Wohnwagen
Eine der komprimiertesten Wohnformen ist in der Typologie des Wohnwagens zu finden, einem Gehäuse das letztlich einem übergroßen Koffer gleicht, einem Behältnis für das egoistische Zuhause, das sich durch eigentümliche Ausgestaltungen der Bewohner darstellt und oft sogar über seine Grenzen hinweg ausdehnt.
Die hier vorliegende Variante umgebauter Wohnwagen manifestiert Persönlichkeiten, die in der Architekturszene mehr oder weniger anerkannt, viel beachtet, auf jeden Fall aber viel diskutiert sind und somit zum Grundvokabular aller Architekten gehören.
In fiktiven Wohngemeinschaften aus je einem Vertreter der Moderne und einem zeitgenössischen Stararchitekten bauen sich gedankliche Spannungsfelder auf, die aber in symbiotischen Formen Ausdruck finden. In der Auseinandersetzung mit den Architekturphilosophien, aber auch den Charaktereigenschaften der berühmten Vorbilder, haben die Autoren Arbeiten geschaffen, die sowohl interpretieren als auch persiflieren und in-sich kohärente Konzepte anbieten.
Durch die Notwendigkeit der eigenhändigen Umsetzung in voller Lebensgröße, vollem Gewicht und wirklichen Baumaterial wird für die Bearbeiter ein unmittelbarer Bezug zwischen Konzept, Idee und Bauwerk aufgebaut, der zu einer kontinuierlichen Verteidigung bis hin zur Schraubenwahl oder der Frage nach sensiblem Umgang mit vorhandener Bausubstanz zwingt.
MRS. ROBINSON
Josephine Baum, Ainhoa Blume, Julia Happe, Philipp Schütz, Stefanie Schulz
Wohnwagen, Unterkonstruktionslatten, Rechteckleisten, Sperrholzplatten (Buche), Holzbrett, Holzdekorlasur (Kastanie), Buntlack Seidenglanz (weiß), Schrauben, Drahtstifte, Metallwinkel, Schaniere, Möbelpolitur, Malerfolie, Magnetstreifen, Fleece-Stoff, Styroporkugeln, Silikonkartusche, Leuchtstoffröhren, Laubbläser
Das Projekt „Mrs. Robinson“ befasst sich mit den Stilmerkmalen von Mies van der Rohe und Herzog & de Meuron. Beim Vergleich der Architekten wurden sowohl Gemeinsamkeiten, als auch Unterschiede festgestellt. Für Mies van der Rohe spielte die „Haut – und Knochen - Architektur“ eine wichtige Rolle, wie man z.B. in dem Beispiel „Crown – Hall“ erkennen kann. Übertragen auf den Wohnwagen stellt die Innenwand in Verbindung mit dem Holzskellett diese Stileigenschaft dar.
Licht, Bewegung, Transparenz und „lebende Bauten“ sind die wichtigsten Merkmale von Herzog & de Meuron. In der luftgefüllten, organischen Hülle spiegeln sich diese Eigenschaften wider.
Betritt man den ursprünglichen Innenraum des Wohnwagens, verdeutlichen die Möbel den Charakter Mies van der Rohes. Über eine Schleuse, welche die Verbindung zwischen den Architekten herstellt, gelangt man in die bewegliche Hülle und somit in den transparenten Außenraum, welcher für Herzog & de Meuron bestimmt ist.
REMULOR
Magdalena Afanasjew, Markus Heurung, Oliver Langfeld, Jens Rohland
Knaus Passat Wohnwagen, Baujahr 1972, Kanthölzer, Schalbretter, Latten, Span-Verkleideplatten, Flachverbindungen, Lochplattenwinkel, Türblätter, Einwegpaletten, Sprühlack weiß, div. Schrauben und Nägel, sonstige Latten, Bretter, Vierkanthölzer, etc.
Der „Remulor“ ist eine Interpretation der Standardmönchszelle des Dominikanerklosters Sainte-Marie de La Tourette in Éveux bei Lyon. Einem Beispiel aus Le Corbusiers reichhaltigem Schaffen, in dessen Rahmen er sich u.a. mit der Reduzierung des Wohnraumes auf das wirklich Notwendige befasste.
Alle in der La Tourette-Zelle verwandten Maße entstammen Le Corbusiers Modulor-System.
Dieses System wurde dahingehend modifiziert, dass die Körpergröße Rem Koolhaas als Ausgangswert verwendet wurde. So wurden die Raummaße des „Remulor“ ermittelt, um damit eine auf Rem Koolhaas abgestimmte Wohneinheit zu realisieren.
