dieS-Sommerschule 2015
Prof. Dr. Jörg Jost (Universität Paderborn)
Materialgestütztes Schreiben aus Leistungsperspektive
In der Sekundarstufe II spielt der Zusammenhang von Lesen und Schreiben vor dem Hintergrund wissenschaftspropädeutischer Ziele und in konkreter Hinführung auf das Schreiben von Facharbeiten (Schule) und wissenschaftlichen Texten (Universität) eine wichtige Rolle. Didaktisches Ziel ist die Entwicklung und Förderung von Textkompetenz. Methodisch soll dieses Ziel über die Aufgabenart Materialgestütztes Schreiben erreicht werden, wobei informierende oder argumentierende Texte geschrieben werden (vgl. KMK 2012, BiSta). Blickt man aus der Schreibforschung und auch der Forschung zum Textverstehen auf die Aufgabenart und bezieht man beteiligte kognitive Prozesse ein, wird deutlich, dass beim materialgestützten Schreiben nicht lediglich Texte gelesen und Texte geschrieben werden. Die Aufgabenart stellt vielmehr komplexe Anforderungen an die Schreiberinnen und Schreiber: Diese müssen z.B. in der Lage sein, multiple mentale Repräsentationen auf der Grundlage eines Materialkonvoluts zu konstruieren, dessen Materialbasis aus Texten ebenso wie aus Graphiken, Tabellen oder Bildern bestehen kann. Weiterhin sind Informationen aus dem Materialangebot auszuwählen, zu organisieren und in den eigenen Text zu integrieren (vgl. Segev-Miller 2004).
Neben ihrer Anwendung als Lernaufgabe kann die Aufgabenart Materialgestütztes Schreiben auch in Leistungskontexten eingesetzt werden, z.B. der schriftlichen Abiturprüfung. Leistungsaufgaben zum materialgestützten Schreiben werden ab 2015 Bestandteil der im Auftrag der KMK erstellten Abituraufgabensammlung sein, ab dem Schuljahr 2016/2017 auch Bestandteil des Abituraufgabenpools der Länder. Die Aufgaben werden entsprechend der Bildungsstandards sowohl im Bereich der Literatur als auch der Sprache domänenspezifisch verankert sein und in den Ausprägungen des informierenden und argumentierenden materialgestützten Schreibens auf grundlegendem wie auch erhöhtem Anforderungsniveau den Ländern zur Verfügung stehen.
Im Vortrag werden die Bedingungen aufgezeigt, die in die Konzeption von Leistungsaufgaben zum materialgestützten Schreiben (hier: der schriftlichen Abiturprüfung) eingehen, es werden konkrete Realisierungen exemplarischer Aufgaben unter den Bedingungen der Leistungssituation vorgestellt und diskutiert, und es werden Hypothesen formuliert, die aus Perspektive didaktisch-empirischer Schreibforschung in die Erforschung des Aufgabentyps und beteiligter relevanter (kognitiver) Prozesse eingebracht werden können.
Referenzen:
KMK (2012). Bildungsstandards im Fach Deutsch für die Allgemeine Hochschulreife. München, Neuwied.
Segev-Miller, R. (2004). Writing from sources. The effect of explicit instruction on college students' processes and products. Educational Studies in Language and Literature, 4, 5-33.