Liebe, Freundschaft, Sexualität. Theologische „Annäherungen“

- Theologischer Studientag für SuS im Nov 2018

Am 28. November 2018 fand zum zweiten Mal ein theologischer Studientag für Schüler_innen der Oberstufe statt, an dem bis zu 140 Schüler_innen von fünf verschiedenen Schulen (Friedrich-List-Schule, Max-Eyth-Schule, Engelsburg-Gymnasium in Kassel, Bergschule in Heiligenstadt, Rabanus-Maurus-Schule in Fulda) teilnahmen, universitäre Luft schnupperten und sich zu einem aktuellen theologischen Thema austauschen konnten.

Liebe, Freundschaft, Sexualität. Theologische „Annäherungen“, so lautete der Titel des Studientages. Ein zentrales biblisches Thema für den Studientag wurde gewählt, das zugleich ein fundamental menschliches ist. Gemeinsam wurden Erfahrungen gelingender und scheiternder, frohmachender und verletzender Liebes- und Freundschaftsbeziehungen theologisch reflektiert. Aus unterschiedlichen Perspektiven, d.h. von unterschiedlichen theologischen Disziplinen aus wurden zentrale Fragen gestellt: Welche Bedeutung hat dieses Thema für die Menschen heute? Wie kann man heute dieses Thema, also die selbst erlebten, in christlichen Quellen vorgefundenen oder in der gegenwärtigen Gesellschaft existierenden Formen von Freundschaft und Liebe christlich deuten, verstehen, reflektieren und gestalten?

Als Auftakt des Studientages stand der Vortrag der Professorin für Altes Testament, Prof. Dr. Ilse Müllner, mit dem Titel „Stark wie der Tod ist die Liebe." (Hohelied 8,6) Liebe, Begehren und Sexualität im Alten Testament“. Eindrucksvoll wurde hier ein fundierter Überblick gegeben, inwiefern dieses Thema bereits in diversen biblischen Büchern kontrovers und vielfältig bearbeitet wurde. Viele Erzählungen in der Genesis und den Samuelbüchern (Jakob und Rahel, David und Jonatan, Rut und Noomi) handeln von Liebe und Freundschaft, von glückenden und dramatischen Beziehungen. Vorgestellt wurden die Texte des Hohelieds, eine Sammlung von zärtlichen, teilweise explizit erotischen Liebesliedern, in denen das Suchen und Finden, das Sehnen und gegenseitige Lobpreisen zweier Liebender geschildert wird. Neben der Auseinandersetzung mit der im Alten Orient selbstverständlichen Polygamie und mit der Institution der Ehe, die vorwiegend als Versorgungsinstitution zu denken ist, wurden auch Texte angesprochen, die die zerstörerischen Seiten von Sexualität behandeln, etwa sexualisierte Gewalt (Batseba und David). Vom Alten Testament können wir vor allem eine große Offenheit im Umgang mit den Themen Liebe, Begehren, Sexualität lernen, in der Körperlichkeit ein Bereich ist, der ebenso wie andere Felder des Alltags ein Ort der gelebten Gottesbeziehung ist. Es folgte eine interessante Zeit für Nachfragen und Diskussion.

Anschließend hatten die Schüler_innen die Gelegenheit, zwei hintereinander geschaltete Workshops zu besuchen, in denen exemplarisch zwei Themen vertieft wurden. Neun verschiedene Workshops zu den vielfältigen Anknüpfungspunkten, die das Thema bietet, wurden von wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen, Studierenden und Referendar_innen vorbereitet und durchgeführt:

W1 Selbstliebe – Nächstenliebe – Gottesliebe. Wie steht’s bei dir mit der Balance?

W2 In Love with Alexa®. Virtuelle Liebe im Jahr 2025

W3 Erwartungen an Liebe und Freundschaft. Ist da jemand, der mein Herz versteht?

W4 Aristoteles meets Spongebob. Freundschaft früher & heute

W5 Prostitution: gekaufte Liebe?!

W6 „Größer als alles aber ist die Liebe“. Gleichgeschlechtliche Liebe und Katholische Kirche (am Beispiel der Causa Wucherpfennig)

W7 #MeToo: Was hat sexualisierte Gewalt mit der Bibel zu tun?

W8 Let’s try it again. Medien, Macht und Beziehungs-Spiele

W9 Theologie intensiv: Verbotene Liebe - Die Kirche und der Zölibat

Der Studientag ist eingebunden in das interdisziplinäre Forschungsprojekt PRONET im Rahmen der gemeinsamen Qualitätsoffensive Lehrerbildung von Bund und Ländern. Die hier angebotenen Lernsituationen für Schüler_innen zeichneten sich durch einen interdisziplinären Zugang aus, indem das aktuelle theologisch und gesellschaftlich relevante Thema Freundschaft, Liebe, Sexualität aus unterschiedlichen theologischen Disziplinen und wissenschaftlichen Perspektiven betrachtet und reflektiert wurde. Zudem war das Erproben von Unterrichtssituationen durch Studierende und Referendar_innen im Rahmen der selbst geleiteten Workshops mit Schüler_innen ein großer Kompetenzgewinn mit Blick auf ihre zukünftige Berufspraxis.

Der theologische Studientag für Schülerinnen und Schüler ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen Ausbilder_innen für die zweite Phase der Lehrerausbildung (Frau Strecha und Herr Dr. Müller) und Dozent_innen der Universität Kassel (Dr. Bertram, Herr Sola Requena, Herr Schlehahn, Prof. Annegret Reese-Schnitker). Dieses Jahr war der Studientag zudem vernetzt mit einem Kooperationsseminar des Kollegen Prof. Dr. Markus Tomberg und Theologiestudierenden der Universität Marburg.