Forschung

Forschungsschwerpunkte

Mirja Kutzer


  • Theologische Anthropologie
  • Theologische Erkenntnislehre
  • Kulturwissenschaftliche Methoden/Kategorien in der Systematischen Theologie
  • Theologie und Literatur
  • Feministisch-Systematische Theologie und Genderforschung
  • Theologie der Liebe

Mareike Schlehahn


  • Emotionen in der theologischen Ethik

Johannes Thüne


  • ‚Mystische‘ Theologie
  • Theologiegeschichte

Betreute Promotionen

Laufend

Mareike Schlehahn: Wer urteilt, lässt seine Emotionen schweigen? Zur Relevanz einer aktuellen moralphilosophischen Debatte für die theologische Ethik
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Lisa Thiel: Taufe von Unmündigen? Die Säuglingstaufe im Ökumenischen Dialog und in der Theologie
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Johannes Thüne: ‚Mystische‘ Theologie in Epigrammen. Zum theologischen Denksystem von Angelus Silesius

Abgeschlossen

Manuel Raabe: "God Was Never on Your Side!" Gottesbilder und Religionskritik in der Rock- und Metal-Musik - eingereicht im August 2018
Rigorosum am 9. Mai 2019

Forschungsseminare

Feministische Theologie war immer mehr als eine Theologie von Frauen für Frauen. Ausgehend von den konkreten Erfahrungen von Menschen und insbesondere von Frauen ging es feministisch bewegten Theologinnen von Anfang an darum, oft strikt gezogene Grenzen durchlässig zu machen: zwischen Wissenschaft und gesellschaftlicher Praxis, zwischen abstraktem Denken und Spiritualität, zwischen theologischem Fachjargon und Alltagssprache, zwischen Mensch und Natur. Die Frucht dessen sind Theologien, die das konkrete, alltägliche Leben in den Blick nehmen und dabei die Nagelprobe machen: Was bewirken Glaube und Theologie im Leben von Menschen?

Mit Theologinnen wie der Niederländerin Maaike de Haardt, der US-Amerikanerin Elizabeth Johnson oder der aus Brasilien stammenden Marcella Althaus-Reid widmet sich das Forschungsseminar herausragenden feministischen Theologinnen aus verschiedenen Teilen der Erde.

„Heilige Zeiten“ – systematisch-theologische Perspektiven

Religionen strukturieren Zeitlichkeit. Sie rhythmisieren den Verlauf von Tagen und Jahren, schaffen Unterbrechungen oder normieren das generelle Verhältnis zu Zeit – etwa indem sie Zeit mit der Erwartung eines einbrechenden Endes unter Spannung setzen oder irdische Zeit als vorläufig und Zeit eines Übergangs charakterisieren. Die christlichen Zugänge zu Zeitlichkeit stehen heute im Kontrast zu einer gegenwärtig dominant gewordenen Zeitauffassung, wonach Zeit auf einem linearen Zeitstrahl immer weiterläuft, ökonomisch verfügbar ist und jegliches Geschehen an Bedeutung verliert, weil es irgendwann einfach „vorbei“ ist. Das Seminar behandelt aus systematisch-theologischer Perspektive verschiedene Konzeptionen von Zeitlichkeit primär des Christentums, aber auch aus Judentum und Islam. Das Seminar integriert mehrere Gastvorträge, die auch im Rahmen der Ringvorlesung „Heilige Zeiten“ gesondert besucht werden können.

Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit – zur (theologischen) Verbindung zweier Dimensionen

Seit dem berühmten Artikel von Lynn T. White The historical roots of our ecological crisis aus dem Jahr 1966 wird das Christentum in seiner Auslegung der Bibel wesentlich mitverantwortlich gemacht für die ökologische Krise. Es ist nicht allein der Herrschaftsauftrag aus Gen 1,28, der ihm zur Last gelegt wird. Noch weit grundlegender ist es die Rede vom Menschen als der Krone der Schöpfung und eine daraus abgeleitete Anthropozentrik, die die Natur als ein Gegenüber konstruiert und die Verbindung zwischen Mensch und ihn umgebender Welt grundlegend durchtrennt habe. Mit weitreichenden Folgen. Wenn das Christentum nun derart verantwortlich gemacht wird für die ökologische Krise – kann es dann auch zu ihrer Überwindung beitragen?

