Katharina Kraiss

Aufbau und Koordination des Netzwerks für Solidarische Landwirtschaft

Katharina Kraiß - BSc und MSc Ökologische Landwirtschaft, Abschluss 2012.

Aktuell: Koordinatorin im Netzwerk Solidarische Landwirtschaft und Umweltbildung

Mein Hintergrund ….

Seit ich mich erinnern kann, war ich gern draußen, habe mich um Pflanzen und Tiere gekümmert und wollte alles lernen, was die Lebensgrundlagen betrifft.

Verbindung zur Landwirtschaft hatte ich durch meine Großeltern. In meiner Kindheit war ich oft in den Schulferien bei ihnen auf einem kleinen Hof mit Tieren, Ackerbau, Weinbergen und Hausgarten in einem Dorf in Schwaben. Es gab gutes Essen und Freiheiten für uns Kinder die Welt zu erkunden. Fleißig mithelfen durften wir natürlich auch und dabei sein, wenn Ferkel geboren wurden, gepäppelt werden mussten, beim Decken der Sauen durch den eigenen Eber, beim Backen, Einmachen oder Saatguternten… irgendwie war alles vorhanden. Ich erinnere mich, dass ich schon als Kind - wieder zu Hause in einem vorstädtischen Umfeld - vehement verteidigte, dass Bauern nicht dumm sind und auch, dass man Leben doch nicht verkaufen kann! Die letzten zwei Schuljahre lebte ich ganz bei meinen Großeltern.

Mein Weg zum Studium nach Witzenhausen …

Ab dieser Zeit begann ich in Natur- und Wildnisschulen zu lernen mich wirklich in der Natur zu Hause zu fühlen. Ich lernte, was ich wo finde, um meine Grundbedürfnisse zu decken und durch die Reduktion auf die unmittelbarsten Grundlagen auch eine tiefe Wertschätzung für die enorme kulturelle Leistung, die in der Landwirtschaft und heutigen Kultur steckt. Ich lernte den Ansatz des „CareTakens“ kennen, bei dem es darum geht, sich um ein Stück Land zu kümmern: Wir nehmen viel vom Land, daher geben wir auch wieder etwas zurück. Dazu gehört auch sich bewusst von der Frage leiten zu lassen, was das Herz anspricht. Es war beeindruckend zu erleben, wie viel Menschen gemeinsam schaffen können und es sogar Freude macht, was allein eine Plackerei wäre. So fanden Herz und Hand in der gemeinsamen Arbeit und Pflege von Landstücken zusammen.

Nach dem Abitur nahm ich mir ein Jahr Zeit, um zu wandern und verschiedene Arten von Gemeinschaften kennen zu lernen. Zunächst dachte ich, ich studiere Physik. Das konnte ich in der Schule sehr gut, faszinierte mich und zeigte mir viel über das Funktionieren der Welt. Ich merkte allerdings bald, dass ich nicht den ganzen Tag in fensterlosen Hörsälen sitzen kann. Hätte meine Freundin mich nicht auf den Studiengang Ökologische Landwirtschaft aufmerksam gemacht, hätte ich ihn wohl nicht entdeckt.

Solidarische Landwirtschaft wird ein Schwerpunkt…

2004 begann für mich hier in Witzenhausen eine schöne und bewegende Zeit. Zusammen mit einer Freundin etablierte ich das Wahlfach „Einführung in die Natur- und Wildnispädagogik“, welches bis heute sehr beliebt ist. Gegen Ende des Bachelors erfuhr ich von dem Konzept „Community Supported Agriculture“ (CSA). Es gab mir Antworten auf viele Fragen, die mich während des ganzen Studiums begleitet hatten. Daher beschloss ich in meiner Bachelorarbeit (2007) zu recherchieren, was es dazu in Deutschland gibt. Ich fand acht, neun Betriebe, die z.T. noch nicht voneinander wussten. In Interviews stellte ich u.a. die Frage, was sie von Vernetzung halten würden. Es floss viel Herzblut in diese Arbeit, die viele Interessierte aus der Praxis lesen wollten. Das führte u.a. dazu, dass zwei sehr engagierte Menschen zu einem Treffen einluden mit der Frage, warum es in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern bisher nur so wenige CSAs gab. Es wurde schnell klar, dass es Zeit war auch hier ein Netzwerk zu gründen (2011), um Solawi zu fördern und eine Agrarwende voran zu bringen. Zu dem Zeitpunkt wurde erstmals der Begriff „Solidarische Landwirtschaft“ (Solawi) geprägt. Seither wächst Solawi in Deutschland kontinuierlich. In der gleichen Zeit gründete sich vor Ort die Solawi Freudenthal, wobei ich ebenfalls als Gründungsmitglied aktiv war.

Nach dem Bachelor machte ich ein Praktikum, bei dem mir klar wurde, dass herkömmliche Landwirtschaft für mich nicht praktizierbar ist. Ich entschied den Master Ökologische Landwirtschaft in Witzenhausen zu studieren und verband alle möglichen Referate mit meinem selbstgewählten Schwerpunkt Solawi. In dieser Zeit war ich auch für die Etablierung des Wahlfachs „Natürliche Gerbverfahren“ mitverantwortlich. Meine Masterarbeit schrieb ich zu dem Thema „Erfolgsfaktoren für den Aufbau einer Solidarischen Landwirtschaft“. Die Ergebnisse flossen in Seminare und Literatur ein: z.B. in das Wahlfach „Solidarische Landwirtschaft“, welches seither hier an der Uni angeboten wird. Nicht zuletzt wurde Witzenhausen später in einem Buch eines schweizer Verlags als Brutstätte von Solawis erwähnt.

Das Netzwerk wächst…

Bis 2012 floss sehr viel ehrenamtliche Arbeit in den Aufbau des Netzwerks Solidarische Landwirtschaft. Mit Ende des Studiums brauchte ich einen Broterwerb. Da war klar, dass ich meine Arbeit in das Netzwerk stecken wollte. So habe ich mir meine Arbeitsstelle selbst mitaufgebaut. Meine Schwerpunkte sind heute die interne Netzwerkorganisation, sowie die Bereiche Forschung und Bildung. Neben der Netzwerkarbeit organisiere ich z.B. Waldferien, wirke daran mit, die gemeinschaftsgetragene Wirtschaftsweise auch in andere Lebensbereiche zu tragen und bin als Dozentin eines „Neuen Referendariats“ für Lehrer*innen der Akademie Biberkor aktiv.

Letztendlich könnte ich meine Arbeit an jedem beliebigen Ort mit digitaler Infrastruktur erledigen … doch ich bin gern in Witzenhausen geblieben. Die waldige Landschaft ist wunderschön, mir gefällt die Mischung aus Naturnähe und Kleinstadt, und nun habe ich hier auch ein Obstbaumgrundstück.

Mein Dank …

Abschließend möchte ich meinen herzlichen Dank ausdrücken für die Studienzeit hier in Witzenhausen, einem Ort, der auf vielen Ebenen in die Welt ausstrahlt.

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