ist ein PPP. Die Projektumsetzungsstrategie wird aufgezeigt und hinsichtlich ihrer Auswirkungen des Architekturbedarfs untersucht. Ziel dieser Fallbeispielbetrachtungen ist einerseits, die Möglichkeiten und Funktionsweisen von Stadtentwicklungsmodelle mit CSR-Instrumenten aufzuzeigen und ihre Stärken sowie Schwächen gegenüberzustellen. Andererseits wird die neue simultane Organisation und Einflussnahme auf die Gestaltung sowie Nutzung städtischer Räume kritisch hinterfragt. Im Vordergrund der inhaltlichen Darstellung stehen dabei insbesondere Aspekte der Projektrhetorik und der jeweiligen Kommunikationsstrategien. Welcher Kommunikationswert und –Anspruch besteht bezüglich der geförderten Projekte und wie äußert sich dies in der Produktionsweise von Architektur und Städtebau? Welche Projekte lassen sich sowohl im privaten bzw. öffentlichen Bereich durch „gesellschaftliches Engagement“ der Unternehmen realisieren (aufgezeigt am öffentlichen Raum)? Wie verhält sich die Kommunikation zu den Projekt-Nutzern bzw. Bürgern (neue Formen der Partizipation)? Ein perspektivischer Ausblick in eine nachhaltig urbane Einbindung von CSR-Instrumenten und ein Ansatz der planerischen Positionierung bilden den Abschluss der Arbeit.

DIPL.-ING. HANS-HERMANN ALBERS (geb. 1976 in Ankum, LK Osnabrück, D), lebt und arbeitet als Architekt & Stadtforscher in Berlin & Graz. Studium der Architektur an der TU Graz, TU Helsinki, TAIK Helsinki, TU Athen. Studium der Soziologie, Universität Graz. Diplomarbeit „Competition for Play“ – über die städtebaulichen Entwicklungspotenziale mit der Ausrichtung Olympischer Spiele am Beispiel Athen 2004. Theoretische Arbeiten und Ausstellungsbeiträge zu Stadtentwicklungsprozessen mit Schwerpunkt Tourismus/ Sport- und Kulturmarketing/ regionale Identitätsbildung/ Arbeitsmigration/ Urban CSR. Laufende Dissertation zum Thema „Corporate Social Responsibility“ als Element der Stadtentwicklung . Lehrbeauftragter für das Fach „Architektur & Tourismus“ an der TU Graz, Institut für Gebäudelehre.

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