Schmidtfahrt a.d. Pfieffe

Schmidtfahrt a. d. Pfieffe

Bei den mit Schmidtfahrt bzw. Schmidtfurth betitelten Zeichnungen des Bestandes handelt es sich um Darstellungen einer mit Wasser betriebenen Schmiedemühle (Eisenschneidmühle) mit einem Eisenhammer im Einmündungsgebiet der Pfieffe in die Fulda, deren genaue Lage unklar ist.[357] Nach Armbrust [358] wurde 1589 eine „Schmittenforth“ erwähnt, die diesseits Adelshausen durch die Pfieffe führte. Vermutlich lag diese ungefähr dort, wo heute die "Walkmühle" zu finden ist, unweit von Fahreund Schwertzelhof. Noch vor 1629 wurde hier auf Betreiben des Landgrafen eine Eisenschneidmühle errichtet, die damit zu den ältesten ihre Art gehörte.[359] In dieser Mühle wurde das gewonnene Eisen in bestimmte Formen gewalzt und geschnitten.

Mehrere Kostenabrechnungen und Berichte des Hüttenvogtes Otto Thölde (oder Tölde) im Marburger Staatsarchiv dokumentieren das intensive Bemühen des Landgrafen um eine bessere wirtschaftliche Nutzung der Mühlenanlage.[360] Die zwölf Zeichnungen des Bestandes sind deshalb höchstwahrscheinlich alle in den ersten Jahren nach der Abdankung entstanden. Ein auf den 26.04.1628 datierter Grundriss stammt vermutlich von der Hand Otto Thöldes, während alle anderen, zum Teil sehr kleinen Darstellungen vom  Landgrafen selbst angefertigt wurden.

 

2° Ms. Hass. 107 [123] verso

Schmiedemühle

Das sehr kleine Blatt - durch das gut erhaltenes Siegel in der Mitte als Zweitverwendung eines Schriftstücks gekennzeichnet - präsentiert auf der Rückseite einer Zeichnung zum Lustschloss Fahre eine Vogelschauansicht der „Eisenmühle“ an der Pfieffe. Die „strasse nach Mörshausen" verortet die Anlage im Mündungsgebiet des kleinen Flusses in die Fulda unweit von Schwertzelhofund Fahre. Zwei gleichartige Fachwerkgebäude flankieren den Mühlgraben, der von der Pfieffe abzweigt.

 

2° Ms. Hass. 107 [303]

Schmiedemühle und Eisenhammer

Die sehr anschauliche, detaillierte Vogelschau zeigt die Anlage an der Pfieffe, bestehend aus einem kleineren Gebäude, dem „Eisenhammer”, und dem größeren "Eisenschmiedtwerk". Neben dem Graben zwischen den Gebäuden ermöglicht ein weiterer Kanal auf der anderen Seite des großen Schmiedewerks die Einfügung eines weiteren unterschlächtigen Schöpfrades. Vor der Schmiedemühle liegt ein kleiner Garten, dessen rechteckige Felder mit den Namen diverser Nutzpflanzen beschriftet sind.

 

2° Ms. Hass. 107 [309]

Schmiedemühle und Eisenhammer, Lageplan

Der Lageplan gibt das Gelände der Mühlenanlage wieder, das zwischen dem Fluss und dem davon abgezweigten Graben auf spitz zulaufendem Terrain liegt und von mehreren Kanälen zur Energieerzeugung gequert wird. Wie in 2° Ms. Hass. 107 [303] liegen „hammer“ und „Schneitwerk“ nebeneinander an zwei Wassergräben, die die Schöpfräder antreiben. Eingezeichnet sind hier allerdings insgesamt drei Räder am Eisenhammer, wobei eines in einem zusätzlichen Graben an der Stirnseite positioniert ist, sowie zwei an den beiden Langseiten des Schneidewerks. Die vermutlich von Otto Thölde angefertigte Zeichnung von 1628 (2° Ms. Hass. 107 [308]) belegt, dass die Mühle tatsächlich über drei Schöpfräder verfügen sollte, deren optimale Positionierung in diesem Blatt von Landgraf Moritz erwogen wird.

 

2° Ms. Hass. 107 [259] verso, rechts

Schmiedemühle und Eisenhammer

Ein weiterer Plan des Landgrafen zeigt die Anlage mit Hammer und Schmiedewerk  an der "strasse nach Mershausen", wobei die beiden „gerinne“ aus einem „sammeldeich“ an der Stelle des Mühlgrabens hinter der "Eisenschmid mühl." gespeist werden. Dieser Teich ist in mehreren Zeichnungen zu sehen und wird auch in Otto Thöldes mutmaßlich umgesetztem Plan  von 1628 (2° Ms. Hass. 107 [308]) dargestellt.

