Projektbeschreibung

Die Bedeutung und Diffusion von Institutionen in verbundenen Innovationssystemen

Wissenschaftliche und anwendungsorientierte Ziele des Projekts

Nachhaltiges Wirtschaften setzt nachhaltige Innovationen und als Bedingung dafür nach­hal­tige Innovationssysteme (IS) voraus. Die Funktionsweise von IS, also geographisch, sektoral oder technologisch definierte Zusammenhänge von innovierenden Akteuren und den sie be­einflussenden Interaktionen, ist durch eine Vielzahl von formellen und informellen Institutio­nen (Verhaltensregeln und -regelmäßigkeiten mit normativem Anspruch) geprägt, die dann auch ihre Nachhaltigkeit und die Nachhaltigkeit der in ihnen entstehenden Innovationen steu­ern. Institutionen können den Raum möglicher Handlungsalternativen erweitern und begrenzen, sowie Anreize für bestimmte Teilmengen bieten. Sie reduzieren Unsicherheit, koordinieren Verhal­tens­wei­sen, helfen bei Problemlösungen und setzen auch Anreize, bestimmte Handlungen (auch nach Innovationen suchende) durchzuführen oder zu unterlassen. Damit wird nachhal­tiges Wirtschaften neben staatlichen Anreizmechanismen in Form von rechtlichen Rahmenbedin­gungen und fiskalischen Steuerungsmechanismen wesentlich durch gesellschaftliche Normen bestimmt, welche die Prozesse in den IS beeinflussen. Trotz dieser Bedeutung gibt es bislang nur wenige Vorschläge, wie Analysen zur Rolle von Institutionen in IS strukturiert sein könnten, und entsprechend noch weniger durchgeführte systematische, empirisch gestützte Untersuchungen und darauf aufbauende mathematische Modellierungen der Bedeutung und der Diffusion von Institutionen in nachhaltigkeitsrelevanten IS.

Methodik

Im Rahmen des Projekts sollen deshalb Forschungsansätze zur Analyse von Institutionen in IS, welche eher empirisch geprägt sind, mit  theoretischen ökonomischen Methoden einschließlich der formalen Modellierung kombiniert werden. Auf der theoretischen Seite wird einerseits eine Anpassung von Theorien zur Herausbildung von Institutionen innerhalb von räumlichen und kontextualen IS an die Besonderheiten nachhaltiger IS vorgenommen. Eine Besonderheit besteht bspw. in der Dichotomie aus notwendiger Stabilität und Flexibilität involvierter Institutionen. Andererseits wird ein politökonomisches Modell als wissenschaftlicher Erkenntnisbeitrag entwickelt, das die erwähnten Wechselwirkungen abbildet. Das Modell ist gestützt auf sich gegenseitig ergänzende Elemente der Evolutionsökonomik (insbes. Theorien der kulturellen Evolution), der evolutorischen Spieltheorie (auf Konventionen und Normen bezogene Modelle) sowie der Rechtsökonomik (Rückkopplungen zwischen Recht und sozialen Normen) und wird die Dynamik der Anpassungen in den Mittelpunkt stellen. Ein solches relativ abstraktes Modell kann genutzt werden, um in konkreten Anwendungsfällen nach empirischer Unterfütterung und Kalibrierung zu untersuchen, wie sich Institutionen und Verhalten in IS in Abhängigkeit von sozialen und rechtlichen Rahmenbedingungen entwickeln. Daraus können Schlussfolgerungen für die Wirkung von politischen Maßnahmen abgeleitet werden. Sowohl zum Zweck der Kalibrierung als auch zur empirischen Überprüfung von Hypothesen zur Bedeutung und Diffusion von Institutionen in IS, welche aus der Theorie und aus der vorliegender Empirie abgeleitet werden, werden auf verschiedenen Wegen Primärdaten für das Beispiel zweier konkreter nachhaltiger IS (Elektromobilität und Windenergie) erhoben. Erstens werden Daten aus der Auswertung und ggf. der Kombination vorhandenen statistischen Datenmaterials aus themenspezifische Studien gewonnen. Zweitens werden Befragungen im Rahmen von ca. 40 strukturierten Experteninterviews in beiden Anwendungsbereichen durchgeführt (Einzelinterviews und Gespräche in kleinen Gruppen, um durch gegenseitige, schnelle Rückkopplungen zusätzliche Erkenntnisse zu sammeln). Die Systematisierung der Ergebnisse arbeitet u.a. die Wirkung auf spezifische Funktionen des IS, die betroffenen Teilsysteme und deren Interaktion, die Bedeutung der Institutionen für die Entwicklungsfähigkeit sowie die Verbreitung der Institutionen heraus.

Drittens wird mit Hilfe einer Medieninhaltsanalyse die Berichterstattung über die beiden Schwerpunkte in Bezug auf die ausgewählten Institutionen und deren Diffusionsprozesse nachgezeichnet. Die beiden Fallstudien helfen dabei, sowohl regionale als auch sektorale Diffusionen empirisch zu identifizieren. Für die regionale Analyse werden Regional- und Lokalzeitungen nach drei Kriterien (besondere Betroffenheit, Verstädterungsgrad und Einkommen pro Kopf) systematisch ausgewählt und analysiert. Übergänge zwischen den Regionen werden identifiziert, indem Quellen der Beiträge und zitierte Akteure erfasst werden. Sektorale Diffusionsprozesse lassen sich durch den Einbezug von einschlägigen Fachmedien und Verbandspublikationen, also z.B. von Publikationen des Verbandes der Automobilindustrie, von verschiedenen Umweltschutzvereinigungen und der Zulieferindustrie, herausarbeiten. Neben der allgemeinen Diffusion können hierbei auch thematische Schwerpunkte und kontroverse Diskussionen in die Untersuchung einbezogen werden, welche Anhaltspunkte für z.B. konfligierende Institutionen liefern.