ITeG Ringvorlesung 2020/2021

Banner macht auf die online-Veranstaltung Digital Society - Eine Design-Herausforderung im Jahr 2020/2021 aufmerksam

Seit mehreren Jahren organisiert das ITeG im Wintersemester eine interdisziplinäre Vorlesungsreihe. Der Titel der ITeg-Ringvorlesungen lautet "Digitale Gesellschaft - eine Herausforderung für das Design". Die Reihe umfasst in der Regel fünf Vorträge, in denen jeweils interdisziplinäre Beispiele der Designforschung zur digitalen Gesellschaft vorgestellt werden. Die Vortragenden kommen aus verschiedenen Bereichen wie Informatik, Sozial- und Humanwissenschaften oder integrativen Ansätzen.

Die Vorlesungen finden einmal im Monat online (via Zoom) statt, in der Regel mittwochs um 17 Uhr.

11. November 2020

Prof. Dr. Antonio Fernández Anta,
IMDEA Networks Institute, Madrid

"CoronaSurveys: Using Indirect Reporting to Estimate the Incidence of Epidemics"

11. November 2020: Mehr lesen

27. Januar 2021

Prof. Dr. Dirk Helbing,
ETH Zürich

"Digital revolution: danger and opportunities for democracy"

27. Januar 2021: Mehr lesen

3. März 2021

Prof. Dr. Georg von Krogh,
ETH Zürich

"AI in Organizations"

3. März 2021: Mehr lesen

2. Dezember 2020

Neema Iyer, Founder/Executive Director POLLICY, Kampala

"Creating an (Afro)Feminist Internet."

2. Dezember 2020: Mehr lesen

10. Februar 2021

Prof. Michael Bernstein, Ph.D.,
Stanford University

"Computation and Organization: The Future of Work and Workers"

10. Februar 2021: Mehr lesen

Nähere Informationen zu den einzelnen Vorträgen:

"CoronaSurveys: Using Indirect Reporting to Estimate the Incidence of Epidemics"

Die Welt leidet unter einer Pandemie namens COVID-19, die durch das SARS-CoV-2-Virus verursacht wird. Die nationalen Regierungen haben Probleme, das Ausmaß der Epidemie einzuschätzen, da ihnen nur begrenzte Ressourcen und Tests zur Verfügung stehen. Dieses Problem ist besonders in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen (LMICs) akut. Daher ist jedes einfache, günstige und flexible Mittel zur Bewertung des Auftretens und der Entwicklung der Epidemie in einem bestimmten Land mit einem angemessenen Genauigkeitsgrad von Nutzen. In diesem Vortrag werde ich das CoronaSurveys-Projekt vorstellen. CoronaSurveys verwendet eine Technik, die auf (anonymen) Umfragen basiert, bei denen die Teilnehmer*innen über den Gesundheitszustand ihrer Kontakte berichten. Diese indirekte Berichtstechnik, die in der Literatur als Netzwerk-Scale-up-Methode bekannt ist, wahrt die Privatsphäre der Teilnehmer und ihrer Kontakte und sammelt Informationen von einem größeren Teil der Bevölkerung (im Vergleich zu individuellen Erhebungen). Das CoronaSurveys-Projekt sammelt seit März 2020 Berichte über die COVID-19-Pandemie. Die Ergebnisse von CoronaSurveys zeigen die Leistungsfähigkeit und Flexibilität des Ansatzes und deuten darauf hin, dass es sich um ein kostengünstiges und leistungsstarkes Instrument zur Verfolgung der COVID-19-Pandemie handeln könnte. Dies macht es besonders für LMICs interessant und nützlich.

Der Vortrag wird auf Englisch gehalten.

