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12/10/2025 | Wissenschaftliche Standpunkte

Härte ja – Willkür nein im Umgang mit Social-Media-Giganten

Anders als beim Deregulierungskurs durch den Digital-Omnibus hält die EU an ihrem Digital Services Act (DSA) fest. Die EU-Kommission hat eine Geldbuße gegen X verhängt, geht weiter gegen Instagram, Facebook und TikTok vor und will nun auch WhatsApp stärker ins Visier nehmen. Nach Ansicht einer Kasseler Rechtswissenschaftlerin entscheidet sich u.a. daran die digitale Souveränität Europas

PorträtbildImage: the free bee photography
Tahireh Panahi.

„Öffentliche WhatsApp Kanäle könnten als Online-Plattformen im Sinne des DSA eingestuft werden. Es geht dabei nicht darum, private Chats zu kontrollieren“, sagt Tahireh Panahi, Wissenschaftlerin am Fachgebiet Öffentliches Recht und IT-Recht an der Universität Kassel. „Ein Problem sehe ich allerdings bei der Einordnung besonders mitgliedsstarker Gruppen. Hier gibt es bislang keine ausreichenden rechtlich festgelegten Kriterien, ab wann eine Gruppe als öffentlich gelten soll“, so Panahi, die diese Problematik in einem gemeinsamen Policy Paper ihres Forschungsprojekts erläutert hat.

Auch zu den laufenden Verfahren der EU-Kommission gegen TikTok und Co. nimmt die Kasseler Juristin Stellung: „Die EU-Kommission hat bereits einige Untersuchungsverfahren gegen sehr große Online-Plattformen angestrengt. Dafür hat sie in der letzten Zeit massive Gegenwehr aus US-Regierungskreisen erfahren. Lange Zeit stagnierten diese Verfahren und es war für die Öffentlichkeit nicht klar, ob das Recht durchgesetzt wird.“ Jetzt komme endlich Bewegung in die Sache. Die Kommission hatte zuletzt einen weiteren Schritt gegen Meta unternommen und mit Geldstrafen gedroht, „Es ist unklar, ob es tatsächlich zu Bußgeldern kommt, da es sich nur um ein vorläufiges Ergebnis handelt.“ 

Dennoch sei es ein wichtiges Zeichen: „Mögliche Bußgelder gegen US-amerikanische Plattformen sind keine bloße Frage der Rechtsdurchsetzung, sondern ein politischer Balanceakt, der gravierende Folgen für die Zukunft der transatlantischen Beziehungen haben kann. Setzt die EU ihr Recht weiter durch, wurde schon mit allerhand gedroht: Strafzölle, Exportstopps, Sanktionen gegen EU-Verantwortliche, Nato-Austritt. Knickt die EU ein, droht sie, einen Teil ihrer Souveränität – ihr gesetztes Recht effektiv durchzusetzen – einzubüßen.“

Panahi weiter: „Ich würde es grundsätzlich sehr befürworten, wenn die großen Digitalgesetze der EU reformiert werden würden, Änderungen sollten jedoch nicht primär an den wirtschaftlichen Interessen drittstaatlicher Großkonzerne orientiert werden.“ Vielmehr solle das EU-Primärrecht und der dort verankerte grundrechtliche Schutz der EU-Bürgerinnen und -Bürger herangezogen werden. „Diese sehen sich aktuell dem weiteren Machtausbau von Großkonzernen ausgesetzt und sind gerade jetzt besonders schutzbedürftig.“

Der DSA schafft einheitliche europäische Vorschriften für digitale Plattformen, Dienste und Produkte. In der Öffentlichkeit werde der DSA allerdings oft falsch verstanden: „Der DSA ist ein äußerst komplexes und umfangreiches Werk. Es kommt leider häufig zu Fehlannahmen über seine Vorschriften. Er enthält z.B. keine allgemeine Löschpflicht für ‚Fake News‘. Auch wird Zensur oft leichtfertig behauptet, ohne die Gesetzessystematik zu verstehen.“ 

Panahi untersucht im Rahmen ihrer laufenden Doktorarbeit, inwiefern der DSA gegen Desinformation wirken kann, und hat zuletzt im BMBF-Projekt "Dynamiken der Desinformation Erkennen und Bekämpfen" mitgearbeitet.

Weitere Informationen zur Person: 
https://www.tahirehpanahi.de/
 

Kontakt: 
https://www.uni-kassel.de/fb07/iwr/oeffentliches-recht-it-recht-und-umweltrecht/team/wissenschaftliche-mitarbeiterinnen/tahireh-panahi.html


 

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