Aktuelle Projekte

In der Arbeitsgruppe Didaktik der Biologie erforschen wir das Lehren und Lernen von Biologie im Unterricht und im Bereich der Professionsforschung. Inhaltliche Schwerpunkte unserer Forschung sind Lehr-Lernprozesse zur Evolution, Bildung für nachhaltige Entwicklung, naturwissenschaftliche Erkenntnisgewinnung und Digitalisierung. Dabei fokussieren wir komplexe gesellschaftliche Herausforderungen (z. B. die Bedeutung von Wissenschaft bei Themen einer nachhaltigen Entwicklung und KI-gestütztes Lehren und Lernen) und den Umgang mit Lernvoraussetzungen (z. B. heterogene Vorstellungen von Schüler:innen zu biologischen Phänomenen, geringe Akzeptanz von Evolution und Herausforderungen beim Experimentieren). Die Forschungsansätze sind somit an der Schnittstelle zur Pädagogischen Psychologie, Erziehungswissenschaft und Informatik verortet. Dabei streben wir Beiträge für die Grundlagenforschung und anwendungsbezogene Entwicklungsforschung an, indem wir einerseits die Unterrichtspraxis und hochschuldidaktische Konzepte analysieren, Lehr-Lernstrategien auf ihre Wirksamkeit fachspezifisch untersuchen und andererseits empirisch basierte konkrete Empfehlungen und Lernmaterialien für den Biologieunterricht oder die universitäre Lehre erarbeiten. Die methodischen Ansätze unserer empirischen Forschung beziehen dabei qualitative und quantitative Ansätze ein (u. a. Unterrichtsvideos, Interviews, Fragebögen und experimentelle Interventionsstudien), um Lehr-Lernprozesse mehrperspektivisch zu erforschen.

Aktuelle Forschungsprojekte der Biologiedidaktik

Projektbeteiligte: Charlotte Wolff (Dissertationsprojekt)
Laufzeit: 2021–2025

Abstract:

Nachhaltigkeitsthemen im Biologieunterricht erfordern die Verbindung von wissenschaftlich-technischem Wissen mit politisch-normativen Diskursen. Dabei werden wissenschaftliche Fragen danach was wahr ist mit normativen Ideen was gut und richtig ist in Verbindung gebracht. In der schulischen Vermittlung setzten Schul-, Unterrichts- und Fachkulturen den Handlungsrahmen für Lehrpersonen der Vermittlung dieser Relation. Diese Studie untersucht daher die Orientierungen von Biologielehrpersonen hinsichtlich der Dimensionen Wissenschaft und Nachhaltigkeit sowie deren Relation in fachunterrichtlicher Handlungspraxis. Die Forschungsfragen zielen darauf, wie Lehrpersonen Wissenschaft und Nachhaltigkeit in ihrem Unterricht konstruieren und welches professionelles Selbstverständnis sich aus diesen Konstruktionen ergibt. In einem rekonstruktiv-qualitativen Forschungsdesign wurden  Interviews mit Biologielehrpersonen geführt und mit der Dokumentarischen Methode analysiert. Diese  ermöglicht die Rekonstruktion sowohl expliziter Argumentationsmuster als auch impliziter, routinierter Wissensbestände, um Typologien professioneller Orientierungen zu rekonstruieren. Dieses Forschungsprojekt ermöglicht so einen strukturtheoretischen Blick  auf habitualisierte Praxis in der Vermittlung von Wissenschaft und Nachhaltigkeit im Biologieunterricht.

Laufzeit: 2025–2028

Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Projektleitung: Helge Martens