 

Antonio Fernández Anta ist Research Professor bei IMDEA Networks, Madrid. Zuvor war er ordentlicher Professor an der Universidad Rey Juan Carlos (URJC) und gehörte der Fakultät der Universidad Politécnica de Madrid (UPM) an, wo er eine Auszeichnung für seine Forschungsleistung erhielt. Von 1995 bis 1997 war er Postdoc am MIT und verbrachte Forschungsaufenthalte in den Bell Labs Murray Hill und im MIT Media Lab. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Forschungserfahrung und mehr als 200 wissenschaftliche Veröffentlichungen. Er war Vorsitzender des Lenkungsausschusses von DISC und hat im TPC zahlreicher Konferenzen und Workshops mitgearbeitet. Seinen Master of Science und seinen Doktortitel erwarb er 1992 bzw. 1994 an der University of SW Louisiana. Er schloss sein Grundstudium an der UPM ab und erhielt Auszeichnungen auf Universitäts- und nationaler Ebene für seine akademischen Leistungen. Er ist Senior-Mitglied von ACM und IEEE.

"Creating an (Afro)Feminist Internet"

In den letzten zehn Jahren wurde die Internetkonnektivität für ihr Potenzial gepriesen, den gender gap in Afrika überwinden zu können. Zu den vielen Vorteilen der Digitalisierung gehört, dass digitale Werkzeuge Gruppen, die an den Schnittstellen zwischen Geschlecht, race, Sex, Klasse, Religion, Fähigkeiten und Nationalität marginalisiert sind, in die Lage versetzen, neue Formen von Wissen zu produzieren und zu nutzen und Gegendiskurse zu konzipieren. Das Internet, das einst als Utopie der Gleichberechtigung galt, erweist sich jedoch als Verkörperung alter Systeme der Unterdrückung und Gewalt. Diskriminierende geschlechtsspezifische Praktiken sind durch soziale, wirtschaftliche, kulturelle und politische Strukturen in der physischen Welt geprägt und werden in ähnlicher Weise online auf digitalen Plattformen reproduziert. In dieser Reihe werde ich über Forschungsergebnisse zu den Online-Erfahrungen von Frauen in fünf afrikanischen Ländern sprechen, darüber, wie sich geschlechtsspezifische Desinformation auf die Teilhabe von Frauen auswirkt und warum wir gemeinsam eine integrative und ethische digitale Zukunft schaffen müssen.

Der Vortrag wird auf Englisch gehalten.

Neema Iyer, ist Künstlerin, Designerin und Technologin. Sie ist eine aktive Macherin und Rednerin zu den Themen Daten, digitale Rechte und Entwicklung von Produkten zur Verbesserung der Erbringung von Dienstleistungen. Neema ist Gründerin und Leiterin eines Technologieunternehmens mit Sitz in Kampala, Uganda: Pollicy. Pollicy nutzt Daten, Design und Technologie, um die Zusammenarbeit zwischen Bürger*innen und Behörden bei der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen zu verbessern. Neema hat einen Master in Public Health von der Emory University in Atlanta und hat an großen mobilen und digitalen Projekten in Afrika gearbeitet.

"Digital revolution: danger and opportunities for democracy"

