Vorbilder im religiösen Lernen
2. Religionspädagogisch-Theologischer Studientag
„Vorbilder im religiösen Lernen“ lautete 2015 der Titel des zweiten Religionspädagogisch-Theologischen Studientages am Institut für Katholische Theologie der Universität Kassel.
Ziele religiösen Lernens sind die Ausbildung eines mündigen Urteils zu religiösen Fragen und die Entscheidung für einen eigenen, eigenverantwortlichen (religiösen) Weg im Leben. Brauchen wir heute überhaupt Vorbilder beim religiösen Lernen, an denen wir uns orientieren, die uns bei der Suche nach einem eigenen Weg in der religiösen Entwicklung unterstützen? Welche eignen sich dafür und wie kann man Kinder und Jugendliche in der Gegenwart für Vorbilder begeistern? Anhand von zwei Hauptvorträgen wurde dieses zentrale Thema bearbeitet:
Prof. Dr. Hans Mendl von der Universität Passau fragte als Religionspädagoge, ob ein Prozess der Selbstbildung ohne die Orientierung an anderen Personen und Vorbildern gelingen kann. Er stellte konkrete religionspädagogische Modelle vor und beantwortete die Fragen, was attraktive religiöse Modelle sind und was diese zur Entwicklung eigenen Glaubens beitragen können.
Prof. Dr. Ursula Rapp vom Institut für Religionspädagogische Bildung Feldkirch in Österreich bearbeitete als Alttestamentlerin biblische Texte zur Figur der Miriam und zeigte die darin enthaltenen vielfältigen und spannungsreichen Aussagen auf. Nach den kompakten Vorträgen schloss sich eine kontroverse Diskussion an, ob und inwiefern die Orientierung an Vorbildern für heutige Menschen in religiöser Hinsicht gewinnbringend erlebt wird.
Anschließend wurde das Thema in verschiedenen Workshops intensiv bearbeitet und auf die Schulpraxis hin konkretisiert. Unter dem Titel „Vorbilder? Ganz nah dran… - Auf der Suche nach „local heroes“ präsentierte Jesus Sola Requena, Religionslehrer an der Freiherr-vom-Stein-Schule in Hessisch Lichtenau und Pädagogischer Mitarbeiter am Institut, mit seinen Schüler*innen gemeinsam die Unterrichtsergebnisse und reflektierte den jeweiligen Lerngewinn. Dr. Martin Pujiula, Religionslehrer an der König-Heinrich-Schule in Fritzlar, gab Einblicke in eigene Unterrichtskonzeptionen zum Thema „Vorbilder - Wegweiser zu sich selbst“. Vertretungsprofessor Dr. theol. Thomas Nauerth, Religionspädagoge aus Osnabrück, problematisierte in seinem Workshop die Funktion von fiktiven Vorbildern in literarischen Werken mit dem Titel „Wie funktionieren fiktive Vorbilder? Über Kinder-, Jugend- und andere Literatur“. Mit zeitgenössischen Bildern zum Kreuzweg arbeitete Dr. Viera Pirker, Bildungsreferentin am Pädagogischen Zentrum für Bistümer im Lande Hessen in Wiesbaden, zum Thema „Der Kreuzweg - Lernen am größten Vorbild“.
Gerahmt wurde der Studientag durch die Eröffnung und Präsentation der Wanderausstellung „Local Heroes“, die im Wintersemester 2015/16 im Gebäude der theologischen Institute in der Diagonale 9 zu Gast war. Die an der Universität Passau konzipierte Ausstellung wendete sich den „kleinen“ Heiligen „von nebenan“ zu, die sie exemplarisch porträtierte und damit ein konkretes Beispiel für das Lernen an Vorbildern gab.
Mit fast 120 Teilnehmer*innen, neben Studierenden auch Religionslehrer*innen, Referendar*innen und Fachleiter*innen für Religion, war die Resonanz auf diesen Studientag unerwartet groß. Für die Hauptvorträge war es daher erforderlich, einen größeren Vorlesungsraum aufzusuchen.
Die Veranstaltung, die der Kooperation der drei Phasen der Lehrer*innenbildung diente, kann rundum als Erfolg gewertet werden. In den Pausen bestand die Gelegenheit für Studierende, Referendar*innen und Religionslehrer*innen, sich fachlich und persönlich auszutauschen. Für die einen eine Gelegenheit, wieder mal etwas „Uni-Luft“ zu schnuppern, für die anderen die Chance, ins Gespräch mit bereits im Berufsleben stehenden Religionslehrer*innen zu treten. Dazu boten die fachlichen Beiträge die Möglichkeit, sich theologisch und religionspädagogisch kompetent aus- bzw. fortbilden zu lassen.