Mitarbeiter:innen/Ansprechpartner:innen: Hannah Leah Fries, Tim Hartelt

Abstract

Die Vorstellungen von Schüler*innen über wissenschaftliche Phänomene basieren häufig auf ‚cognitive biases‘ wie Anthropomorphismus, Teleologie und Essentialismus. In populärwissenschaftlichen Medien (z. B. YouTube-Videos, Podcasts und Dokumentarfilmen) werden Schüler*innen zudem mit Erklärungen konfrontiert, die auf diesen ‚cognitive biases‘ beruhen. Für den naturwissenschaftlichen Unterricht ist es von Bedeutung, zu verstehen, inwiefern sich ‚cognitive biases‘ in populärwissenschaftlichen Medien auf die Vorstellungen der Schüler*innen auswirken und wie Schüler*innen gefördert werden können, diese Erklärungen zu identifizieren und kritisch mit ihnen umzugehen. Forschung zur Metakognition und zum selbstregulierten Lernen liefert hierfür vielversprechende Ansätze für den naturwissenschaftlichen Unterricht. Aufbauend auf dem DFG-geförderten Projekt „Förderung des konzeptuellen Wissens über Evolution durch Selbsteinschätzung und konditionales Wissen“ wird in diesem Projekt angestrebt, die empirischen Befunde zum Effekt des konditionalen metakonzeptuellen Wissens (wann und in welchen Kontexten bestimmte Erklärungen angemessen sind) auf das konzeptuelle Wissen zu vertiefen. Erklärungen, die auf ‚cognitive biases‘ beruhen, können in alltäglichen Kontexten hilfreich und für die Rezipient*innen populärwissenschaftlicher Medien ansprechend sein, aber in wissenschaftlichen Kontexten unangemessen. Da sich das konditionale metakonzeptuelle Wissen im Kontext des Biologieunterrichts als wirksam erwiesen hat, besitzt es ein großes Potenzial, die Schüler*innen auch bei der Identifikation von ‚cognitive biases‘ und beim Umgang mit diesen im Kontext populärwissenschaftlicher Medien zu fördern. In einer Interventionsstudie wird untersucht, inwieweit (a) eine Instruktion zu konditionalem metakonzeptuellem Wissen und (b) ‚cognitive biases‘ in populärwissenschaftlichen Medien einen Effekt auf die Verwendung von fachlichen Konzepten der Evolution und ‚cognitive biases‘ der Schüler*innen haben. Darüber hinaus wird der Effekt der Interventionen auf affektive Variablen untersucht, die für den Erwerb konzeptuellen Wissens relevant sind. Das interdisziplinäre Projekt ist somit an der Schnittstelle von Biologiedidaktik und Pädagogischer Psychologie verortet. Die Studie wird im Biologieunterricht der Klassenstufen 7–10 mit Hilfe einer Online-Intervention durchgeführt.

Laufzeit: presumably 2024–2028

Kooperationspartner: Suni e.V.

Projektbeteiligte: Tim Hartelt (University of Kassel, Germany), Barbara Scharfbillig (University of Trier, Germany), Elizabeth Shekupe Kashango (Otjivero Combined School, Namibia), Elizabeth Barnes (Middle Tennessee State University, United States of America), Linus Kambeyo (University of Namibia, Namibia), Lahja Tileni Nghipandulwa (University of Namibia, Namibia)

Abstract: 

Evolution is challenging to teach due to students’ manifold non-scientific conceptions and rejection of evolution, often stemming from perceived conflicts with one’s cultural and religious beliefs, even if there is no inherent conflict between religion and science. Extensive research has been carried out around the globe (but esp. in the Global North) on students’ evolutionary knowledge, acceptance, and conflict perceptions. This research has led to considerably different findings depending on the sample’s socio-cultural environment. In the Global South, less research has been conducted, and findings may be divergent from the Global North, especially in populations where both a monotheistic, Abrahamic world religion (e.g., Christianity) and indigenous religious beliefs are relevant, as is the case in Namibia. Thus, after conducting a pre-study with a smaller sample size, we aim to conduct a questionnaire study with a broader and more diverse sample of upper-secondary students from the Omaheke region in Namibia. We will measure evolutionary acceptance, knowledge, conflict perceptions, religiosity/spirituality, religious denomination, racist perceptions of evolutionary theory, and sociodemographic data (esp. on cultural backgrounds). We aim to explore the factors influencing evolutionary acceptance and knowledge to propose educational implications for enhancing evolutionary acceptance and knowledge of Namibian students, without negatively affecting their religious and cultural beliefs. After understanding which factors influence students’ acceptance and knowledge, and which exact conflict perceptions exist among Namibian school students, we aim to support Namibian educators in developing instructional materials on the topic of evolution that reduce students‘ conflict perceptions and enhance their acceptance and knowledge. In a subsequent step, we also aim to systematically evaluate these instructional materials in intervention studies and measure their effects on outcome variables such as conflict perceptions, evolutionary acceptance, and evolutionary knowledge.

