Trendelburg

Trendelburg

Die Burg Trendelburg liegt am westlichen Rand des Reinhardswaldes auf einem nach drei Seiten hin steil zur Diemel abfallenden Bergrücken. Sie wurde im 13. Jhdt. von den Herren von Schöneberg zum Schutz der sich hier an der Diemelfurt kreuzenden Handelswege angelegt. Neben der Höhenburg entwickelte sich in westlicher Richtung eine kleine Siedlung. 1465 nahm Landgraf Ludwig II. in der Hessen-Paderbornischen Fehde die Burg ein, ab 1471 war sie alleiniger hessischer Besitz. Nachdem 1631 die Truppen Tillys Stadt und Burg erobert und niedergebrannt hatten, erfolgten 1637 weitere Zerstörungen. 1676 erweiterte Landgraf Carl die Burganlage und baute sie zum Jagdschloss um. Nach mehreren Umgestaltungen befindet sich dort heute ein Hotel.[372] Merian vermerkte 1646: „Das Schloß an sich selbsten ist gering und von gar schlechten Gebäwen. Hat aber einen starcken vesten runden Thurn und zimliche starcke Mawren; derhalben es auch zur Gräntzvestung gebraucht wird: gegen der Statt ist es mit einer Zugbrücken uber einen trockenen Graben verwahrt“ [373]. Der Grundriss der ursprünglich von einem Graben und Wall umgebenen Burg ist trapezförmig. Der mächtige, 38 Meter hohe Bergfried (heute noch erhalten) ist in die westliche Ringmauer integriert und sicherte die Hangseite. Unmittelbar daneben befindet sich der alte Palas, der um 1600 als Amts- und Gerichtshaus diente. Landgraf Moritz ließ ihn 1617 ausbauen und das schon seit 1613 baufällige Dach sichern.[374] Die erhaltenen Zeichnungen des Landgrafen thematisieren vor allem die Befestigung des „Platzes vor dem Schlosse“ am Übergang zum Ort als Vorwerk der Burg. Rommel notierte in seiner „Geschichte von Hessen“ in der ausführlichen Liste der von Landgraf Moritz errichteten Bauwerke: „Im Norden von Kassel versah er Trendelenburg mit einem neuen schönen Vorwerk“ [375]. Es ist aber unklar, ob er in diesem Fall das befestigte Vorwerk am Schloss meint, oder das von Moritz in einer Zeichnung (2° Ms. Hass. 107 [318])so bezeichnete landwirtschaftliche Gut am Fuße des Hügels, das zur Versorgung der Burg und ihrer Bewohner diente.

 

2° Ms. Hass. 107 [317] recto, oben links

Ansicht der Burg von Westen, 1626

Die Vogelschauansicht der Burg von Westen zeigt die Kernburg mitsamt der Umwehrung, die auf der Vorderseite durch einen befestigten „platz vor dem Schloß“ ergänzt wird, während auf den anderen Seiten ein eingezäunter Gang auf der Contrescarpe um den Graben verläuft. Der von einer Wehrmauer mit vier Ecktürmen eingefasste Hof wird hier vereinfacht als regelmäßiges Rechteck wiedergegeben. Links neben dem hochaufragenden Bergfried befindet sich der Palas, dessen Längsfront einen zentralen Zwerchgiebel im steilen Satteldach aufweist. Auf der rechten Seite liegt im Hof ein langgestrecktes Wirtschaftsgebäude mit einem massiven Erdgeschoss und einem Fachwerkobergeschoss.

Die eigenhändige Beschriftung der Zeichnung, endend „anno, mense, die & autor ut in fra.“ stellt einen unmittelbaren Zusammenhang zu der Zeichnung auf der unteren Blatthälfte her.

 

2° Ms. Hass. 107 [317] recto, unten links

Burganlage und Vorwerk von Osten, 1626

Die Gegenansicht zu der auf der oberen Blatthälfte wiedergegebenen Darstellung ist beschriftet: "Schloß Trenp[!]elburg / Wie das selbige von dem Sültze / berge her anzusehen ist 1626 den / 15 Sept: M.H.L.". Im Zentrum der Zeichnung steht wiederum der wehrhafte Bergfried an der Mauer, - hier mit welscher Haube und Laterne -, der nur über eine Sprossenleiter durch den Hocheingang zugänglich ist. Rechterhand schließt sich der viergeschossige Palas mit dem Wendeltreppenturm an der vorderen Ecke an. Große Doppelbahnenfenster gliedern die Fassaden. Ihm gegenüber befindet sich das langgestreckte Wirtschaftsgebäude mit Fachwerkobergeschoss. Das Liniennetz des gepflasterten Hofes und die Verkürzung der beiden Gebäude suggerieren eine gewisse Tiefenperspektive, stehen jedoch in Gegensatz zu der Vogelperspektive, mit der die Umgebung der Burg erfasst wird.

