Kombinierte Trichter, Konzentrator, und Ventil Funktionalitäten für den magnetophoretischen Transport superparamagnetischer Partikel unter Anwendung von gezielt hergestellten magnetischen Domänenmustern

Wir untersuchten die gerichtete Bewegung superparamagnetischer Mikropartikel in Flüssigkeit oberhalb eines magnetischen Streifendomänenmusters, bei welchem die Länge der Streifen kontinuierlich und periodisch variiert. Das aufgenommene Bewegungsverhalten der Partikel öffnet neue Möglichkeiten für den gezielten diagnostischen Nachweis von Krankheitserregern in chip-basierten Schnelltests.

Seit etwa 20 Jahren wird intensiv an der Verwendung kleinster magnetischer Partikel in patientennahen Schnellnachweisen für Krankheitserreger geforscht. Die Vorteile dieser Partikel liegen auf der Hand: Sie lassen sich über angelegte Magnetfelder (die für biologische Organismen in der Regel harmlos sind) kontrolliert bewegen und die Oberflächen der Partikel können flexibel mit chemischen Verbindungen funktionalisiert werden, um somit spezifisch Krankheitserreger bzw. krankheitsbedingte Stoffe einzufangen und nachzuweisen.

Um zukünftig einen chip-basierten Schnellnachweis basierend auf der gerichteten Bewegung von magnetischen Partikeln zu realisieren, haben wir in diesem Forschungsprojekt ein System untersucht, welches sich mikrometergroße magnetische Domänen (Bereiche mit identischer Magnetisierungsausrichtung) von definierter Form und Anordnung zunutze macht. Wir erzeugten magnetische Streifendomänen innerhalb eines magnetischen Dünnschichtsystems, wobei die Länge der Streifen sukzessive und im Wechsel verkleinert und vergrößert wurde. Aufgrund der antiparallelen Ausrichtung der Streifenmagnetisierung im Vergleich zur Umgebung, wurden definierte magnetische Streufelder oberhalb des Schichtsystems erzeugt. Wir gaben eine wässrige Dispersion von magnetischen Mikropartikeln auf dieses magnetisch strukturierte Substrat und erreichten dadurch, dass die Partikel innerhalb der magnetischen Streufelder an bestimmten Positionen (Ränder der Streifendomänen) eingefangen wurden.

Magnetische Streifendomänen mit graduell abnehmender bzw. zunehmender Länge wurden hergestellt, um superparamagnetische Mikropartikel (braun) zu einer kontrollierten lateralen Bewegung anzuregen. Wie das Experiment zeigt, ordnen sich die Partikel (schwarze Punkte) während dieser Bewegung, je nach aktueller Streifenlänge, in unterschiedlichen, definierten Formationen an. Ähnlich eines Trichters werden hierbei die Partikel innerhalb eines bestimmten Punkts fokussiert und konzentriert. Die Partikelanordnung lässt sich reversibel zwischen Reihen und Clustern einstellen, wobei der Partikelabstand innerhalb der Cluster am geringsten ausfällt. Für eine bestimmte untersuchte Partikelsorte konnten reproduzierbar Cluster-Formationen mit 2, 3, 4, 5, bzw. 6 Partikeln herbeigeführt werden.

Durch Anlegen eines äußeren magnetischen Wechselfeldes konnten wir die Partikel lateral hin und her bewegen. Hierbei konnten wir über ein optisches Mikroskop mit angeschlossener hochauflösender Kamera eine faszinierende Transformation der Partikelanordnung beobachten: Ordneten sich die Partikel bei größeren Streifenlängen der Domänen noch in einer Reihe an, wurden sie beim Zulaufen auf kleinere Streifenlängen zusammengedrückt und bildeten somit zigzag-förmige Partikelgruppen (Cluster) aus. Dieses trichter-ähnliche Verhalten führte dazu, dass an der engsten Stelle mit minimaler Streifenlänge nur eine limitierte Anzahl an Partikeln innerhalb einer Gruppe bewegt werden konnte. Da die Länge der Streifendomänen nach der engsten Stelle jedoch wieder zunahm, konnten die Cluster zurück in Partikelreihen aufgelöst werden. Dieser interessante Effekt lässt sich potentiell für Krankheits-Nachweise nutzbar machen: Angenommen ein Krankheitserreger befindet sich in der Flüssigkeit, welcher bei sehr engem Kontakt der Partikel zueinander dazu führt, dass die Partikel aneinander „kleben“ bleiben (molekulare Brücken werden ausgebildet), dann würden die Cluster nach Verlassen der engsten Streifendomänen-Stelle sich nicht wieder zurück in eine Reihe anordnen. Der Wechsel des Anordnungsverhaltens würde somit die Anwesenheit des Krankheitserregers nachweisen. Als weitere spannende Beobachtung konnten wir zudem festhalten, dass bei hohen Frequenzen für die angelegten magnetischen Wechselfelder die engste Stelle blockiert wird, sprich die eingehenden Partikel kommen nicht durch und verursachen eine Art „Partikelstau“. Dieses Verhalten ähnelt dem eines Ventils, womit wir mehrere wichtige Funktionalitäten für einen Partikeltransport basierten Schnellnachweis von Krankheitserregern auf ein und demselben Chip-Substrat demonstrieren konnten.


R. Huhnstock et al., Small, 2305675 (2023)
DOI: 10.1002/smll.202305675

Dr. Rico Huhnstock, AGE – Funktionale dünne Schichten