Projekt: Auto - Mobil - Kassel | Herkunft und Zukunft von 13 Orten der Mobilität in der Stadt

Projekt: Auto- Mobil - Kassel

Herkunft und Zukunft von 13 Orten der Mobilität in der Stadt

Prof. Dr.-Ing. Iris Reuther, Tristan Lannuzel architecte d.p.l.g. urbaniste
G.-Prof. Dr.-Ing. Sonja Beeck, Dipl-Ing. Niklas Wever M.Sc.

2012 findet die 13. Documenta in Kassel statt. Gäste aus der ganzen Welt reisen nach Kassel, um sich eine der bedeutendsten internationalen Ausstellungen für zeitgenössische Kunst anzuschauen. Für viele ist es das erste Mal, dass sie Kassel besuchen. Spricht man mit Besuchern, äußern Sie oft Verwunderung über die  großen Straßen und die opulenten Verkehrsbauwerke für eine etwa 200.000 Einwohner zählende Stadt. Selbst den Einwohnern und Zugezogenen, zu denen jedes Jahr auch Studierende gehören, steht diese Eigenart der Stadtstruktur und des Stadtbildes deutlich vor Augen.

Das bis heute prägende Straßenverkehrsnetz und seine markanten Adressen im öffentlichen sind auf den Wiederaufbau von Kassel nach den Zerstörungen im zweiten Weltkrieg zurückzuführen. In den 1950 und 1960er Jahren wurde die Stadt nach dem Leitbild der autogerechten Stadt neu aufgebaut und galt damit als eine der modernsten Städte in Deutschland. Zahlreiche große Verkehrsachsen und Verkehrsräume prägen das Verkehrssystem und das Stadtbild von Kassel. Sie wirken inzwischen überdimensioniert, unpassend und veraltet, wenngleich der Individualverkehr und damit die Nutzung der Straßen durch Autos, Transortmittel, aber auch Radfahrer nach wie vor zunimmt. Mit dem Blick auf die aktuellen Debatten und Entwicklungen zum Klimawandel und zur Energiewende ist damit das Thema „Mobilität“ aufgerufen. Hier deuten sich zahlreiche Veränderungen an: Wohl werden weiterhin Autos auf den Straßen fahren, aber immer weniger Leute werden Eigentümer, sondern nur noch Nutzer von Autos sein. Diese werden neue Antriebssysteme haben. Zugleich werden sich duale Systeme, wie die kombinierte Nutzung von Autos und Angeboten des öffentlichen Nahverkehrs weiter durchsetzen. Schließlich werden wir alle öfter Rad fahren oder uns zu Fuß durch bestimmte Teile der Stadt bewegen. Es gibt also viele Gründe, über Mobilität in Kassel nachzudenken, ihre Räume und Adressen genauer unter die Lupe zu nehmen und Konzepte hierfür zu entwickeln.

Deshalb wollen wir im Rahmen des  Projektes und in einem Doppelstudio das System der Autogerechten Stadt in Kassel untersuchen, kritisch hinterfragen und neu denken. Wir wollen das Verkehrssystem und die zugehörigen Verkehrsräume analysieren, seine Potenziale  herausarbeiten und im Anschluss konkrete Ideen entwickeln, wie man das überlieferte System der autogerechten Stadt und ihre konkreten Orte im öffentlichen Raum künftig nutzen, verändern und entwickeln kann. Deshalb wollen wir die großen Magistralen, die markanten Kreuzungen, die Schnittstellen mit dem schienengebundenen Verkehr, die Parkplätze,  aber auch die zahlreichen Parkhäuser, leer gefallene Tankstellen und kaum genutzte Unterführungen entdecken und in konkreten Projekten bearbeiten. Dazu gehören temporäre Aktionen genauso wie dauerhafte Nachnutzungen oder langfristige Umbauten.

Anlässlich der 13. Documenta wollen wir die Chance nutzen, zwischen den verwunderten Gästen, unseren eigenen Entdeckungen und den Adressen der autogerechten Stadt als Zeugnis der städtebaulichen Moderne zu vermitteln. Es geht in diesem Projekt um einen kreativen „reload“ der autogerechten Documenta Stadt Kassel!