 

2° Ms. Hass. 107 [308]

Otto Thölde(?), Schmiedemühle und Eisenhammer, Lageplan, 1628

Die mit "Act. Milsung: 26 t. Ap: 628" datierte und rückseitig mit der Aufschrift "Abriß des fischerhauses / undt schneidtwerck uffm / schmidtfahrt ahn der pfieffe" versehene Zeichnung kann mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Bergmeister Otto Thölde zugeschrieben werden, von dessen Hand sich einige Korrespondenz zum Betrieb der Anlage in Schmidtfahrt im Staatsarchiv Marburg erhalten hat.[361]

Ähnlich wie in den vom Landgrafen gezeichneten Plänen (vgl. z.B.2° Ms. Hass. 107 [259] verso, rechts) werden die beiden Mühlengräben hier von einem massiv eingefassten Teich gespeist, der den „alten Wassergraben“ ersetzt. Das untere Gebäude beherbergt neben dem Eisenhammer, der von einem großen Wasserrad gespeist wird, noch zwei „Rennfeuer“ d.h. Schmelzöfen mit großen Blasebälgen, die von zwei kleinen Schöpfrädern an den Schmalseiten des Gebäudes betrieben werden. Das zweite Gebäude enthält das Schneidwerk, das von zwei großen Rädern in den beidseits verlaufenden Gräben in Gang gehalten wird, einen weiteren kleinen Ofen mit Blasebalg sowie einen „Windofen“.

Es ist anzunehmen, dass die Anlage in dieser Form auch in Betrieb gegangen ist, wie die erhaltenen Abrechnungen nahe legen.

 

2° Ms. Hass. 107 [131] verso, unten

Schmiedemühle und Eisenhammer

Diese auf einem großen Blatt mit drei Zeichnungen zum Lustschloss Fahre vereinte Vogelschauansicht präsentiert die beiden Mühlengebäude wie in 2° Ms. Hass. 107 [123] verso von der Pfieffe aus, vor dem „Schönberg“ im Hintergrund. Der Mühlgraben hinter den Fachwerkgebäuden ist auch hier zu einem Teich aufgestaut und versorgt über Wehre die beiden Kanäle. Deutlich visualisiert wird das Gefälle entlang dieser Gräben, das ebenso wie der Teich durch massive Mauern abgestützt ist. Auf die Einzeichnung der Schöpfräder wird hingegen verzichtet. Ein Zaun schützt das Mühlengelände, wobei an der „hofstätte“ in diesem Fall ein kleiner (Kohlen-)Schuppen integriert ist.

 

2° Ms. Hass. 107 [304]

Schmiedemühle und Eisenhammer

Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [131] verso, unten visualisiert diese Vogelschauansicht auf anschauliche Weise die Lage der Mühlengebäude im Gelände an der Straße unterhalb des kleinen Berges, dessen abfallendes Gelände an dieser Stelle die Nutzung der Wasserkraft über einen Sammelteich und Wehre möglich macht. Das komplett eingezäunte Mühlengelände schließt auch hier ein „kohlhauß“ ein, das neben die Einfassung des Teiches gesetzt ist. Die  anschließende Fachwerkmauer  grenzt direkt an die Straße, von wo aus, wie in 2° Ms. Hass. 107 [261] recto, unten rechts, über eine Pforte ein direkter Zugang zum Gelände möglich ist. Die großen Schornsteine an den beiden gleich großen Fachwerkhäusern markieren die Position der großen Öfen im Innern.

 

2° Ms. Hass. 107 [261] recto, unten rechts

Eisenschmiedemühle

Übereinstimmend mit 2° Ms. Hass. 107 [304] zeigt diese Zeichnung den eingezäunten Hof am „waldthammer", der an der Straßenseite neben der Pforte ein „kohlhauß“ einschließt. Die Maßangaben und die Beschriftung: "dieser Zaun muß lang werden 165 schue biß in die pfieffe." legen nahe, dass es hier, wie auch in den anderen Darstellungen, um konkrete Maßnahmen zur Ergänzung und Verbesserung der Effektivität der Schmiedemühlen ging.

 

2° Ms. Hass. 107 [305]

Schmiedemühle und Eisenhammer

Die gänzlich unbeschriftete Zeichnung wiederholt die Konstellation der Mühlengebäude und des Teichs wie sie in 2° Ms. Hass. 107 [304] wiedergegeben wird, variiert aber die Position des Nebengebäudes (Kohlenhaus), das hier an die Straßenseite des Teiches gesetzt wird. Die Ergänzung und genaue Position von Nebengebäuden wird auch in weiteren Zeichnungen des Landgrafen thematisiert (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [261] recto, unten rechts + [306]).

