Dipl.-Ing. Kai Dolata

Stellschrauben der Stadtentwicklung – Kriterien des Stadtmarketings

Promotionsvorhaben von Dipl.-Ing. Kai Dolata

Inhalt

Kontext und Ziel

Deutsche Städte und Gemeinden sind einem immer stärker werdenden Druck ausgesetzt. Zum Einen besteht ein internationaler Wettbewerb zwischen Metropolen bzw. Metropolregionen durch die Globalisierung, in derem Zuge auch nationale bzw. regionale Standortvorteile mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. Zum Anderen zwingen die demografischen Veränderungen Kommunen dazu, bisherige Planungs- und Entwicklungsstrategien zu überdenken und zu erweitern.

Städte wollen und müssen sich als Standorte profilieren und nutzen für diese Profilierung Methoden des ökonomischen Marketings. Identifikationsstiftende Strategien werden in den Vordergrund gerückt. Diese Strategien gliedern sich in zwei Bereiche: internes und externes Marketing. Während das externe Marketing auf die Attraktivität des Standortes bzw. der Stadt eingeht, um Investoren, Besucher oder auch potentielle Einwohner anzuziehen, konzentriert sich das interne Marketing auf die vorhandene Stadtgesellschaft, mit dem Ziel, Lebensqualität und das Wohlbefinden zu steigern.

Problematisch ist jedoch die direkte Übertragung von ökonomischen Marketingstrategien auf eine Stadt. Denn im Gegensatz zum Marketing eines Produktes oder einer Firma, in dem eine Expansion des Marktes angestrebt wird, ist ihr Hoheitsgebiet auf die Stadtgrenzen definiert. Außerdem haben Kommunen Verpflichtungen gegenüber unterschiedlichen sozialen Bevölkerungsschichten.

Der Begriff Stadtmarketing wurde erstmals in den 1970er Jahren verwendet, wenngleich ähnliche Methoden schon Ende des 19. Jahrhunderts angewandt wurden. Vorerst auf Wirtschaftsförderung des innerstädtischen Einzelhandel beschränkt (heute als Citymarketing bezeichnet), wurde Stadtmarketing im Laufe der Jahre auf weitere städtische Themen ausgeweitet: Tourismusmarketing, Standortmarketing, Verwaltungsmarketing etc. Heute werden diese Teilbereiche unter dem Leitbild einer Stadt, der sogenannten »Urban Identity« zusammengefasst (im Gegensatz zu »Corporate Identity« in der Wirtschaft)*1 und zum Teil als Stadtentwicklungsstrategie kommuniziert. Diese Leitbilder setzen vor allem Entwicklungsrahmen und Leitsätze fest. Die Stadtplanung baut auf diesen Leitbildern auf und konkretisiert sie mit darauf abgestimmten Projekten. Stadtplanung ist aber auch das Bindeglied zu den Nutzern und kann durch die Rückkopplung Auswirkungen der Planungen in die Leitbildfindung zurückführen.

Inhalt des Dissertationsvorhabens ist die Untersuchung vorhandener Stadtmarketingstrategien und deren Einfluss auf Planung und Entwicklung der jeweiligen Städte. Im Mittelpunkt steht die Untersuchung offizieller Marketingkonzepte und deren Akzeptanz bei den Zielgruppen (empirische Daten). Dabei sollen deren Ausdrucksmittel (Vermittlungsarten / Kommunikation) betrachtet werden.

Ziel der Dissertation ist eine kritische Bewertung der vorhandenen Stadtmarketingskonzepte und deren Integration in der Stadtentwicklung. Zudem werden Vorschläge für ein verbessertes Wechselspiel zwischen den beiden Disziplinen unterbreitet.

Für die Untersuchung sollen sowohl deutsche Metropolen bzw. Metropolregionen und deren Position im globalen Wettbewerb, als auch eine Auswahl deutscher Mittelstädte und deren Position im deutschen Standortvergleich heran gezogen werden. Über den Vergleich innerhalb der Stadtkategorien aber auch den Vergleich von Metropolen und Mittelstädten sollen Schlüsse über Erfolg und Effizienz der untersuchten Stadtmarketingstrategien gezogen werden.

Thesen und Fragen

Stadtmarketing wird von den Kommunen als Zauberwort gehandelt. Mit Hilfe aus der Ökonomie abgeleiteter Marketingformeln wollen sie fit gemacht werden für den nationalen und internationalen Wettbewerb. Es geht darum, Standortvorteile gegenüber Mitbewerbern zu erreichen u.a. durch die Erstellung von Stadtmarketingstrategien. Einige Städte, so wie München oder Hamburg, arbeiten schon an ihnen. München beschloss z.B. 1998 unter Stadtbaurätin Prof. Christiane Thalgott die Erarbeitung eines Stadtentwicklungskonzeptes, das heute unter dem Titel »Perspektive München«*2 erste Ergebnisse vorweisen kann. Andere haben den festen Vorsatz, eine Stadtmarketingstrategie zu erstellen: so hielt Dr. Lutz Trümper, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Magdeburg in der Stadtratssitzung vom 9.2.2006 fest: »Wo wir einen Schwerpunkt sehen … ist, dass wir an einer Marketingstrategie für die Stadt arbeiten müssen.«*3

Ob Stadtmarketing angesichts der erwähnten Problematik das richtige Planungsinstrument ist, hat bisher keine Kommune zweifelsfrei belegen können. Was genau unter dem Begriff Stadtmarketing zu verstehen ist, legt jede Kommune anders aus. Es gibt keine feste Definition und keine definierten Methoden. Je nach Größe und Bedeutung einer Stadt, aber auch nach den eigenen Visionen wird der Inhalt dieser Strategien unterschiedlich weit gefächert. So reicht manchen Kleinstädten die Konzentration auf den innerstädtischen Einzelhandel, andere widerum positionieren sich in einem nationalen oder internationalen Kontext und müssen daher vielfältigere Strategien erarbeiten.