Hier gilt es nicht nur, an Traditionen des Christlichen anzuknüpfen, die eine Interdependenz von Schöpfung und Mensch anzeigen und auf die sich aktuell neu besonnen wird. Zentral ist hier vor allem die Bindung von Nachhaltigkeit an Gerechtigkeit und die Ermöglichung von Lebensmöglichkeiten. Darin erschließt sich das Thema Nachhaltigkeit theologisch aus einer Perspektive, die die Documenta 15 mit dem Konzepttitel Lumbung ins Zentrum rückt. Die Begegnung mit zeitgenössischer Kunst ist dabei als locus theologicus zu begreifen. Sie ist ein Ort, an dem sich eingeübte Seh- und Denkgewohnheiten verlernen und Sensibilitäten neu gewinnen lassen, um von dort einen neuen Blick auf die christlichen Traditionen zu gewinnen. Umgekehrt sind auch die Debatten um Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit durchzogen von religiöser Motivik, und die geplante Ausstellung in der Elisabethkirche ist ein Paradebeispiel dieses Interchanges.

Im Seminar sollen Studierende vermittels der Erarbeitung und Diskussion einschlägiger theologischer Positionen sowie der Auseinandersetzung mit konkreten Kunstwerken für die Verbindungen von Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit sensibilisiert werden. Ziel ist die Befähigung, aktuelle Nachhaltigkeitsdebatten ebenso kritisch zu bewerten wie einen genuin theologischen Beitrag argumentieren zu können.

Zeit und Gerechtigkeit

Der Zusammenhang zwischen den Auffassungen von Zeit und Gerechtigkeit lässt sich mit ein paar Fragen verdeutlichen: Wie ernst nimmt man Unrecht, wenn die Zeit einfach voranschreitet, bis alles Getane und Erlittene im Vergessen versinkt? Wie schwer wiegen dagegen die Beziehungen und Handlungen, wenn alles immer wiederkehren würde? Wie dringlich schließlich erscheint die Arbeit für Gerechtigkeit, wenn sie von einer jenseitigen Zukunft erwartet wird? Angesichts der Rückwirkungen der Konzeptionen von Zeit auf die Interpretation von Welt und Handeln in ihr hat insbesondere die Neue Politische Theologie und namentlich Johann Baptist Metz die neuzeitlich dominant gewordene Auffassung einer linearen Zeit ohne Frist kritisiert und sie mit den biblischen Konzeptionen einer befristeten, ja apokalyptischen Zeit kontrastiert, die Erinnerung und Einspruch erfordern.

Das Forschungsseminar beschäftigt sich mit Zeitkonzeptionen aus Philosophie und Theologie, u.a. Walter Benjamin, Giorgio Agamben, Johann Baptist Metz und Kurt Appel. Es besteht überdies die Möglichkeit, laufende Qualifikationsarbeiten vorzustellen und zu diskutieren.

Jacques Dupuis - eine christliche Theologie des religiösen Pluralismus

Die Frage nach der theologischen Anerkennung nichtchristlicher Religionen gehört zu den aktuell drängenden Fragen. Die „Theologie der Religionen“, die dieses Thema bearbeitet, scheint aktuell allerdings zu einer Art Stillstand gekommen sein. Inklusivismus und Pluralismus markieren zwei Positionen, zwischen denen die Grenze von Rechtgläubigkeit und Häresie ausgemacht wird. Doch die Frage ist dabei keineswegs vom Tisch: Wäre eine tatsächliche Öffnung des Christentums gegenüber anderen Religionen denkbar, ohne Gefahr zu laufen, das genuin Christliche zu verlieren?

Der belgische Jesuit und Theologe Jacques Dupuis (1923-2004) hat Anstöße gegeben, deren Potentiale wenigstens im deutschsprachigen Raum erst langsam entdeckt werden. In seinem zentralen Werk Unterwegs zu einer christlichen Theologie des religiösen Pluralismus begreift er die Religionen als gottgewollten Reichtum, der nicht „ertragen“, sondern aus tiefster christlicher Überzeugung positiv bewertet werden muss.