Publikationen:

Hartelt, T., Kashango, E. S., & Scharfbillig, B. (2025). “God didn’t like it and detained them not to fly again:” Evolutionary understanding, acceptance, and perceived conflicts of students with interwoven religious beliefs [submitted].

Laufzeit: voraussichtlich 2023–2026

Förderung:

Projektbeteiligte: Tim Hartelt (Universität Kassel); KooperationspartnerInnen: Helena Aptyka (Universität Köln), Marit Kastaun (Universität Kassel), Anna Schmidt (Universität Kassel)

Abstract: 

Die ständigen Weiterentwicklungen im Bereich KI bieten sowohl Chancen als auch Risiken für das Lehren und Lernen im Biologieunterricht. Im Rahmen des Projektes wird anhand des exemplarischen Themas Evolution das Lehren und Lernen mit und über KI aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Dabei werden unter anderem folgende Fragen aus Forschungs- und unterrichtspraktischer Sicht bearbeitet: Inwieweit und auf welche Weise beeinflusst die Nutzung von KI (insb. von Large Language Models wie ChatGPT) das Lernen über Evolution? Wie können Schüler:innen dazu befähigt werden, den eigenen Umgang mit KI sowie den KI-produzierten Output kritisch zu reflektieren und KI in einer sinnvollen Weise zu nutzen? Inwieweit können Lehrende und Forschende KI in Lehre und Forschung produktiv nutzen, um beispielsweise Schüler:innenvorstellungen zu Evolution zu diagnostizieren und zu adressieren?

Publikationen:

Aptyka, H., Großschedl, J., & Hartelt, T. (2025). Bugbear or surefire success? Secondary school students’ conceptual learning about evolution with ChatGPT. International Journal of Science Education. Advance online publication. doi.org/10.1080/09500693.2025.2524083

Konferenzbeiträge:

Hartelt, T., Schmidt, A., & Kastaun, M. (15.–18.09.2025). Wie gut kann ein Large Language Model Schüler:innenvorstellungen diagnostizieren? In M. Kastaun (Chair), Künstliche Intelligenz als Lehr-Lern-Werkzeug für den Biologieunterricht?! (Symposium). 25. Internationale Tagung der Fachsektion Didaktik der Biologie (FDdB). Innsbruck, Österreich.

Hartelt, T., Schmidt, A., & Kastaun, M. (25.–29.08.2025). Investigating the potential of using a Large Language Model to assess students’ scientific explanations. 16th Conference of the European Science Education Research Association (ESERA). Kopenhagen, Dänemark.

Hartelt, T., & Aptyka, H. (14.–17.11.2024). Students’ learning with AI in biology education. 2024 Professional Development Conference of the National Association of Biology Teachers (NABT). Anaheim, Kalifornien, USA. doi.org/10.13140/RG.2.2.16791.89762

Hartelt, T., Großschedl, J., & Aptyka, H. (01.–05.06.2024). ChatGPT in biology education. How do AI tools influence conceptual learning? 14. Conference of European Researchers in Didactics of Biology (ERIDOB). Lyon, Frankreich.

Laufzeit: 2019–2025

Förderung: Universität Kassel (Programmlinie Zukunft, 2019–2022)

Projektleitung
Physik: Prof. Dr. R. Wodzinski
Biologie: Prof. Dr. J. Mayer, Dr. K. Ziepprecht

Mitarbeiter: Lars Meyer-Odewald

Kooperationen:
Prof. Dr. Rita Borromeo Ferri (Didaktik der Mathematik)
Prof. Dr. Dorit Bosse (Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt Gymnasiale Oberstufe)
Annette Busse (Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt Gymnasiale Oberstufe)
Prof. Dr. Andreas Eichler (Didaktik der Mathematik)
Prof. Dr. Frank Lipowsky (Empirische Schul- und Unterrichtsforschung)
Prof. Dr. Elisabeth Rathgeb-Schnierer (Didaktik der Mathematik

Abstract
Naturwissenschaftliche Denk- und Arbeitsweisen sind als wichtiges Element bereits in der Grundschule verankert, diesbezügliche Kompetenzen sowie die Gestaltung effektiver Lernumgebungen sind Gegenstand fachdidaktischer und lernpsychologischer Forschung. Um Lernende in diesem Bereich zu fördern, müssen angehende Primarstufenlehrkräfte im Studium professionsbezogene Kompetenzen im fachlichen und fachdidaktischen Wissensbereich aufbauen. Die diagnostische Kompetenz - als ein vielfach beklagter Defizitbereich der Lehrerbildung, gerade auch im Kontext des Experimentierens  - ist im Schnittfeld beider Wissensbereiche verortet.

