Forschungsprojekte

Laufende Projekte

Der (Rückwärts-)Testeffekt besagt, dass das testbasierte Abruf-Üben nach dem ersten Lernen von Information effektiver ist als andere Wiederholungstechniken. Dieser Effekt gehört zu den am besten erforschten Erkenntnissen über langfristiges Lernen und wurde sowohl in Labor- als auch in Unterrichtsstudien gefunden. Mit komplexeren Materialien ist Testung jedoch möglicherweise nicht unbedingt von Vorteil, was einige Studien aufwerfen. Sollte diese Annahme zutreffen, wäre die direkte Übertragung einer Anwendbarkeit in der Schul- und Hochschulbildung eindeutig beeinträchtigt. Umgekehrt würde eine voreilige Verurteilung der Abrufpraxis dazu führen, dass Lernenden eine der wirksamsten Techniken für nachhaltiges Lernen vorenthalten wird, insbesondere den Schülerinnen und Schülern der Oberstufe und den Studierenden in der Hochschulausbildung, die in der Regel komplexere Inhalte lernen. Wir testen die alternative Erklärung bezüglich des Nichtauftretens des Testungseffektes mit komplexen Materialien, dass die Lernenden den Lernstoff zu Beginn der Konsolidierungsphase noch nicht ausreichend verstanden hatten, was zu weniger effektiven Abrufübungen führte als bei weniger komplexen Materialien. Wir gehen also davon aus, dass der Testeffekt auch bei komplexem Lernmaterial auftritt, wenn die Lernenden den Lernstoff in der ersten Lernphase hinreichend verstehen. Wir planen zwei Reihen von Feldexperimenten und ein zusätzliches gemeinsames Experiment, das im Deutschunterricht der elften Jahrgangsstufe durchgeführt wird.

PIs: Ralf Rummer, Judith Schweppe

Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Luise Ende

Laufzeit: 2022–2026

TBA

PIs: Anita Körner, Ralf Rummer

Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen: Charlotte Löffler, Saru Parajuli

Laufzeit: 2023–2026

Abgeschlossene Projekte

Das Arbeitsprogramm des gegenwärtigen Forschungsprojekts war zweigeteilt. Auf methodischer Ebene zielte es auf die Einrichtung eines vollumfänglichen, technisch aktuellen EEG-Labors im Institut für Psychologie der Universität Kassel ab. Zu diesem Zweck wurde ein leistungsstarkes Forschungs-EEG-System, zusammen mit mehreren schalldämpfenden Testungskabinen, in einem neu renovierten Laborraum installiert. Das Projekt umfasste die Erstellung, kritische Überprüfung und Optimierung von detaillierten Datenerhebungsprotokollen sowie die praktische Einarbeitung qualifizierter studentischer Hilfskräfte und die Sicherstellung der erforderlichen ethischen Genehmigungen. Diese Maßnahmen wurden anschließend im Kontext mehrerer EEG-Studien, die bis dato erfolgreich im eingerichteten Forschungslabor durchgeführt worden sind, erprobt. Auf inhaltlicher Ebene beschäftigte sich das Projekt mit der EEG-basierten Untersuchung von lautsymbolischen Assoziationen im menschlichen Gehirn und zielte somit auf die neuronale Grundlage eines historisch umstrittenen Prinzips der Organisation von menschlicher Sprache ab. In einer fortlaufenden Serie von Experimenten analysier(t)en wir die neuronale Verarbeitung von lautsymbolisch übereinstimmenden (vs. gegenläufigen) Objekt-Laut-Paaren, betreffend zum Beispiel die Paarung zwischen verschiedenen Produktkategorien und verschiedenen fiktionalen Markennamen (Glim & Hillje, in Vorbereitung). Im Einklang mit unseren Hypothesen zeigte sich (bislang), dass Informationen, die lautsymbolischen Prinzipien folgten, mit einer Erleichterung der neuronalen Verarbeitung assoziiert sind—ein Befund, der nahelegt, dass das Konzept der Lautsymbolik tief im menschlichen Gehirn verankert ist, statt lediglich ein kurioses Nebenprodukt der Sprachevolution zu sein.

PI: Sarah Glim

Laufzeit: 2021–2022

Die grammatisch maskuline Form im Deutschen weist eine inhärente Ambiguität auf, da sie sich einerseits spezifisch auf männliche Personen und andererseits generisch auf Personen jeglichen Geschlechts beziehen kann. Verhaltensstudien haben nahegelegt, dass diese Doppelfunktion zu einem sogenannten Male Bias bei den erzeugten mentalen Repräsentationen führt. Die einem solchen Bias zugrunde liegenden neuro-kognitiven Mechanismen sind bisher jedoch unerforscht geblieben. In insgesamt drei EEG-EKP-Studien (Glim et al., 2023a, 2023b, 2024) haben wir die neuronale Verarbeitung von anaphorischen Referenzen auf Männer versus Frauen nach einem Rollennomen in einer von mehreren verschiedenen Geschlechtsformen im Deutschen untersucht. Die erhobenen Daten haben gezeigt, dass das generische Maskulinum („Studenten“) zu wiederkehrenden Verarbeitungsschwierigkeiten führt, wenn auf weibliche (statt auf männliche) Personen Bezug genommen wird, sowohl während der frühen perzeptuellen Verarbeitung als auch während höhergeordneter Referenzauflösung. Zusätzlich haben wir demonstriert, dass weder die feminin–maskuline Paarform („Studentinnen und Studenten“) noch die Gendersternform („Student*innen“) geschlechtsbalancierte mentale Repräsentationen erzeugt, wobei beide Formen die neuronale Verarbeitung von Referenzen auf Männer (vs. Frauen) behindern, wenngleich in verschiedenen räumlich-zeitlichen Verarbeitungsbereichen. Das gegenwärtige Forschungsprojekt hat erstmalig umfassende neurophysiologische Daten zur Verarbeitung verschiedener Geschlechtsformen im Deutschen geliefert und auf diesem Weg dazu beigetragen, die laufende gesellschaftliche Debatte zu geschlechtergerechter Sprache auf eine belastbare empirische Basis zu stellen.

PIs: Holden Härtl, Ralf Rummer, Sarah Glim, Anita Körner

Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Sarah Glim

Laufzeit: 2022–2023