Wiesbaden

Wiesbaden

2° Ms. Hass. 107 [343]

Plan von Schloss und Vorhof, 1629

Die schon in der Römerzeit besiedelte Stadt Wiesbaden mit ihren Thermal- und Mineralquellen war seit dem 13. Jhdt. Reichslehen der Grafen von Nassau. Sie gliederte sich im Mittelalter in drei Teile, die engere Stadt mit der Burg, den Flecken und das Sauerland, das Gebiet der Bäder.[382] Die rechteckige mittelalterliche Burganlage war im Norden durch die Heidenmauer geschützt und an den anderen drei Seiten von einem Wassergraben umgeben. 1594 bis 1599 ließen die Grafen von Nassau das „Neue Schloss“ errichten, das ungefähr an der Stelle der heutigen Marktkirche lag. Der alte Wohnsitz wurde nur noch als Verwaltungs- und Wirtschaftsgebäude genutzt.[383] Nachdem die Stadt 1806 zur Hauptstadt des neugegründeten Herzogtums Nassau aufgestiegen war, wurde 1834-37 wurde nach den Plänen von Georg Moller das Stadtschloss (heute Hessischer Landtag) erbaut, das zum Teil auf dem Gelände der alten Burg liegt.

Die Zeichnung des Landgrafen Moritz zeigt einen Lageplan von „schloß und kelnerey / Wiesbad[en] deliniiert, den 30. Aug: / 1629“. Das „alte schloß / Wißbaden” ist mit seinem „schloß graben" am oberen rechten Rand angeschnitten dargestellt. Mehr Raum wird den Gebäuden von „schloß und kelnerey“ eingeräumt, die sich davor um einen rechteckigen Hof gruppieren. Neben „Marstall“ und „grosse Scheuer“ ist neben dem im Grundriss wiedergegebenen Wohnhaus mit integrierter „Durchfahrt“ auf der linken Seite eine Fläche eingegrenzt, bezeichnet als "Jetzige küche und / kelners wohnung / so corigiert werden / müste".

Der Abgleich mit den Stadtplänen aus späterer Zeit [384] ergibt, dass Landgraf Moritz die Gebäude des östlich der alten Burg gelegenen Schlosshofes mit den auch in späterer Zeit dort positionierten Wirtschaftsgebäuden  gezeichnet hat.  Neben dem „alten schloß“ liegt der "grorodter hoff",  seit der Mitte des 15. Jhdts. der Sitz der Familie von Groroth, deren Geschlecht 1635 ausstarb. Mit dem „stadtplatz“ wäre dann der Marktplatz gemeint, von dem aus eine Durchfahrt im herrschaftlichen Wohnhaus in den Schlosshof führt. Dieses relativ kleine Gebäude verfügte – wie aus der Zeichnung ersichtlich - über nur wenige Räume, ein Inventarium von 1627 [385] führt acht Zimmer auf. Das anschließende Küchengebäude („küche und / kelners wohnung“), das der Landgraf nur im Umriss skizziert, war ihm vermutlich wegen seines unregelmäßigen Grundrisses ein Dorn im Auge, weswegen er eine Veränderung für notwendig hielt. Sowohl die genannte „kelners wohnung“, wie auch der Begriff der „kelnerey“ (Kellerei, d.h. Schlossverwaltung) tauchen allerdings  in den wenigen erhaltenen zeitgenössischen Akten [386] nicht auf. Im Spätmittelalter war die Kellerei innerhalb des Burgareals verortet, [387] mit dem Schlossbau am Ende des 16. Jahrhunderts war diese Anordnung aber möglicherweise hinfällig geworden. In Übereinstimmung mit Merians Ansicht in der „Topographia Hassiae“ 1646 erstreckt sich an der gegenüberliegenden Seite des Hofes entlang der Heidenmauer der „Marstall“, während im östlichen Winkel der quadratische „thurm“ aufragt.

Landgraf Moritz besuchte das Schloss in Wiesbaden, in dem damals sein Neffe Johann von Nassau-Idstein residierte, vermutlich von Frankfurt aus, wohin er sich nach der Abdankung mehrfach für längere Aufenthalte zurückgezogen hatte. Wie ein von ihm verfasstes Gelegenheitsgedicht bezeugt, schätzte er an Wiesbaden vor allem die warmen Bäder.[388]

 


[382] vgl. Renkhoff 1980

[383] vgl. Vollmer 1983

[384] vgl. z.B. den „Situationsplan oder Tractus Riss der unterirdischen Stadt Wiesbaden“ 1812/1826 im Stadtarchiv Wiesbaden, für den frdl. Hinweis danke ich Frau Dr. B. Streich, Stadtarchiv Wiesbaden

[385] HStAW Abt. 137 Wiesbaden Nr. 1

[386] HStAW Abt. 137 Wiesbaden Nr. 1 + 6a

[387] Renkhoff 1980, S. 119

[388] Schleichert 1924, S. 10