31.05.2016

Mo­der­ne In­sze­nie­run­gen von Grimm Mär­chen an zau­ber­haf­ten „Mär­chen­or­ten“ in der Um­ge­bung von Kas­sel

Im Sommersemester 2016 gab es ein weiteres Seminarangebot von Frau Prof. Dr. Claudia Finkbeiner zu dem attraktiven Thema der Grimm Märchen mit mehrsprachiger, mehrkultureller und multiperspektivischer Herangehensweise. Das Seminar lautete „The Grimm Brothers' Fairy Tales: A Multilingual, Multicultural, Multiperspective Approach“. Das Highlight ist in der Tagesexkursion zu sehen, die die Studierenden zusammen mit der Seminarleiterin Prof. Dr. Claudia Finkbeiner, der Gastprofessorin Prof. Dr. Jiening Ruan aus den USA sowie Prof. Dr. em. Gerd Rohmann zu vier wichtigen symbolischen Orten der Grimm Märchen führte. Auf der Fahrt im Bus begann Prof. Dr. Ruan aus den USA mit einer Vorlesung und klärte die Studierenden über die sogenannte „purified“ oder „sanitized versions“ des Rapunzelmärchens in den USA auf. Prof. Dr. Ruan war anfangs enorm überrascht, als sie eine Übersetzung der deutschen Originalversion über Rapunzel gelesen hatte, in welcher deutlich wurde, dass Rapunzel (noch unverheiratet) vom Prinzen schwanger geworden war und zwei Kinder bekommen hatte. In der ihr bekannten amerikanischen Version findet sich diese Tatsache nicht: Hier hat der Puritanismus noch einen hohen Einfluss auf die als „korrekt“ erachtete Erzählweise des Märchens.
Beim ersten Halt im Urwald Reinhardswald stellte  Prof. Dr. Rohmann den besonderen Lebensraum Wald als Ort von Sagen, Legenden und Märchen dar. Er betonte, dass das Dornröschenschloss Sababurg durch die damit assoziierten Märchen von Schneewittchen über den Reinhardswald hinaus überregional bekannt wurde. Darüber hinaus gab er Informationen zu Buchen und Eichen im Reinhardswald, dessen älteste Bäume bis zu 400 Jahre alt sind. Auch wurde das alte Sprichwort „Buchen sollst Du suchen und Eichen sollst du meiden“ in Bezug auf das richtige Verhalten bei Gewitter erklärt. Zwar märchenhaft spannend, jedoch vollkommen ungeplant verliefen sich die Studierenden im Anschluss daran wie Hänsel und Gretel im Wald und kamen jedoch durch das laute Waldhorn wieder auf den richtigen Weg.
Bei der zweiten Station im Dornröschenschloss Sababurg wurde die Gruppe herzlich von Günther Koseck empfangen, dessen Familie das Schloss seit fast 60 Jahren liebevoll verwaltet.  Die Märchenführung war spannend und wurde durch den Duft der Rosen, die rings um das Schloss ranken, optimal untermalt. Mit einer kräftigen Gesangseinlage zum Lied „Dornröschen war ein schönes Kind“ angeführt von Herrn Koseck betraten die Studierenden und Lehrenden zum Schluss der Märchenführung den Dornröschenturm  und bestaunten die Spindel und ein märchenhaftes Gästezimmer für Hotelgäste. Der Höhepunkt der Station Sababurg war in der Inszenierung der studentischen Gruppe zu sehen, die das Märchen „Dornröschen“ in einen modernen Kontext übertrug, indem sie die Spindel durch KO-Tropfen ersetzte und so einen Perspektivenwechsel vollzog.
Nicht weniger spannend war das Erlebnis auf der dritten Station, der Trendelburg. Hier bestiegen alle Beteiligten den Rapunzelturm mit 130 Stufen. Der sicherlich nicht leichte Aufstieg wurde gebührend durch die traumhafte Aussicht in 40 Metern Höhe über dem darunter liegenden Dorf und Land belohnt. Auch hier beeindruckten die Studierenden mit einer modernen Inszenierung des Rapunzelmärchens und einer fantasievollen musikalischen Umsetzung. Völlig überraschend entschied sich der Prinz bei dieser Version aufgrund der wunderbaren Stimme von Rapunzels Mutter für diese und entführte sie anstatt der Tochter. Bei der vierten Station wurde das Märchen von „Schneewittchen und den sieben Zwergen“ als Kriminalstück inszeniert. Dabei wurden alle sieben Zwerge und die böse Stiefmutter zum Verhör gerufen, da Schneewittchen in einer Diskothek durch eine moderne Droge vergiftet worden war. Durch ein geschickt angelegtes Verhör und den aktiven Beitrag aller Studierenden als Jury konnte der siebte Zwerg als Täter entlarvt werden. Nach hochkreativen modernen Inszenierungen in verschiedenen Sprachen fuhren die Studierenden nach einem ereignisreichen Tag nach Kassel zurück mit dem sicheren Gefühl, zu diesen Orten mit ihren Schülerinnen und Schülern zurückkommen zu wollen.
Autoren: Karen Dedekind und Prof. Dr. Claudia Finkbeiner