Die digitale Revolution hat viele bahnbrechende Neuerungen mit sich gebracht, und es scheint oft, dass das Ziel vieler Tech-Führungskräfte nichts Geringeres war, als die Welt von Grund auf neu zu erfinden. In diesem Zusammenhang wurde "Demokratie" oft als "veraltete Technologie" bezeichnet, und IT-Unternehmen haben an neuen "Betriebssystemen" für die Gesellschaft gearbeitet und sie in "Smart Cities" und "Smart Nations" eingesetzt. Auch der Rechtsstaat und die Menschenrechte wurden in Frage gestellt, manchmal in dem Bestreben, die Welt datengesteuert und KI-gesteuert zu optimieren und nachhaltiger zu gestalten. Die Menschen sind jedoch zunehmend besorgt über den aufkommenden technologischen Totalitarismus. Sie erwarten einen partizipativen Rahmen, der es ihnen ermöglicht, ihre Zukunft und ihr Umfeld mitzugestalten. Zudem weist das Paradigma der zentralen Kontrolle eine Reihe von Mängeln auf. Erstens geht es davon aus, dass alles, was wichtig ist, gemessen werden kann, während Bewusstsein, Menschenwürde und Liebe, die für das Menschsein so entscheidend sind, nicht gut durch Daten erfasst werden können. Zweitens muss ein Optimierungsansatz eine Zielfunktion wählen, aber die gesamte Welt einem eindimensionalen utilitaristischen Ansatz zu unterwerfen, wird ihr aufgrund ihrer Mehrdimensionalität und Komplexität nicht gerecht, und es wird zur Vernachlässigung anderer Ziele führen. Stattdessen ist ein ko-evolutionärer Ansatz für eine nachhaltigere und resilientere Gesellschaft erforderlich. Entscheidend dafür ist die Fähigkeit zur Innovation, die Vielfalt und kreative Freiräume voraussetzt. Diese müssen durch die Menschenrechte geschützt werden, so wie es in Demokratien der Fall ist. Die Demokratie muss jedoch digital aufgerüstet werden, um anpassungsfähiger und effektiver zu sein. So ist es beispielsweise von entscheidender Bedeutung, die Bildung kollektiver Intelligenz zu unterstützen. Dies könnte durch Plattformen für Massive Open Online Deliberation (MOODs) geschehen, aber auch durch neue partizipatorische Formate wie die City Olympics, die die Ideen vieler Köpfe freisetzen und die Fähigkeiten und das Engagement der Menschen mobilisieren werden.

Der Vortrag wird auf Englisch gehalten.

Prof. Dr. Dirk Helbing ist Professor für Computational Social Science am Departement für Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften und Mitglied des Fachbereichs für Informatik der ETH Zürich. Im Januar 2014 erhielt Prof. Helbing die Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Delft (TU Delft). Seit Juni 2015 ist er außerordentlicher Professor an der Fakultät für Technology, Policy and Management der TU Delft, wo er die Doktorandenschule für "Engineering Social Technologies for a Responsible Digital Future" leitet. Dirk Helbing begann als Physiker. Mit seiner Diplomarbeit initiierte er das Gebiet der Modellierung und Simulation von Fußgängern, Menschenmengen und Evakuierungen. Während seiner Promotion und Habilitation in Physik half er, die Bereiche Sozio-, Wirtschafts- und Verkehrsphysik zu etablieren. Er war auch Mitbegründer der Fachgruppe Physik sozioökonomischer Systeme der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG). Die Arbeit von Prof. Helbing ist durch hunderte von Medienberichten und Veröffentlichungen dokumentiert, darunter mehr als 10 Artikel in Nature, Science und PNAS. Er wurde mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Idee Suisse Award. Er ist Mitbegründer des Competence Center for Coping with Crises in Complex Socio-Economic Systems, des Risk Center, des Institute for Science, Technology and Policy (ISTP) und des Decision Science Laboratory (DeSciL). Als Koordinator der FuturICT-Initiative trug er dazu bei, die Datenwissenschaft und die computergestützte Sozialwissenschaft in Europa zu etablieren, ebenso wie die global systems science.

"Computation and Organization: The Future of Work and Workers"

Die Zukunft der Arbeit ist zunehmend computergestützt, was sowohl die Möglichkeit vollkommen neuer Organisationsformen als auch das Schreckgespenst der algorithmischen Entmündigung von Arbeitnehmern mit sich bringt. In diesem Vortrag werde ich beide Wege aufzeigen. Ich werde Techniken beschreiben, die eine Zukunft der "Experten auf einen Klick" beschreiben, einschließlich Organisationen, die sich fließend zusammensetzen und ihre Arbeit kontinuierlich anpassen. Anschließend werde ich mich den negativen Auswirkungen dieser Zukunft zuwenden, die von algorithmischem Lohndiebstahl bis hin zur systematischen Entmachtung von Arbeitnehmern reichen, und Techniken beschreiben, die wir entwickelt haben, um diese negativen Folgen zu umgehen, darunter Plattformen für kollektive Aktionen von Arbeitnehmern, Mentorenschaft und faire Lohngarantien. Ich werde auf die Grenzen jedes dieser Systeme hinweisen, wenn es darum geht, einen Wandel herbeizuführen, und die Wege aufzeigen, die ich an der Schnittstelle zwischen Technologie und Politik vor uns sehe.