Die kastenartige Form des „Remulor“ ist zudem eine Referenz an das Element der „Shoe Box“, die vielen Entwürfen Rem Koolhaas zu Grunde liegt.
DEKONSTRUKTION - RE-KONSTRUKTION
Sofie Arnold, Dennis Elsholz, Carsten Finis, Nina Frank, Svea Ruppert
Wohnwagen, Stahlseile, Klemmen, Kanthölzer, Fundholz, Heißkleber, Angelschnur, Winkel, Schrauben, Nägel
Am Anfang dieser Arbeit standen die Architekten Frank Gehry und Gerrit Rietveld. Interessant für uns war, dass Gehry in seinen früheren Arbeiten vor allem mit günstigen und eher ungewöhnlichen Materialien, sowie mit Fundstücken arbeitete. Dies inspirierte uns, unseren sowieso schon maroden Wohnwagen als Materialquelle zu nutzen. Des Weiteren knüpften wir an die dekonstruktivistische Methodik Gehrys an, indem wir unseren Wohnwagen aus 25 m Höhe von einem Kran fallen ließen.
Durch diese Dekonstruktion des Wohnwagens gelangten wir zu Materialien, die wir zunächst als „Mantelabwicklung“ sortierten. Dies geschah vor dem Hintergrund unseres zweiten Architekten Gerrit Rietveld, den wir vor allem mit der Klarheit und Ordnung des Bauhausstils in Verbindung bringen.
Die für Rietvelds Objekte und Architektur typische Funktionalität versuchten wir durch die geordnete Re-Konstruktion des Wohnwagens wieder erkennbar zu machen.
IN AND OUT
Eleonore Feser, Ann-Kristin Klementz, Ina Petri, Joana Al Samarraie
Wohnwagen, lasiertes Holz, Kunstrasen, weiße Stretchfolie
Der Wohnwagen wurde für die Architekten Frank Lloyd Wright und das Architekturbüro SANAA (Ryue Nishizawa und Kazuyo Sejima) transformiert.
Frank Lloyd Wright steht für eine Architektur, die im Einklang mit der Natur entsteht. Er verband die Um gebung der jeweiligen Bauwerke mit dessen Kontext und band die Natur durch große Fenster, Materialien wie Holz oder Natursteine in seine Bauwerke mit ein, er verband organische Formen mit geometrischen Elementen.
Ryue Nishizawa und Kazuyo Sejima spielen mit Öffnungen innerhalb ihrer Gebäude, die durch verschiedene Anordnungen und Größen neue Blickbeziehungen in den Bauwerken entstehen lassen. Durch weiße, puristische Raumkompositionen ergibt sich in den Bauwerken eine strenge Eleganz, die dem Menschen kein Gefühl der Distanz sondern der Geborgenheit geben soll.
Diese Punkte wurden im Transformationskonzept aufgegriffen, die Enge des Wohnwagens sollte durch neue Öffnungen und Verschieben der bekannten Blickbeziehungen verändert werden. Dadurch wird die Umgebung mit dem Wohnwagen verbunden.
LA CAPSULA
Rafaa Alboali, Joana Brokamp, Marlen Müller, Maren Rennert, Viktoria Scholz
Wohnwagen, Recycelte Holzplatten des Wohnwagens, Styropor, Acryl, Spachtelmasse, Schleifpapier, roter Stoff, Styroporkugeln, Schaumstoff, Isolierrolle, Rotes Plexiglas
Zaha Hadid ist eine dynamische Person mit viel Energie und Präsenz. Oscar Niemeyer hat eine futuristische, kurvenreiche und plastische Formensprache, die stets ein ausgewogenes Verhältnis zwischen freiem Raum und Volumen einhält. Beide Architekten entwerfen auf dem Papier, sie spielen mit Statik und Dynamik, indem sie große, schwungvolle Formen skizzieren, die ineinander überfließen. Futuristische Gebäude, mit glatter Fassade aus Beton oder Hochglanzlack. Aufgebrochen werden ihre Formen durch starke Farbkontraste oder überraschende Lichteffekte.
Die dynamische Form des Wohnwagens wird beibehalten. Glatte, in weiß gehaltene, Oberflächen unterstreichen den Bezug auf beide Architekten.
Abgerundete Kanten vervollständigen das Gesamtbild einer Kapsel.
Aufgebrochen wird diese Form durch eine Einstiegsausparung an der Hinterfront. Der Innenraum ist vollständig mit einem roten Sitzsack ausgestattet, so dass der Besucher die Struktur des Raumes unweigerlich verändert, sobald er ihn betritt. In Anlehnung an die Eingangssituation befindet sich in der Decke eine Öffnung, die für einen angenehmen Lichteffekt des ansonsten geschlossenen Raumes führt.