Der befestigte „platz vor dem schlosse“ schließt drei im Grundriss angerissene Häuser ein, deren Besitzer namentlich aufgeführt sind: "Falkenberg", "Wagener" "Stokhausen". Die Herren von Stockhausen waren über lange Jahre Burgmannen zu Trendelburg.[376] Das vom Landgrafen geplante befestigte Vorwerk sollte offensichtlich diese drei Häuser von Lehnsmännern einschließen. Das Stadttor links oben am Rand der Zeichnung markiert den Beginn der angrenzenden städtischen Bebauung.

 

2° Ms. Hass. 107 [317] verso, links

Burghof von Süden

Die rückseitige Zeichnung auf dem Blatt, das auf der Vorderseite neben zwei Darstellungen der Trendelburg noch eine Vogelschauansicht der Sababurg mit neuer Bastion aufweist, präsentiert den Innenhof der Burg von Süden gesehen, wobei das Wirtschaftsgebäude im Vordergrund im Grundriss wiedergegeben ist. Der Bergfried erscheint hier im Gegensatz zu den anderen Darstellungen mit Fenstern und ebenerdigem Portal zu Wohnzwecken ausgebaut. Die „Ritterburg“, das stattliche viergeschossige Gebäude mit ausgebautem Satteldach wird in Übereinstimmung mit den anderen Zeichnungen durch einen Wendeltreppenturm ergänzt, dessen oberstes Geschoß durch ein dekoratives Gesims hervorgehoben wird.

Die Aufteilung des Wirtschaftsgebäudes gibt die Nutzung der Räume wieder, wobei an der rechten Schmalseite ein Anbau ergänzt ist, gekennzeichnet als "lediger Blatz so noch zu bebauen".

 

2° Ms. Hass. 107 [318]

Burganlage mit Vorwerk und Diemelmühle

Auf diesem Blatt gibt Landgraf Moritz die Burganlage auf dem Berg von Südosten mitsamt dem ausgedehnten Wirtschaftshof und den Mühlen an der Diemel am Fuße des Abhangs wieder.

Die Burg, eingerahmt von Ringmauer, Graben und "Corridor uff der Conterscarpe umb das schloß herumb" wird auf der Westseite von dem befestigten  „platz vor dem schlosse“ begleitet, der auch hier "Stokhausens hauß", einen dreigeschossigen Fachwerkbau, einschließt. Der östlich an die Burg anschließende „Ambts garten“ erstreckt sich auf einem Plateau des Bergrückens in Richtung des im Tal gelegenen, weiträumig eingefriedeten „Vorwerk hof“. Merian schreibt: „vnderm Berg aber / an der Diemoll / nächst bey der Brucken / ligt ein wolerbawtes statliches Vorwerck.“[377] Diese Domäne war die größte in der Landgrafschaft Hessen-Kassel.[378] Zu ihr gehörte auch die Mühle an der Diemel, neben der eine vermutlich unter Landgraf Moritz eingerichtete Wasserkunst [379] lag, die die 60 m höher gelegene Stadt versorgte und in den Akten erwähnt wird: „weil diese Statt diese Wasser kunst braucht seindt sie schuldigk dieselbige in ehre zu halten“.[380] Das turmartige Gebäude dieses Pumpwerks ist vor der eigentlichen Mühle am Mühlgraben eingezeichnet. Die Zeichnung entstand vermutlich in engem zeitlichem Zusammenhang mit den anderen Trendelburgansichten 1626.

 


[372] vgl. Stockhausen 1939, Lotze 1984

[373] Merian 1646, S. 40

[374] vgl. „BawGebrechen vom Jahr 1615“ und „Verzeichnis der bausachen so dieses 1617 Jar im nider fürstentumb Hessen vorzunehmen“, in: HStAM Best. 53e Pak. 61

[375] Rommel 1837, S. 415

[376] Stockhausen 1939, S. 9

[377] Merian 1646, S. 40

[378] Krüger 2004, S. 43

[379] vgl. Hoffmann 2004

[380] HStAM Best. 53 e Pak. 61, „Bawgebrechen“ 1615