Ein Forschungsdesiderat besteht zurzeit noch hinsichtlich theoriebasierter Instruktionsmodelle für die Lehrerbildung. Für das Generieren und Anwenden von Fachkonzepten erscheint das Kontrastieren und Vergleichen von Fällen als ein vielversprechendes Lehr-Lernprinzip. Im Projekt soll der Frage nachgegangen werden, inwiefern das Kontrastieren und Vergleichen von unterschiedlichen Fällen zum experimentellen Vorgehen (Schülerprotokollen) die fachmethodischen Kompetenzen zum Experimentieren, das Erkennen von Schülerfehlern und die Fähigkeiten zur Fehlerkorrektur bei angehenden Primarstufenlehrkräften fördert.

Das Projekt ist Teil des interdisziplinären ZELL-Projekts „Kontrastieren und Vergleichen in der Lehramtsausbildung“ (KoVeLa).

Laufzeit: 2019–2025

Projektbeteiligte: Jens Steinwachs, Helge Martens

Abstract
Die Vielfalt der Vorstellungen von Schüler*innen im Bereich des Inhaltsfelds Evolution ist umfangreich empirisch nachgewiesen, sodass wesentliche Lernvoraussetzungen und Lernschwierigkeiten bekannt sind (Hammann & Asshoff, 2019). Wie die Relation von heterogenen Schülervorstellungen und fachlicher Norm bearbeitet werden kann, ist zum einen Gegenstand biologiedidaktischer Kontroverse (Gresch & Martens, 2019) und zum anderen eine unterrichtspraktische Herausforderung für (angehende) Lehrpersonen. Für die Lehrer*innenbildung ist die Reflexion dieses Spannungsverhältnisses von besonderer Bedeutung. In strukturtheoretischen Ansätzen von Professionalität wird die Sachantinomie als unauflösbares Spannungsverhältnis beschrieben, sowohl die individuellen Besonderheiten jedes Lernenden zu berücksichtigen (Personenorientierung), als auch zugleich curriculare sowie inhaltliche Ansprüche der Lern-Sache (Sachorientierung) zu vertreten (Helsper, 2020). Ein professioneller Umgang erfordert die Bearbeitung der Relation von heterogenen Schülervorstellungen und fachlicher Norm. Als eine zentrale Voraussetzung hierfür kann eine professionelle Unterrichtswahrnehmung (Sherin & van Es, 2009) angesehen werden, da eine Lehrperson aus fachlicher Sicht zunächst lernrelevante Ereignisse im komplexen Unterrichtsgeschehen wahrnehmen muss. Aus einer praxistheoretischen Perspektive (Reckwitz, 2003) lässt sich die Unterrichtswahrnehmung als eine soziale Handlungspraxis verstehen, in deren Vollzug implizites Wissen handlungsleitend wirkt. Das implizite Wissen umfasst verschiedene Elemente. So können (angehende) Lehrpersonen bspw. durch schulische Sozialisationsprozesse über tief verankerte Vorstellungen von Lehr-Lern-Prozessen verfügen, in denen Schülervorstellungen eine bestimmte Bedeutung zugeschrieben wird.
Das implizite Wissen zu beschreiben, das bei der Unterrichtswahrnehmung hinsichtlich fachdidaktischer Aspekte handlungsleitend wirkt, stellt ein Desiderat dar. In dieser explorativen-Studie wird der Frage nachgegangen, wie (angehende) Biologielehrpersonen den Umgang mit Schülervorstellungen wahrnehmen und welches implizite Wissen dabei relevant ist.

