Privatheitswahrendes und rechtskonformes Eye-Tracking im digitalen Alltag (PRETINA)

Bis vor wenigen Jahren wurde die Technologie rund um die technikbasierte Blickerfassung (sog. Eye-Tracking) vor allem für bestimmte Anwendungsbereiche wie der Marktforschung oder der Medizin eingesetzt, wobei die ersten Ansätze bereits bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts zurückzuverfolgen sind. Mit den fortschreitenden technologischen Entwicklungen und Möglichkeiten, insbesondere im Bereich der Kamerasensorik und den für die Analyse zuständigen Algorithmen, verändert sich das mögliche Einsatzspektrum jedoch zunehmend. So interessiert sich vermehrt die Unterhaltungsbranche für den Einsatz von Eye-Tracking, etwa bei sogenannten Head Mounted Displays (Oberbegriff für Datenbrillen, Mixed- oder Virtual Reality Headsets). Mittels dieser Technologie soll die Immersion auf den Nutzer erhöht werden sowie die Ausführung des Spiels, beispielsweise durch eine zielgerichtete Anpassung der Grafikdarstellung anhand der Blickrichtung (sog. Foveated Rendering), verbessert werden.

Diese Entwicklung ist jedoch mit Risiken verbunden und daher kritisch zu betrachten. Anhand der im Wege des Eye-Trackings erhobenen Daten ist es mittels der heutzutage zur Verfügung stehenden Analysetechnologien möglich, Rückschlüsse über eine Person im Hinblick auf ihr Verhalten, ihre Absichten oder ihren Gesundheitszustand zu ziehen. Dies bedeutet neben der Offenbarung von mitunter höchst intimen Informationen zugleich auch die Gefahr, dass diese gegen die Person zur Verhaltensmanipulation bzw. -beeinflussung verwendet werden könnten.

Ziel des Verbundprojektes „PRETINA“ ist es, konkrete Praxisempfehlungen für einen privatheitswahrenden und rechtssicheren Einsatz von Eye-Tracking durch Entwicklerinnen und Entwickler für Anwenderinnen und Anwender bereitzustellen. Hierzu werden die Technikfolgen, mögliche Privatheitsgefährdungen und die Wahrnehmung von Nutzern ganzheitlich untersucht. Gleichzeitig sollen aus den gewonnen Erkenntnissen Kriterien für einen rechtskonformen und gesellschaftsverträglichen Einsatz von Eye-Tracking abgeleitet werden, mithilfe derer schließlich konkrete technische Lösungsansätze erarbeitet werden.

Die Forschungsergebnisse sollen dazu beitragen, Anwender bei der Nutzung von Eye-Tracking zu schützen wie auch Entwickler von Eye-Tracking-Anwendungen dabei unterstützen, ihre ethische, rechtliche und soziale Verantwortung wahrzunehmen und den notwendigen Datenschutz technisch adäquat umzusetzen. Die entwickelten Leitlinien sollen Unternehmen schließlich befähigen, Technologien und Produkte mit Eye-Tracking anzubieten, welche Datenwertschöpfung und fortschrittliche Geschäftsmodelle mit effektivem Privatheitsschutz verbinden.

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit insgesamt 1,83 Mio. € gefördert. Die Laufzeit beträgt drei Jahre (08/2024 – 07/2027).

Verbundpartner:

  • Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), Karlsruhe (Koordination)
  • Universität Tübingen – Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften
  • Blickshift GmbH, Stuttgart
  • Universität Stuttgart – Institut für Visualisierung und interaktive Systeme – Abteilung Mensch-Computer-Interaktion und kognitive Systeme
  • Universität Kassel – Fachgebiet Öffentliches Recht, Projektgruppe verfassungsverträgliche Technikgestaltung (provet)

Weitere Informationen finden Sie auf den Internetseiten der Universität Tübingen sowie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

Projektinfos

Finanzierung:
Bundesministerium für Bildung und Forschung

Laufzeit:
August 2024 - Juli 2027

Projektverantwortlicher:
Priv.-Doz. Dr. Christian Geminn

Ansprechpartner:
Aljoscha Schörnig