13.08.2025 | Campus-Meldung

KI in Schule und Studium: Ende des selbstständigen Denkens? Nicht unbedingt

Kürzlich hat die Firma OpenAI unter großer internationaler Aufmerksamkeit den neuen „Study Mode“ für ChatGPT vorgestellt. Durch gezielte Rückfragen in sokratischer Art und Weise und schrittweise Erklärungen will die KI Lernende damit beim eigenständigen Denken unterstützen, statt nur Lösungen zu präsentieren. Aber ist das wirklich eine neue Dimension oder ist es Marketing-Blendwerk? In einer Studie haben sich zwei Kasseler Wissenschaftler damit beschäftigt. Sie ist bislang als Preprint erschienen, hat also noch keinen Peer-review-Prozess durchlaufen.

Bild: freepik/KI-generiert

Im Rahmen einer interdisziplinären Kooperation zwischen Mitgliedern des Zentrums für empirische Lehr- und Lernforschung (ZELL) und des International Center for Higher Education Research (INCHER) der Universität Kassel ist eine Studie von Dr. Igor Asanov und Peer-Benedikt Degen entstanden, die die Wirksamkeit eines sogenannten KI-basierten sokratischen Tutors untersuchten. Dieser KI-Tutor wurde von Peer-Benedikt Degen im Rahmen seiner Promotion konzipiert, technisch umgesetzt und getestet. Die Studie der beiden Kasseler Wissenschaftler zeigt, dass ein Einsatz von KI kritisches, eigenständiges und reflexives Denken unterstützen und nicht behindern kann, wenn das KI Tool gezielt pädagogisch instruiert ist.

Besondere Bedeutung erhalten die Ergebnisse vor dem Hintergrund einer aktuellen Studie des MIT, die zeigte, dass Studierende bei Nutzung einer nicht instruierten KI (hier Chat-GPT 4o von OpenAI) eine geringere kognitive Aktivität aufwiesen. Ein Befund, der die Bedeutung eines Fokus auf pädagogische Rahmung im KI-gestützten Lernen unterstreicht.

Die Studie von ZELL und INCHER wurde mit 65 Lehramtsstudierenden in Deutschland durchgeführt und vergleicht die Interaktion der Studierenden mit einem sokratischen Tutor mit der Interaktion mit einem nicht trainierten KI-Chatbot. Studierende, die den sokratischen Tutor nutzten, berichteten von einer deutlich stärkeren Förderung des kritischen, unabhängigen und reflektierenden Denkens, was darauf hindeutet, dass dialogische KI das metakognitive Engagement stimulieren kann und damit den jüngsten Narrativen über den Verlust von Fähigkeiten aufgrund der Nutzung generativer KI widerspricht.

Das Preprint der Studie ist soeben auf arXiv erschienen und kann unter arxiv.org/abs/2508.05116 abgerufen werden.


Kontakt:

Peer-Benedikt Degen
Universität Kassel
E-Mail: Degen[at]uni-kassel[dot]de