In 29 Gruppendiskussionen und 6 Interviews verbalisieren die (angehenden) Lehrpersonen ihre Unterrichtswahrnehmung bzgl. einer Videovignette, die auf Basis von acht videographierten Unterrichtsstunden aus einem Leistungskurs Biologie eines Berufskollegs entwickelt wurde. Die Vignettenkonstruktion erfolgte theoriegeleitet, wobei die Sequenzen typische Schülervorstellungen zur Evolution beinhalten (Hammann & Asshoff, 2019) und Interaktionen zwischen der Lehrperson und Schüler*innen beobachtbar sind. Die Datenauswertung erfolgt mithilfe der dokumentarischen Methode, da diese eine methodisch kontrollierte und wissenssoziologisch fundierte Differenzierung sowie Verhältnissetzung zwischen explizitem und implizitem Wissen ermöglicht. Durch komparative Analysen sind fallübergreifende und generalisierbare Schlussfolgerungen möglich (Bohnsack et al., 2013).

Ein Beitrag der Studie für die Praxis der Lehrer*innenbildung soll darin bestehen, zu den rekonstruierten impliziten Wissensbeständen (siehe für erste empirische Ergebnisse Steinwachs & Gresch 2019) anschließend passende Lehr-Lern-Angebote forschungsbasiert zu entwickeln. Die widersprüchlichen Erwartungen im Umgang mit Schülervorstellungen zu diskutieren und zu reflektieren, wäre ein möglicher Ansatz zur Professionalisierung der Unterrichtswahrnehmung. Eine Berücksichtigung des impliziten Wissens der (angehenden) Lehrpersonen (bspw. bezüglich der Bedeutung von Schülervorstellungen für das Verstehen der fachlichen Norm) und der Einsatz von Videovignetten könnten dabei einen vielversprechenden Beitrag leisten (siehe für erste Perspektiven hinsichtlich eines fallrekonstruktiven Seminarangebots Steinwachs & Gresch 2020).

Publikationen (Projekt-bezogen)

  • Steinwachs, J.; Gresch, H. (2020). Professionalisierung der Unterrichtswahrnehmung mithilfe von Videovignetten im Themenfeld Evolution – Bearbeitung der Sachantinomie in der biologiedidaktischen Lehrerbildung. In Kürten, R.; Greefrath, G.; Hammann, M. (Hrsg.), Komplexitätsreduktion in Lehr-Lern-Laboren. Innovative Lehr-Formate in der Lehrerbildung zum Umgang mit Heterogenität und Inklusion. Münster: Waxmann, 57-78.
  • Steinwachs, J.; Gresch, H. (2019). Umgang mit Schülervorstellungen im Evolutionsunterricht – Implizites Wissen von Lehramts-studierenden bei der Wahrnehmung von Videovignetten. Zeitschrift für interpretative Schul- und Unterrichtsforschung, 8, 24–39.

Laufzeit: 2018–2022

Projektbeteiligte: Prof. Dr. Helge Martens (Universität Kassel),Prof. Dr. Matthias Martens (Universität zu Köln)

Abstract
Das Spannungsverhältnis von naturwissenschaftlicher/biologischer Fachlichkeit und Schülervorstellungen ist aus der Perspektive konstruktivistischer Lehr-Lern-Theorien zentral für den Erwerb fachlichen Wissens. Schülerinnen und Schüler erklären biologische Phänomene, wie z.B. die Angepasstheit von Lebewesen an ihre Umwelt, häufig nicht mit Hilfe naturwissenschaftlicher Kausalmechanismen, sondern teleologisch, d.h. unter Bezugnahme auf den Zweck der Angepasstheit, Zielgerichtetheit, Intentionalität oder externale Akteure. Damit werden Erklärungsmuster aus den sozialen Interaktionen der Alltagswelt der Schülerinnen und Schüler auf biologische Phänomene übertragen. In der Biologie werden teleologische Erklärungen daher oft als zentrales Lernhindernis, insbesondere im Kontext der Evolution, bewertet. Wegen des häufigen Auftretens in einer Vielzahl von Kontexten wird Teleologie daher auch als allgemeine Denkweise von Schülerinnen und Schülern beschrieben und ist somit von besonderer Bedeutung für den Biologieunterricht.

