Computerelektronik und -photonik

Integrierte Mikrostrukturen zur markierungsfreien Abfrage der Konformationsdynamik von Proteinen durch plasmonenverstärkte THz-Spektroskopie

Die Erkennung und Hochdurchsatzabfrage von Proteinfunktionalität ist zu einem Schlüsselwerkzeug für die moderne Arzneimittelforschung und medizinische Diagnostik geworden. Es wurde eine Vielzahl von oberflächenbasierten Plattformen entwickelt, die parallelisierte Sensing-Assays ermöglichen. Neben der üblichen Fluoreszenzdetektion sind markierungsfreie Techniken zu einer attraktiven Alternative für den Nachweis biomolekularer Wechselwirkungen geworden. Zum Beispiel kann die Refraktometrie im sichtbaren und nahen infraroten (IR) Spektralbereich die Proteinbindung quantifizieren. Bei Wellenlängen im IR und darüber enthält der spektroskopische "Fingerabdruck" reiche Informationen über die Proteinstruktur und ihre Bestandteile. Eine drängende Frage nach der Funktionalität von Proteinen ist deren konformationelle Organisation. Absorptionsspektren bei THz-Frequenzen im Bereich von 0,1-2,0 THz zeigen Signaturen von kollektiven Schwingungsmoden des Proteins und Wasserstoffbrückenbindungen, die direkt mit der Konformationsstruktur des Proteins verknüpft sind. Aktuelle THz-Spektroskopie-Messungen erfordern jedoch erhebliche Mengen an Protein mit mehreren Milligramm bei millimolaren Konzentrationen und können daher die Mechanismen auf zellulärer Ebene nicht aufdecken.

In einer interdisziplinären Zusammenarbeit wollen wir einen Sensor entwickeln, der diese Einschränkungen überwindet und letztlich markierungsfreie THz-Spektren von wenigen Proteinmolekülen mit hohem Durchsatz und höchsten Empfindlichkeiten ermöglicht. Dies geschieht durch eine plasmonische Antenne mit selektiv abgeschiedenen Proteinen [1] mit Nanometerpräzision in wässriger Umgebung. Die Antennen werden unter Verwendung von hochdotiertem Germanium (Ge) auf Silizium (Si) mit CMOS-kompatibler Halbleiterverarbeitungstechnologie hergestellt [2].

Der Beitrag der CEP-Gruppe besteht aus einer Machbarkeitsstudie und dem Entwurf des eigentlichen Sensors auf Basis von Theorie und Berechnungsmethoden [3]. Ausgehend von der genauen Bestimmung der (komplexen) dielektrischen Permittivitätsfunktion für dotierte Halbleiter bei THz-Frequenzen wird die Wechselwirkung der belasteten und unbelasteten Sensorgeometrie mit elektromagnetischer Strahlung berechnet. Dies geschieht mit einer vollständig dreidimensionalen realistischen Geometrie der Struktur, die Merkmale des Halbleiterprozesses wie Dotierungsvariationen, Oberflächenrauhigkeit und Kantenschärfe einschließt. Abb. 1 zeigt einen Plot einer solchen Geometrie.

Abbildung 1: links: Sensorgeometrie (Viertelteil) mit Finite-Elemente-Diskretisierung, Mitte: Bowtie-Antennen-Simulationsmodell, rechts: berechnete Feldstärke eines Viertels der Struktur

Ein wesentliches Ergebnis der Designstudie ist in Abb. 2 dargestellt: Bei richtiger Wahl der Materialdotierung und der Sensorabmessungen wird die elektromagnetische Feldstärke in einem 1 m-Spalt der Antenne um den Faktor 8000 erhöht, bei einer Frequenz von 0,5 THz, was eine starke Fokussierung der Strahlung auf einer Subwellenlängenskala ermöglicht.

Abbildung 2: links: Verstärkung der Feldintensität im Sensorspalt für Ge (rot) und Au (blau) Antennenmaterial (Berechnung). rechts: Verschiebung der Antennenresonanzfrequenz beim Aufbringen von 20nm dickem Biomaterial auf die Ge-Seitenwand im Antennenspalt (Berechnung).

Die rechte Abbildung 2 zeigt die Verschiebung der Resonanzfrequenz des Sensors (hier: 0,5 THz), wenn die Seitenwand des Antennenspalts zwischen den Armen mit Biomaterial von 20 nm Dicke beschichtet wird. Die horizontale Achse ist die Änderung von Real- und Imaginärteil durch das abgeschiedene Material. Als Fazit lässt sich feststellen, dass mit dem Sensorkonzept hochempfindliche THz-Spektroskopie auf Submikrometer dicken Bio-Folien realisiert werden kann. Erste experimentelle Implementierungen zeigen eine hervorragende Übereinstimmung mit den theoretischen Vorhersagen zur THz-Charakterisierung.

Danksagung: Diese Arbeit wurde in Zusammenarbeit mit dem IHP, Frankfurt/Oder und dem Fachbereich Biologie/Chemie der Universität Osnabrück durchgeführt und wurde teilweise von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Projekts ESSENCE SPP1857 (Electromagnetic Sensors for the Life Sciences) gefördert.

Referenzen

  1. Kazmierczak, M., Flesch, J., Mitzloff, J., Capellini, G., Klesse, W. M., Skibitzki, O., You, C., Bettenhausen, M., Witzigmann, B., Piehler, J., Schroeder, T., and Guha, S., ' Stable and selective self-assembly of α- lipoic acid on Ge(001) for biomolecule immobilization', Journal of Applied Physics 123, 175305 (2018); doi: 10.1063/1.5022532
  2. M. Bettenhausen, F. Römer, B. Witzigmann, et al. (2018). Germanium Plasmon Enhanced Resonators for Label-Free Terahertz Protein Sensing. Frequenz, 72(3-4), pp. 113-122
  3. M. Bettenhausen, S. Grüßing, E. Hard, J. Flesch, F. Römer, C. Chavarin, W. Klesse, C. You, J. Piehler, G. Capellini, and B. Witzigmann, 'Impedance matching of Terahertz Plasmonic Antennas', International Journal of Infrared and Millimeter Waves doi.org/10.1007/s10762-019-00613-0

Prof. Dr. Bernd Witzigmann

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