 

2° Ms. Hass. 107 [306] recto, oben rechts

Schmiedemühle und Eisenhammer am Schönberg

Die Zeichnung des Landgrafen auf einem Blatt mit einer Konstruktionszeichnung für das Dachwerk eines Pavillons in Fahre visualisiert in Vogelschau die Mühlenanlage am „hohe[n] rain“ unterhalb des Schönberges mit der Pfieffe im Vordergrund. Die beiden Fachwerkgebäude am aufgestauten Sammelteich sind wiederum sorgfältig eingezäunt, wobei in diesem Fall ein "kohlhauß" und eine weitere kleine "schmiedte" den Hof am “hammer“ ergänzen, der am Teich mit einer Fachwerkwand geschlossen ist.

 

2° Ms. Hass. 107 [307] recto, oben

Schmiedemühle und Eisenhammer, Horizontalschnitt

Die Vogelschau zeigt die Mühlenanlage am Sammelteich aus ähnlicher Perspektive wie 2° Ms. Hass. 107 [261] recto, unten rechts, allerdings gibt Landgraf Moritz hier mit Horizontalschnitten Einblick in die Gebäude. Während der Eisenhammer im Vordergrund in Höhe des steinernen Sockels geschnitten ist,  liegt die Schnittlinie im Schmiedewerk dahinter in Höhe des Obergeschosses, das mit mehreren Stuben und Kammern versehen ist. Vermutlich sollte hier eine Aufstockung vorgenommen werden, wie die an der Schmalseite vorgelegte Freitreppe nahelegt, die in keiner der anderen Zeichnungen zu sehen ist.

Der unterhalb der Zeichnung angefügte lateinische Text naturwissenschaftlich / philosophischen Inhalts steht in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Darstellung.

 

2° Ms. Hass. 107 [238] recto, mittig

Schmiedemühle und Eisenhammer

Auf dem mit mehreren anderen, teilweise in den September 1630 datierten Zeichnungen gefüllten Blatt findet sich in der Mitte in ungewöhnlicher Lünettenrahmung  eine kleine Darstellung von "Schmidtfardt“. Sie zeigt die beiden Mühlengebäude zwischen Teich (im Vordergrund) und Pfieffe (im Hintergrund) zwischen „gärtlein“ und „wiesen“. Interessanterweise überragt in diesem Fall, im Gegensatz zu den anderen Darstellungen, das Gebäude des  Hammers (rechts) die Mühle (links). Die kleine, reduzierte Zeichnung, die auf die Wiedergabe der Mühlgräben verzichtet, legt nahe, dass es sich hier um eine Skizze aus der Erinnerung handelt.

 

2° Ms. Hass. 107 [91 und 92]

Johann Fleischhut, Brief an Landgraf Moritz wegen Modellen von verschiedenen Mühlen, 1621

In dem am 13. Oktober 1621 vom Bauverwalter Fleischhut (s. Rohna) unterzeichneten Brief berichtet er an Landgraf Moritz von „zwey Model eins zur denckel mühlen / daß ander wie daß borgezeug könte gemacht undt / angericht werden machen lassen“.  Auf ein Modell könne man aber evtl. auch wegen „beyligendem Abriß“ verzichten.  Desweiteren könne der Mühlmeister von Rengshausen die Mühle anfertigen, „Dürfte auch / solche bor mühlen soll sich nah Milßungen bey der Schmiedt / mühlen eine an orttnen laßen“. Möglicherweise ist hiermit Schmidtfahrt gemeint. In diesem Falle müsste die Schmiedemühle schon 1621 bestanden haben. Eine „Bohrmühle“ diente zum Aushöhlen von Baumstämmen für Wasserleitungen.[362]

 


[357] vgl. Wick 1910, S. 89/90

[358] Armbrust 1921, S. 141

[359] Wick 1910, S. 89

[360] Akten in: HStAM Best. 4a 38/27, vgl. auch den Brief Thöldes vom 28. Sep. 1629 in Best. 4a 38/18, in dem er sich über mangelnde Geldzuwendungen beklagt

[361] u.a. in: HStAM Best. 4a 38/27

[362] frdl. Hinweis von Dr. Marcus Popplow, vgl. die Datenbank der Maschinenzeichnungen/ DMD - Database Machine drawings, s.v. „Drill“