Im Projekt wird die Fragestellung untersucht, in welcher Weise teleologische Schülervorstellungen im Evolutionsunterricht adressiert werden. Im Unterschied zu den bisherigen Studien im Bereich der Schülervorstellungsforschung und Arbeiten zum fachdidaktischen Wissen von Lehrkräften, ist über die unterrichtlichen Interaktionen wenig bekannt. Welche Erklärungsstrukturen entstehen im Biologieunterricht bei Schüler-Schüler-Interaktionen sowie Lehrer-Schüler-Interaktionen? Wie gehen Lehrpersonen mit teleologischen Erklärungen um? Im Projekt wurden bisher zehn Unterrichtseinheiten von je vier bis acht 90-minütigen Stunden im Kontext von evolutionärer Anpassung in der Sekundarstufe I und II videografiert. Zudem wurden Interviews mit den Lehrpersonen geführt. Mit der Dokumentarischen Methode ließen sich in den bisherigen komparativen Analysen unterschiedliche Umgangsweisen der Lehrpersonen mit dem Spannungsverhältnis von fachlichen Inhalten und Schülervorstellungen rekonstruieren (Gresch, 2020; Gresch & Martens, 2019; Martens & Gresch, 2018): Einige Lehrpersonen konstruieren eine Differenz von als wahr beschriebenen kausalen Aussagen, die mit Darwins Evolutionstheorie verknüpft und erkenntnistheoretisch in einem positivistischen Sinne überhöht werden, und falschen teleologischen Schüleraussagen, die mit Lamarck assoziiert werden. Dabei werden im Unterricht Theorien, die im historischen Erkenntnisgewinnungsprozess revidiert wurden, abgewertet und diskreditiert. Zufallsmechanismen werden als Charakteristikum von Evolutionstheorien intentionalen Mechanismen aus der Alltagswelt gegenübergestellt. Bei anderen Lehrpersonen ließ sich eine ambivalente Vereinbarkeit von kausalen und teleologischen Erklärungen rekonstruieren, sodass die Vermischung von Zufallselementen und intentionalen Bekundungen durch die Lehrperson zu einer Verfälschung des fachlichen Gegenstandes führt. Es zeigt sich, dass dieser Typus die Reproduktion teleologischer Schülervorstellungen im Unterricht ermöglicht.

Publikationen (Projekt-bezogen)

  • Gresch, H. (2020). Teleological explanations in evolution classes: video-based analyses of teaching and learning processes across a seventh-grade teaching unit. Evolution: Education and Outreach, 13:10, 1–19.
  • Gresch, H. & Martens, M. (2019). Teleology as a tacit dimension of teaching and learning evolution: A sociological approach to classroom interaction in science education. Journal of Research in Science Teaching, 56(3), 243–269. doi: 10.1002/tea.21518.
  • Martens, M. & Gresch, H. (2018). Ambivalente Fachlichkeiten. Die (Re)Produktion fachlicher Vorstellungen im Biologieunterricht. In Martens, M., Rabenstein, K., Bräu, K., Fetzer, M., Gresch u. a. (Hrsg.), Konstruktionen von Fachlichkeit: Ansätze, Erträge und Diskussionen in der empirischen Unterrichtsforschung (S. 275–288). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

Laufzeit
12/2021-10/2023

Förderung
Joachim Herz Stiftung

Projektleitung / Ansprechpartnerin
Dr. Finja Grospietsch

Abstract

Der DigitalPakt Schule legt seit 2019 den finanziellen Grundstein, um Schulen mit digitaler Technik auszustatten. Die COVID-19-Pandemie zeigt mit den begleitenden Veränderungen des Bildungssystems deutlich auf, dass Technik allein nicht ausreicht, um die effektive Gestaltung und Unterstützung von Lernprozessen im Fernunterricht oder eine zielführende Verbindung von Phasen des Präsenz- und des Fernunterrichts zu gewährleisten. Insbesondere die digitale Umsetzung von Methoden des Fachunterrichts stellt Lehrkräfte vor neue Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Im Projekt MeBiDi (Methoden des Biologieunterrichts digital umsetzen) sammeln angehende Biologielehrkräfte in hochschulischen Lehrveranstaltungen Erfahrungen mit digitalen Tools und erproben, wie sich darüber Methoden ihres Fachunterrichts digitalisieren lassen. Ihr Wissen und die dazugehörigen Umsetzungstipps geben die Studierenden im Rahmen von Erklärvideos, Praxisartikeln, Mikrofortbildungen und Lernreisen an praktizierende Biologielehrkräfte weiter. Dabei wird das Lehr-Lern-Konzept Service Learning genutzt und evaluiert.

Im Rahmen des Projekts erfolgt ein Transfer an die Universität Hamburg, der der Dissemination von Erfahrungen und Ergebnissen aus dem Kolleg Didaktik:digital in die Lehramtsausbildung der Universität Hamburg dienen soll.

