Dissertationsprojekt (abgeschlossen)

Forschungsprojekt: Soziales Handeln an der frontier. Macht, Krieg und Religion im vorkolonialen Westafrika (gefördert von der Gerda Henkel Stiftung).

Arbeitsvorhaben: Macht und Religion am mittleren Niger. Songhay von der Mitte des 16. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts.

Das Promotionsvorhaben untersucht soziales Handeln in der westafrikanischen Kontakt- und frontier-Zone des Mittleren Nigerbogens. Songhay, eines der mächtigsten westafrikanischen Reiche in vorkolonialer Zeit, kontrollierte dieses Gebiet und hatte Einfluss bis weit in das Umland aus. Es lebte von den Erlösen der Goldfelder, Salzminen und Kupferbergwerke in seinem Gebiet und dem Handel, der über Gao oder Timbuktu und schließlich durch die Sahara verlief. Gleichzeitig wurde das traditionelle religiöse Leben durch den Islam nachhaltig beeinflusst, was auch dramatische gesellschaftliche Veränderungen zur Folge hatte. Nach dem Tod des Herrschers Askya Dawud 1582 zerfiel das Reich jedoch und ein Bürgerkrieg schwächte den politischen und sozialen Zusammenhalt. Der innere Zerfall, die Auflösung in einen frontier-Raum, scheint dazu beigetragen zu haben, dass am 13. März 1591 eine zahlenmäßig unterlegene marokkanische Armee Songhay besiegen konnte und dadurch eine neue Phase in der Geschichte Westafrikas einläutete. Dabei war die militärische Präsenz Marokkos mit ca. 5.000 Mann gering und die Distanz zwischen Timbuktu und Marrakesch machte Kommunikation schwierig. Nach einiger Zeit verlor Marokko das Interesse an dem Außenposten jenseits der Sahara. Aufgrund der Entfernung zu Marokko und ihrer demographischen Unterlegenheit war es den Invasoren unmöglich, der alten Gesellschaft die eigene soziale Struktur aufzudrücken. Stattdessen entstand eine neue soziale Gruppe, die aus einer Verschmelzung von marokkanischen Soldaten und der indigenen Bevölkerung hervorging. Wie aber vollzog sich die Verschmelzung, in welcher Beziehung standen die beiden Bevölkerungsgruppen zueinander? Welche Grenzen zogen die Invasoren, um sich in ihrer Identität von der indigenen Bevölkerung abzusetzen, und warum lockerten sich diese Grenzen? Diese Prozesse sollen genau analysiert werden Damit ist eine Antwort darauf möglich, wie Macht, Religion und gesellschaftliche Entwicklung an einer kulturellen frontier zusammenwirkten, wie zwischen Kollision und Verschmelzung Neues entstand.