Anne Reiff - Dissertationsprojekt, Publikationen und Lehre

Dissertationsprojekt:Die Weltbank lässt ‚die Armen‘ sprechen – Eine kontextualisierte Diskursanalyse der Studie „Voices of the Poor“ aus Perspektive einer postkolonialen Politikwissenschaft

Im Jahr 2000, am Höhepunkt der globalen Protestbewegung, veröffentlichte die Weltbank mit „Voices of the Poor“ eine von Umfang, Aufwand und Methode her einmalige Studie, die 60.000 ‚Arme‘ aus 60 Ländern zu ihrem Leben befragt. Anders als die sonstige Wissensproduktion der Weltbank, die vor allem auf international vergleichenden Statistiken basiert, zeichnet sich „Voices of the Poor“ gerade durch ihren qualitativen und partizipativen Ansatz aus, der ‚die Armen‘ scheinbar selbst sprechen lässt und so ‚authentischeres‘ Wissen über globale Armut und ihre Bekämpfung verspricht.

Das Dissertationsvorhaben will die Studie „Voices of the Poor“ als empirischen Ausgangspunkt nehmen, um das Verhältnis von Protest, Reform und Kooptation in der Weltbank und die spezifische Rolle der Repräsentation ‚der Armen‘ darin genauer zu verstehen. Hat die Weltbank aus der Kritik der globalen Protestbewegung an ihrer elitären Politik gelernt? Oder ist „Voices of the Poor“ eher als Teil einer Legitimations- und Einbindungsstrategie in Zeiten der Krise zu verstehen? Oder erschließt sich die Weltbank vielmehr im Rahmen der Neuausrichtung als „pro-poor bank“ mit der Studie ihren neuen Kundenpool bspw. für den Mikrofinanzsektor?

Zur Beantwortung dieser Fragen spielt das Wie des Sprechen-Lassens, die Repräsentation ‚der Armen‘ in der Studie eine entscheidende Rolle, die bisher jedoch kaum untersucht wurde. Mithilfe postkolonialer Theorieansätze der subalternen Repräsentation (G.Ch. Spivak) und des Othering (S. Hall) soll diese Lücke geschlossen werden und die historisch spezifischen Entstehungsbedingungen der „Voices of the Poor“-Studie mit ihren diskursiven Mustern und Darstellungen ‚der Armen‘ in Beziehung gesetzt werden.

Publikationen

Buchbeiträge

2018: “Excellence Goes Congo. The Power Structure of Academia between North and South: A Case Study of the Master of Microfinance.” In: Ahmad A.N./Fielitz M./Leinius J./Schlichte G.M. (eds.): Knowledge, Normativity and Power in Academia. Critical interventions, Frankfurt: Campus Verlag, 85-104. (gemeinsam mit J. Hirth, M. Loli und K. Weil)

Zeitschriftenbeiträge

2021 (im Erscheinen): "Das Problem der Kooptation im Kontext partizipativer Weltbankreformen. Eine postkolonial-feministische Kritik". In: PERIPHERIE 1/2021, Nr. 161.

2014:  “How  to  solve  a  crisis  of  legitimacy?  Empirical  insights  into  the  WTO  Public Forum. In: POLITIKON, IAPSS Political Science Journal, Vol. 23, 133-146.

Tagungsbeiträge (Auswahl)

2019: "Unvermittelte Kritik - IB-Perspektiven auf die Reformprozesse von Internationalen Organisationen und die Potenziale einer (postkolonialen) politischen Soziologie", Jahrestagung des DVPW-Arbeitskreises "Soziologie der Internationen Beziehungen, Gießen.

2018: "‘The poor’, knowledge and participation: a critical review of the World Bank reforms in the 1990s from the perspective of global epistemics", Pan-European conference on International Relations of the European International Studies Association (EISA), Prag.

Lehre

Sommersemester 2020

BA Seminar - Einführung in die Postkolonialen Studien (gemeinsam mit Eric Otieno)