Teilprojekt 2 - Professionalisierung durch intelligente Lehr-/Lernsysteme (ProfiLL)

Laufzeit
03/2020-12/2023

Förderung
BMBF

Projektleitung
Dr. M. Meier

Mitarbeiterin - Ansprechpartnerin
M. Kastaun

Link zum Projekt
https://www.uni-kassel.de/einrichtung/zlb/forschung-innovationsprojekte/pronet-d/teilprojekte/tp-2-profill-professionalsierung-durch-intelligente-lehr-/lernsysteme

Abstract
Als Basis und Ausgangspunkt zum digitalen Lehr-/Lerntool in ProfiLL dient ein interaktives System und digitaler Begleiter zum naturwissenschaftlichen Experimentieren (DiVoX: Meier & Kastaun, 2017), welches bereits aus einer engen Zusammenarbeit zwischen der Fachdidaktik der Biologie und des Fachgebiets Theoretische Informatik/Formale Methoden entstanden ist. Das Ziel von ProfiLL ist es, mithilfe digitaler Lehr-/Lernsysteme die Gestaltung und den Ablauf naturwissenschaftlicher Experimente im Schulunterricht zu professionalisieren. Das Teilprojekt ist an das Lehr-Lernlabor „Experimentier-Werkstatt Biologie (FLOX)“ angebunden und nimmt daher angehende (Biologie-) Lehrkräfte sowie Schüler*innen in den Blick. Eingebettet in eine zu entwickelnde Lernumgebung arbeiten die Lehramtsstudierenden schrittweise mit dem intelligenten Lehr-/Lerntool und nehmen hierbei sowohl eine Lerner- als auch Lehrerperspektive ein.

Die Universität Kassel geht mit dem Vorhaben PRONET-D in die dritte Runde der Qualitätsoffensive Lehrerbildung. Im Schwerpunkt der Digitalisierung in der Hochschullehre und der universitätren Ausbildung im Lehrberuf werden Lernumgebung entwicklet und evaluiert sowie ein Netzwerk zur Breitenwirkung der Digitalisierung an der Universität implementiert.

Laufzeit
01/2020-09/2022

Förderung
Joachim-Herz-Stiftung, Kolleg digital

Projektleitung
Dr. M. Meier, M. Kastaun

Mitarbeiterin - Ansprechpartnerin
M. Kastaun

Abstract
Die (fach-)didaktische Einbettung digitaler Medien in die Unterrichtsgestaltung stellt Lehramtsstudierende vor große Herausforderungen, die im Besonderen mit der Ausprägung von Kompetenzen zum mediendidaktischen Entscheiden und Handeln verbunden sind. Im Projekt wird das Ziel verfolgt, digitale Medienkompetenz entsprechend den TPACK-Elementen (Mishra & Köhler, 2006) bei Lehramtsstudierenden im Fach Biologie über den Studiumsverlauf sukzessiv aufzubauen und anzuwenden. Die Auseinandersetzung mit und Förderungen von einzelnen Wissenselementen des TPACK-Modells erfolgen hierbei sequenziert und kumulativ. Beginnend mit fachdidaktisch-pädagogischem Grundlagenwissen (PCK) zu Medienzweck, -einsatz und -kritik (1) werden die Studierenden in ihren technischen Fähigkeiten zu ausgewählten Werkzeugen (TK, TCK) geschult (2). In Pflicht- und Wahlkursen wenden sie ihr Wissen und ihre Fähigkeiten in der Konzeption mediengestützter Lernsettings (TPACK) fachbezogen (CK) an.

Laufzeit: 2020–2025

Förderung: DFG (2020–2023)