Das Forschungsseminar widmet sich der Lektüre zentraler Abschnitte dieses Buches. 

Rassismus und Religion

Zu Beginn des neuen Jahrtausends ist in den westlichen, demokratischen Staaten eine „neue religiöse Intoleranz“ (Martha Nussbaum) auszumachen: Menschen erfahren persönliche oder institutionelle Diskriminierung bis hin zu körperlicher Gewalt aufgrund einer Religionszugehörigkeit, die sichtbar ist oder die ihnen auch nur zugeschrieben wird. Dabei ist die Zunahme an antisemitischen und antiislamistischen Straftaten auch in Deutschland nur die Spitze des Eisbergs. Grundlegender sind (kultur)rassistische Denkhaltungen, die den Angehörigen von Minderheitsreligionen bestimmte Eigenschaften zu- oder absprechen und daraus ein entsprechendes Verhalten ihnen gegenüber ableiten. Solche Denkhaltungen werden auch unter Bezugnahme auf „christliche Werte“ vertreten und finden sich auch in christlichen, etwa rechtskatholischen Kreisen bis hin zu ranghohen kirchlichen Amtsträgern. Das Forschungsseminar geht den grundlegenden Erscheinungsformen, Denkstrategien und Motiven des religiösen Rassismus nach, beleuchtet theoretische Erklärungsmodelle und diskutiert Gegenstrategien.

Gott erzählen - Narrative Theologie

Christliche Theologie muss eine erzählende Theologie sein. Denn nur eine erzählende Theologie koppelt sich nicht ab von den Ereignissen der Geschichte. Und nur die Erzählung ist fähig, auch die Erinnerung an deren Opfer wach zu halten. Mit diesen Thesen zu einer narrativen Theologie hatte sich der jüngst verstorbene Johann Baptist Metz gegen Formen systematischer Theologie gewandt, die den Gehalt des Christentums in die Zeitlosigkeit des Begriffs bzw. diskursiv verfasster Systeme zu überführen suchen. Aber sind erzählende Texte tatsächlich eine alternative theologische Denkform zur etablierten Diskursivität? Wie formen sie theologische Inhalte? Wie ist es zu bewerten, dass es sich bei dem überwiegenden Teil der biblischen Texte um (fiktionale) Erzählungen handelt? Und was sind Erzählungen überhaupt? Das Forschungsseminar setzt sich zur Beantwortung dieser Fragen mit theologischen Positionen zur narrativen Theologie, aber auch mit literaturwissenschaftlicher Narratologie und philosophischen Erzähltheorien auseinander und erprobt diese anhand von biblischen Texten.

(Geschlechter)Diversität und Gerechtigkeit

Die Lebenswelten heutiger Menschen, Kinder, Jugendlicher, Erwachsener sind (mehr oder weniger stark) durchdrungen von Diversität. Einige dieser Verschiedenheiten prägen das Zusammenleben seit je wie etwa eine durch die Zeiten hinweg unterschiedlich dramatisierte Differenz zwischen den Geschlechtern. Andere rücken durch das Zusammenwachsen der Kulturen in einer globalisierten, von Migration geprägten Welt und der Pluralisierung der Gesellschaft heute neu in den Blickpunkt.

Zum Thema der Theologie wird Diversität nicht zuletzt deshalb, weil damit unausweichlich die Frage nach Gerechtigkeit angesprochen ist: Denn Diversität stellt an Gerechtigkeit die Anforderung zu berücksichtigen, dass eben Gleiches nicht das Gleiche für Menschen in unterschiedlichen Situationen bedeutet. Dabei ist in einer theologischen Perspektive Diversität nicht von vornherein unproblematisch. Die theologische Tradition hat, in der Auseinandersetzung mit verschiedenen philosophischen Systemen, Diversität vor allem als Abweichen vom Wahren und Guten verstanden. Dies prägt bis heute die eher negative Einschätzung von Diversität – etwa in den Vorbehalten gegenüber von unterschiedlichen Lebensentwürfen (im Gegensatz zum klassischen Familienideal) oder dem beharrlichen Festhalten an Geschlechterstereotypen.

Im Oberseminar werden verschiedene philosophische und theologische Texte zur aktuellen Diskussion um Diversität behandelt, u.a. Homi Bhabha, Gayatri Spivak, Judith Butler, Papst Franziskus, Kwok Pui Lan, Mayra Rivera Rivera.