Der Vortrag wurde auf Englisch gehalten. Aufzeichnung der Zoom-Veranstaltung

Professor Michael Bernstein ist außerordentlicher Professor für Informatik und STMicroelectronics-Fakultätsstipendiat an der Stanford University, wo er Mitglied der Gruppe für Mensch-Computer-Interaktion ist. Seine Forschung konzentriert sich auf die Gestaltung von Social-Computing- und Crowdsourcing-Systemen. Michael hat acht Auszeichnungen für die besten Arbeiten auf führenden Computerfachmessen erhalten und wurde mit einem NSF CAREER Award und einem Alfred P. Sloan Fellowship ausgezeichnet. Michael hat einen Bachelor-Abschluss in Symbolic Systems von der Stanford University, sowie einen Master-Abschluss und einen Doktortitel in Informatik vom MIT.

"AI in Organizations"

In den letzten zehn Jahren gab es bedeutende wissenschaftliche Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI), "der Fähigkeit eines Systems, externe Daten richtig zu interpretieren, aus diesen Daten zu lernen und diese Erkenntnisse zu nutzen, um durch flexible Anpassung bestimmte Ziele und Aufgaben zu erreichen" (Haenlein & Kaplan, 2019). Angetrieben durch einen Anstieg der Datengenerierung und der Rechenleistung sind Algorithmen zunehmend in der Lage, digitale Operationen durchzuführen, die effizient und effektiv menschliches Lernen, fundiertes Urteilsvermögen und Entscheidungsfindung in einem breiten Spektrum von Anwendungsbereichen nachahmen können. Zu diesen Anwendungen gehören die Optimierung interner Geschäftsabläufe, das Produktdesign, die Erfassung von begrenztem externem Wissen sowie die Auswahl und Einstellung von Fachkräften. Angesichts dieser Entwicklungen haben Managementwissenschaftler ein wachsendes Interesse an dem Potenzial der KI zur Unterstützung oder Umgestaltung von Unternehmen gezeigt. Doch während die Anwendung von KI-Algorithmen in verschiedenen Funktionsbereichen wie Ingenieurwesen, Personalmanagement, Betriebsführung, Informationssysteme, Wirtschaft, Finanzen, Rechnungswesen und Marketing bereits eingehend untersucht wurde, wurde der Frage, wie der Einsatz von KI die Art der Strategieentwicklung, d. h. die Tätigkeiten der am Strategieprozess beteiligten Personen, verändert, bisher viel weniger Aufmerksamkeit gewidmet. In diesem Vortrag werden wir eine Bestandsaufnahme der Versprechungen und Gefahren von KI bei der Gestaltung der Zukunft der Strategiearbeit vornehmen. Wir erörtern die uns bekannten Anwendungen in den wichtigsten Phasen des Strategieprozesses und zeigen Möglichkeiten für die künftige Forschung im Zusammenhang mit Strategie und KI auf.

Der Vortrag wurde auf Englisch gehalten.

Prof. Dr. Georg von Krogh, ist Professor an der ETH Zürich und Inhaber des Lehrstuhls für Strategic Management and Innovation. Er ist Vorsitzender des Global Advisory Board, das den Präsidenten der ETH Zürich in Fragen der internationalen Strategie berät. Zudem ist er Mitglied der Strategiekommission der ETH Zürich. Georg von Krogh ist spezialisiert auf Wettbewerbsstrategie, digitale Innovation und Organisationswissen. Er hat in verschiedenen Branchen geforscht, darunter Finanzdienstleistungen, Medien, Computersoftware und -hardware, Biowissenschaften und Konsumgüter. Zu seinen Preisen und Anerkennungen gehören beispielsweise der "Best Professional Business Book Award" der Association of American Publishers, die "Breakthrough Idea" der Harvard Business Review und der Lehrpreis "Goldene Eule" der ETH Zürich.