Projektbeteiligte: Tim Hartelt, Helge Martens

Abstract
Die Förderung konzeptuellen Wissens wird nachweislich durch selbstreguliertes Lernen und metakognitives Wissen unterstützt. Zwei relevante Teilaspekte sind dabei die Selbsteinschätzung und das konditionale Wissen darüber, in welcher Anforderungssituation welches Wissen angewendet werden soll. Im beantragten Projekt soll in einer Interventionsstudie mit 2x2-faktoriellem Design die biologiedidaktische Fragestellung untersucht werden, welchen Effekt a) die Selbsteinschätzung der Schülerinnen und Schüler bzgl. ihrer eigenen Präkonzepte im Themenfeld Evolution und b) Instruktion zum Erwerb konditionalen Wissens bzgl. alltagsbezogener und wissenschaftlicher Anforderungssituationen auf den Erwerb und die Anwendung konzeptuellen Wissens zur natürlichen Selektion haben. Insbesondere wird ein Interaktionseffekt erwartet, wenn die Selbsteinschätzung der eigenen Präkonzepte mit konditionalem Wissen über unterschiedliche Anforderungssituationen verknüpft wird. Um den Effekt auf die Förderung konzeptuellen Wissens tiefergehend zu verstehen, soll zudem der Einfluss der Selbsteinschätzung und des konditionalen Wissens auf die Selbstwirksamkeitserwartung und die kognitive Belastung untersucht werden. Während es erste empirische Hinweise zur Wirksamkeit aus pädagogisch-psychologischer Forschung gibt, ist die Untersuchung domänenspezifischer Effekte der Selbsteinschätzung und des konditionalen Wissens auf das konzeptuelle Wissen bislang ein fachdidaktisches Desiderat. So gelten in biologiedidaktischen Publikationen die Selbsteinschätzung und die Differenzierung von alltagsbezogenen und wissenschaftlichen Anforderungssituationen als zentral für den nachhaltigen Aufbau konzeptuellen Wissens, jedoch gibt es bisher nur wenige empirische Belege. Aus der biologiedidaktischen Forschung gibt es hingegen differenzierte Erkenntnisse über fachspezifische Präkonzepte und die Herausforderungen beim Aufbau konzeptuellen Wissens. Teleologische und anthropomorphe Präkonzepte werden dabei als allgemeine Denkweisen und zentrales Lernhindernis für den Erwerb konzeptuellen Wissens im Fach Biologie und insbesondere im Themenfeld Evolution beschrieben. Da diese Präkonzepte den Alltagsinteraktionen entstammen, erfordert die Förderung konzeptuellen Wissens in besonderer Weise metakognitives Wissen über die eigenen Präkonzepte und ein konditionales Wissen zur Differenzierung zwischen alltagsbezogenen und wissenschaftlichen Anforderungssituationen. Der Innovationsgehalt des interdisziplinären Projekts an der Schnittstelle von Biologiedidaktik und Pädagogischer Psychologie liegt darin, den Effekt der Selbsteinschätzung und des konditionalen Wissens auf das konzeptuelle Wissen auf Basis biologiedidaktischer Erkenntnisse zu Präkonzepten und fachwissenschaftlich relevantem konzeptuellem Wissen domänenspezifisch und systematisch zu untersuchen. Dabei sollen Wirksamkeitsnachweise zur effizienten Förderung des konzeptuellen Wissens in einer experimentellen Interventionsstudie erbracht werden.

Publikationen (Projekt-bezogen):

  • Hartelt, T., & Martens, H. (2025). Development and validation of an instrument measuring students’ self-efficacy regarding explaining evolutionary changes. Journal of Biological Education. https://doi.org/10.1080/00219266.2025.2546795

  • Hartelt, T., & Martens, H. (2025). How accurate are students in self-assessing their conceptions of evolution? Science Education, 109(3), 965–989. https://doi.org/10.1002/sce.21945 

  • Hartelt, T., & Martens, H. (2025). Promoting metacognitive awareness and self-regulation of intuitive thinking in evolution education. The American Biology Teacher, 87(2), 113–119. https://doi.org/10.1525/abt.2025.87.2.113
  • Hartelt, T., & Martens, H. (2024). Self-regulatory and metacognitive instruction regarding student conceptions: Influence on students’ self-efficacy and cognitive load. Frontiers in Psychology15, Article 1450947. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2024.1450947  [Visual Abstract]
  • Hartelt, T., & Martens, H. (2024). Influence of self-assessment and conditional metaconceptual knowledge on students’ self-regulation of intuitive and scientific conceptions of evolution. Journal of Research in Science Teaching61(5), 1134–1180. doi.org/10.1002/tea.21938  [Visual AbstractVideo Abstract]
  • Hartelt, T., & Martens, H. (2024). Evolution: Wie wurden die Geparde schneller? Eine interaktive digitale Simulation zur natürlichen Selektion. Unterricht Biologie493, 46–47.