Der Veränderungsdruck, dem die Stadtverantwortlichen ausgesetzt sind, darf nicht zu übereilten Handlungen führen, z.B. das Problemlösungen ausschließlich im Marketing (was z.T. noch mit bloßer Werbung gleich gestellt wird) gesehen werden. Vielmehr gilt es, vorhandene Potentiale einer Stadt zu finden, zu stärken und vor allem miteinander zu verknüpfen. Gleichzeitig muss man Planungs-, Entwicklungs- oder Verwaltungsdefizite aufdecken und sich ihnen offensiv stellen.

Bisherige Planungsmethoden haben sich durchaus bewährt. Aus diesem Grund sollten sie weiterhin in Strategieentwürfe einbezogen werden. Die Langfristigkeit gewisser bau- und sozialräumlicher Veränderungen verbietet geradezu kurzlebige Vermarktungsansätze, wenngleich aktuelle wirtschaftliche Veränderungen (siehe Verkauf der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Dresden an den Rentenfond »fortress« im März 2006)*4 scheinbar schnelle Erfolge aufweisen.

Ein wesentlicher Aspekt der Stadtentwicklung ist die Kommunikation aller Beteiligten untereinander. Da eine Entwicklungsstrategie eine Vielzahl unterschiedlicher Interessensvertreter berücksichtigen muss, gilt es, im Frühstadium einer Entwicklung alle Betroffenen einzubeziehen. Unterschiedliche Arten der Kommunikation sollten hierbei angewandt werden, die auf die entsprechende Situation angepasst werden müssen. Das Internet, als modernes Kommunikationsmittel reicht nicht aus, wenngleich sich e-Government*5 in den meisten Kommunen durchgesetzt hat. Bewährte Kommunikationswerkzeuge wie z.B. direkte Gespräche, Symposien und Diskussionsrunden, Printmaterialien sowie bewegte Bilder (Film, Fernsehen etc.) dürfen nicht vernachlässigt werden. Die Wahl der Kommunikationsmittel muss sich hierbei nach der Verhältnismäßigkeit zu den Inhalten richten.

Stadtmarketing ist eine komplexe Organisationsform, deren vielfältige Zielvorstellungen aufeinander abzustimmen sind. Dennoch kann die Methodik zu einem erweiterten Verständnis von Stadtplanung und -entwicklung beitragen.

Zusammengefasst ergeben sich folgende Fragestellungen für die Dissertationsarbeit:

  • Lässt sich eine allgemein gültige Definition des Begriffes Stadtmarketing treffen?
  • Lässt sich umfassender Kriterienkatalog für Inhalte und Methoden des Stadtmarketings erstellen?
  • Wie und von wem werden bislang Stadtmarketingkonzepte erarbeitet?
  • Wer und wie sollten sie erarbeitet werden?
  • Welche Methoden des Marketings werden heute angewandt, von denen die Entwicklungsprozesse der Städte profitieren können?
  • Welche Rolle spielen die bisherigen Stadtplanungsmethoden bei der Erarbeitung von Stadtmarketingkonzepten?
  • Welche Auswirkungen haben Stadtmarketingstrategien auf Stadtentwicklung?
  • Inwieweit spielen Stadtmarketing und Stadtentwicklungen zusammen?

Quellen

  • *1 vgl. Mensing, Mario / Sühl, Markus (1998), »Stadtmarketing«, in »Ansätze eines kooperativen Stadtmarketing, exemplarisch analysiert am Beispiel Hamburgs«, Zerres, Michael / Schilling Reiner (Hg.), Sozialökonomische Texte, Hochschule für Wirtschaft und Politik, Hamburg 
  • *2 vgl. Landeshauptstadt München, Referat für Stadtplanung und Bauordnung (Hg.) (2005), »Münchens Zukunft gestalten - PERSPEKTIVE MÜNCHEN - Strategien, Leitlinien, Projekte, Bericht der Stadtentwicklung 2005«, München
  • *3 vgl. Trümper, Dr. Lutz, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Magdeburg (2006), »Strategische Visionen für die Entwicklung der Landeshauptstadt Magdeburg / Aktuelle Debatte – Stadtratssitzung vom 9.2.2006«
  • *4 vgl. Sächsische Zeitung, 12.03.2006
  • *5 e-Government lässt sich durch im Internet / Intranet angebotenene kommunale Dienstleistung (Beratung, Betreuung und Informationsvermittlung) beschreiben, ausführliche Begriffsdefinitionen werden im Glossar aufgenommen