Begehren (appetitus, desiderium) ist eine Grundkategorie in der christlich-theologischen Rede vom Menschen. Der Mensch genügt sich nicht selbst. Er begehrt Dinge, andere Menschen, um ein Gefühl von Ganzheit, von Fülle, von Sinn zu erreichen. Letztlich, so beschreibt es die christliche Tradition spätestens seit Augustinus, findet der Mensch diese Erfüllung in Gott. Das Begehren, das mit dem sexuellen Begehren zu tun hat, aber umfassenderes meint, wird so zum Schlüssel der Gottesbeziehung.

Begehren spielt gegenwärtig aber auch in säkularen, psychoanalytisch inspirierten Philosophien und Kulturtheorien eine zentrale Rolle. Als permanente Suche nach Sinn macht Begehren den Menschen kulturproduktiv, lässt ihn nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten und Sinngebungen suchen. Das Seminar sucht nach Verbindungen zwischen den theologischen wie den philosophisch-kulturwissenschaftlichen Thematisierungen des Begehrens anhand einschlägiger Texte, u.a. Augustinus, Thomas von Aquin, Sigmund Freud, Julia Jacques Lacan, Gilles Deleuze.

Die Offenbarungskonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils Dei Verbum hat Offenbarung als Selbstmitteilung Gottes näher bestimmt. Gott teilt nicht in erster Linie etwas mit, also nicht oder zumindest nicht in erster Linie bestimmte Inhalte. Vielmehr bedeutet Offenbarung eine personale Begegnung. Diese Begegnung wiederum wird wesentlich über Texte vermittelt – die der Bibel, aber auch der theologischen und spirituellen Texte der Christentumsgeschichte. Wie aber kann vernünftig gedacht werden, dass in der Lektüre von Texten eine andere Person, dass Gott begegnet? Um dies plausibel zu machen, wird im Seminar Bezug genommen auf aktuelle Texttheorien und deren Anwendbarkeit auf theologische/biblische Texte diskutiert.

Die Frage nach dem Umgang mit dem Fremden gehört zu den zentralen Themen unserer Zeit. In einer globalisierten Welt bleibt der Fremde nicht „draußen“ und man selbst immer seltener „daheim“. Menschen, die einander als „anders“ empfinden und benennen, müssen Wege finden, mit- oder nebeneinander zu leben. Dabei erscheint der Fremde ebenso faszinierend wie bedrohlich. Auf befremdliche Weise, so notiert es die französische Philosophin und Psychoanalytikerin Julia Kristeva, ist der Fremde in uns selbst. Er ist die verborgene Seite unseres Selbst und verhindert, dass wir fixierbare Ich- oder Wir-Identitäten ausbilden. Schließlich zeigt sich Gott, biblisch vielfach belegt, als Fremder, in der Fremde. Wenn wir uns konsequent vom Fremden abschotten – wie dann Gott begegnen?
Das Forschungsseminar behandelt philosophische wie theologische Texte zum Fremden (u.a. Arendt, Camus, Kristeva, Spivak, Levinas, Appel). Vorausgesetzt ist die eigenständige Lektüre der Texte, die dann in den Sitzungen diskutiert werden.  

Die Phänomene der Macht stellen für die Theologie eine unausweichliche Herausforderung dar. Das Christentum organisiert ein Weltverhältnis. Es macht ein Orientierungsangebot für den Menschen, der nach Leitlinien seines Handelns sucht. Im Licht des Glaubens erscheinen Machtverhältnisse als legitim oder illegitim, erfahren Bestätigung oder Kritik. Als außerordentlich machtproduktiv wird dabei die Eigenart der monotheistischen Religionen wahrgenommen, sich auf ein Absolutes zu beziehen. Wie konkretisieren sich die Verbindungen zur Macht? Mit welchem Machtbegriff lässt sich ihnen auf die Spur kommen? Wie gehen verschiedene christliche Konfessionen mit dem Thema um? Das Seminar geht diesen Fragen anhand der Lektüre ausgewählter Texte nach, u.a. von Michel Foucault, Jan Assmann und L.V. Litvinova.