Webinar-Reihe via Zoom

Postkoloniale Perspektiven auf Protest und Reform in der Globalen Politischen Ökonomie. [Flyer]

Wir freuen uns über Anmeldungen zur Webinarreihe unter: protestreform@mailbox.org

Zeitplan:

Di 15.09 18:00-20:00 Uhr CEST"Our world is not for sale! - What has the global protest movement of the 1990s achieved?mit Friederike Habermann, Jai Sen, Peter Wahl, Frauke Banse und Aram Ziai

 

Mi 16.09. 18:00-19:30 Uhr CEST Coloniality, Power and Global Economic Governance.Chair: Felix Anderl.

(Fällt aus) Sophie Hölscher: Insecurity as a legal regime: Silent economic domination, coercion and possibilities to make noise.

Eric Otieno: Necropolitics-at-large: Postcolonial Sovereignty and the Coloniality of Global Economic Governance.

Angela Geck: Colonial continuities in the world trade regime and the failed development round of the WTO.

 

Do 17.09 16:00-17:30 Uhr CEST Postcolonial-feminist perspectives on protest and reform in the Global Political Economy.Chair: Johanna Leinius.

Christine Löw: Criticizing the globalized food system through claims for food sovereignty: the necessity of a postcolonial-feminist perspective for transforming power relations within Political Economy.

Anne Reiff: Can the subaltern speak or can the World Bank listen? A postcolonial-feminist perspective on the World Bank study „Voices of the Poor“.

 

Fr 18.09 14-15:30 Uhr CEST Approaches to reform research and activism from a postcolonial political science perspective.Chair: Franziska Müller.

Dustin Schäfer: Between Legitimization and Disruption of Development practices. The Accountability Framework of the World Bank Group from a postcolonial political science perspective.

Adrian Schlegel: On the coloniality of instrumentalised structures in German climate cooperation.

Anuradha Munshi:Communities, resistance and interaction with institutional accountability: Case Studies from India.

 

(Datum & Uhrzeit TBA)Reflections on Social Struggles and the Coloniality of Knowledge Production mit Sabrina Keller, Viktoriia Muliavka, Christina Pauls und Jenna Marshall

 

30 Jahre Globalisierungskritik und -forschung…

Seit den weltweiten Protesten in den 1990er Jahren gegen die fatalen Auswirkungen einer neoliberalen Globalisierung, stehen die Politiken von Internationalen Organisationen wie Weltbank, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Welthandelsorganisation (WTO) deutlich mehr unter Beobachtung als vorher – von Aktivist*innen wie von Forscher*innen. Sozialwissenschaftliche Arbeiten haben seitdem die globalen Proteste sowie die einsetzenden Reformprozesse in den Internationalen Organisationen genauer unter die Lupe genommen, in Teilen auch durchaus (herrschafts-)kritisch.

…und eine postkoloniale Leerstelle

Jedoch fehlt es bisher weitgehend an einer explizit postkolonialen Perspektive auf die umkämpfte Globale Politische Ökonomie und ihre Institutionen. Und dass, obwohl postkoloniale Studien in den letzten Jahrzehnten immer mehr rezipiert und diskutiert wurden. Postkoloniale Studien eint ihr Fokus auf koloniale Kontinuitäten und damit die Frage, wie sich Nord-Süd-Asymmetrien materiell, institutionell, epistemisch und diskursiv fortschreiben. Internationalen Organisationen kommt in diesen Asymmetrien eine zentrale Rolle zu. Postkoloniale Konzepte wie „Othering“, subalterne Repräsentation und Hybridität können eine andere, (selbst)kritische Perspektive auf globalen Protest, Reformprozesse und die Rolle von Weltbank, IWF, WTO und co. eröffnen. Gleichzeitig ist die mangelhafte systematische Betrachtung sowohl institutioneller als auch polit-ökonomischer Kontexte bisher oft die Achillesferse postkolonialer Studien gewesen.

Politik(-forschung) postkolonial?

Dieses „komplementäre Defizit“ (Ziai 2012) von Politikwissenschaft und postkolonialen Studien nehmen wir als Ausgangspunkt, um zum einen die Möglichkeiten und Grenzen einer postkolonialen Protest- und Reformforschung zu konkretisieren und zum anderen deren politische Relevanz zu diskutieren. Denn gerade vor dem Hintergrund der aktuell erstarkenden Bewegung für globale Klimagerechtigkeit werden postkoloniale Fragen wieder mit neuer Vehemenz gestellt, wie beispielsweise in der Kampagne "Decolonize!".

Wir freuen uns daher über Beiträge in vielfältigen, gerne auch kreativen Formaten u.a zu folgenden Themen:

a) Das umkämpfte Verhältnis von globalem Protest und Reform

● Welcher Protest (Protestform, Ort, Strategie etc.) führte zu institutionellen Reformen und welcher
nicht? Warum?
● Wessen Forderungen wurden mit den Reformen wie beantwortet und welche nicht? Welche Rolle spielten darin Nord-Süd- und Gender-Fragen?
● Wie haben die Reformen auf die globale Protestbewegung zurückgewirkt?
● Sind substantielle Reformen der Institutionen der Globalen Politischen Ökonomie überhaupt möglich – falls ja wie würden sie (aus postkolonialer Perspektive) aussehen?

b) (Subalterne) Repräsentation in globalen Protesten und Reformen

● Wie “global” oder auch “weiß” war die Protestbewegung der 1990er Jahre?
● Welche Rolle spielten koloniale/rassistische Stereotype in den Protesten und (wie) wurden sie reflektiert?
● Welche Rolle spielen koloniale/rassistische Stereotype in den Reform-Antworten der Internationalen Organisationen?
● Was bedeutet das für aktuelle politische Kämpfe?

c) Silencing, Aneignung, Kooptation in den Reformen der Globalen Politischen Ökonomie

● Welche Rolle kommt Subalternen und ihrem Wissen in den Institutionen der Globalen Politischen Ökonomie zu – und was hat sich daran durch die Proteste und Reformen der 1990er verändert?
● Mit welchen Konzepten kann der hegemoniale Zugriff auf Subalterne und ihr Wissen kritisch verstanden werden (z.B. Silencing, An-/Enteignung, Ko-optation, Kommodifizierung, Ent-Politisierung oder epistemische Gewalt)?
● Welche Rolle spielen (Sozial)Wissenschaftler*innen in den institutionellen Reformprozessen, z.B. in Bezug auf Subalterne/soziale Bewegungen und ihr Wissen?
● Können institutionelle Reformen auch „von unten“ angeeignet werden? Wenn ja, wie und von wem?

d) Koloniale Kontinuitäten der Globalen Politischen Ökonomie und ihren Institutionen

● Welches koloniale/imperiale Erbe zeichnet die Strukturen und Institutionen der Globalen Politischen Ökonomie aus?
● Was heißt das für die institutionellen Reformen?
● To what extent do colonial power relations refigure in current debt crises?

e) Möglichkeiten und Hindernisse einer postkolonialen Politikforschung

● Wie kann eine postkoloniale Politikforschung auf Bewegungswissen bauen – ohne es einseitig anzueignen?
● Muss eine postkoloniale Politikforschung das „Privileg des letzten Worts“ (Charter for Decolonial Research Ethics) abgeben?
● Postkoloniale Politikforschung für wen und mit wem? Was ist das politische Ziel?
● Welche theoretischen und methodologischen Möglichkeiten und Hindernisse stellen sich einer postkolonialen Politikforschung?
● Wie wird eine postkoloniale Politikforschung relevant(er)?