19.01.2024 | Porträts und Geschichten

„Wir schaffen Erinnerungen“ – Interview mit Jana Wendelken

Jana Wendelken (25) wurde als Finalistin für den Engagementpreis 2024 der Studienstiftung des deutschen Volkes ausgezeichnet. Sie studiert im Master Ökologische Landwirtschaft in Witzenhausen und engagiert sich ehrenamtlich seit vielen Jahren bei der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG). Wir haben ihr einige Fragen zu ihren Tätigkeiten und dem Thema Ehrenamt allgemein gestellt.

Portraitfoto von Jana Wendelken in Pfadfinderkluft.Bild: Marvin Raußen.
Jana Wendelken.

Frau Wendelken, Sie wurden als Finalistin in der Kategorie Engagementpreis ausgewählt – was bedeutet das für Sie?

Ich freue mich total darüber und habe es eigentlich gar nicht erwartet. Mein Ehrenamt ist ja kein befristetes Projekt, sondern eins, das kontinuierlich läuft. Nach einer Empfehlung aus der Studienstiftung dachte ich mir: Ich versuche es einfach mal. Ich finde es wirklich schön, dass meine Arbeit und damit auch der Bereich, in dem ich mich engagiere, geehrt wird. Außerdem gibt mir die Auszeichnung die Möglichkeit, mich mit den anderen Preisträgerinnen und Preisträgern auszutauschen – das ist sehr spannend.

Wie lange sind Sie bei der DPSG und warum haben Sie entschieden, sich dort zu engagieren?

Ich bin vor etwa dreizehn Jahren, also mit 13, als Jugendliche, eingestiegen. Das ist für das Pfadfinden eigentlich verhältnismäßig spät. Nach drei Jahren als Pfadfinderin habe ich dann mit etwa 16 Jahren angefangen, selbst Gruppen zu leiten und jetzt leite ich seit 2019 eine feste Gruppe in Witzenhausen. Rückblickend merke ich, wie viel mir die Leiterinnen und Leiter damals als Pfadfinderin gegeben haben.

Was motiviert Sie in Ihrer ehrenamtlichen Arbeit, was macht Ihnen besonders Spaß daran?

Eine große Motivation im Rahmen meiner Stammesarbeit [ein „Stamm“ ist bei Pfadfindern eine Ortsgruppe, Anm. d. Red.] ist, dass die Verbandsmitglieder viele geteilte Werte verbinden: Wir sind naturverbunden, gesellig und umweltsensibel, legen Wert auf regionale, faire Lebensmittel. Es motiviert mich auch sehr, zu sehen, wie wir bei den Kindern und Jugendlichen Erinnerungen schaffen. Wir können hier junge Menschen positiv prägen und schöne Erlebnisse mit ihnen teilen.

An der Gremienarbeit schätze ich besonders die Möglichkeit, über den eigenen Tellerrand zu schauen und zu sehen, wie andere arbeiten. Ich habe aber auch ein tolles Team. Durch mein Engagement auf beiden Ebenen muss ich allerdings immer meine Wochenenden und meine Freizeit lange im Voraus planen, leider bleibt kaum Platz für Spontaneität. Am Ende gibt mir die Arbeit aber mehr Kraft, als sie zieht.

Sie sprachen selbst schon die Gremienarbeit an: Seit 2022 sind Sie auch Vorsitzende des Diözesanverbands DPSG Fulda. Was hat Sie dazu bewegt und was beinhaltet diese Arbeit?

Ja, als vor zwei Jahren der Posten im Diözesanvorstand frei war, hat mich mein jetziger Mitvorstand gefragt, ob ich nicht Interesse an dem Amt hätte. Ich habe es mir überlegt, kandidiert und wurde gewählt. Man wird immer auf drei Jahre gewählt, davon ist jetzt noch eins übrig.

Eigentlich erhalte ich den Engagementpreis für mein Ehrenamt als Diözesanvorsitzende, also für die Gremienarbeit – die beiden Bereiche meines Ehrenamts sind aber in der Realität eng miteinander verknüpft. Als Vorsitzende vertrete ich den Verband nach innen und außen und organisiere verschiedenste Veranstaltungen, auch für die Kinder und Jugendlichen in unseren Stämmen. Ich schätze die Abwechslung der Gremien- und Jugendarbeit und habe das Gefühl, wirklich was bewegen zu können.

Haben Sie konkrete Ziele als Vorstandsmitglied?

Sowohl mein Stamm in Witzenhausen als auch mein Diözesanverband sind als „Fair-Trade-Stamm“ bzw. „Fair-Trade-Diözesanverband“ ausgezeichnet, darauf bin ich auch sehr stolz. Ich möchte mich dafür einsetzen, mehr Stämme auf dem Weg zu Fair-Trade-Stämmen zu begleiten. Außerdem ist es mir sehr wichtig, die Ausbildung der Leiterinnen und Leiter zu fördern.

Ein Ziel, das ich bereits erreicht habe, war es, ein Diözesanlager auszurichten. Das ist ein gemeinsames Lager für alle 17 Stämme, die es im Diözesanverband Fulda gibt, anstatt nur für einen einzelnen, wie es vielleicht viele kennen. Außerdem möchten wir 2024 die Bundesversammlung der DPSG bei uns in Fulda ausrichten.

Sie studieren ja auch Ökologische Landwirtschaft in Witzenhausen. Gibt es Wechselwirkungen zwischen Ihrem Studium und Ihren ehrenamtlichen Tätigkeiten?

Auf jeden Fall. Einerseits kann ich viel Wissen aus meinem Studium weitergeben, indem ich zum Beispiel mit den Kindern in meiner Gruppe über Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung spreche. Und als Diözesanvorsitzende habe ich die Möglichkeit, die Themen Ernährung und Lebensmittel über die Gremienarbeit präsenter zu machen. Und natürlich lerne ich auch im Ehrenamt sehr viel, das mir persönlich und für mein Studium nutzt – zum Beispiel Organisation, Moderation oder auch, wie man gutes zwischenmenschliches Feedback gibt. Ich musste auf jeden Fall auch lernen, meine Grenzen zu kommunizieren, um irgendwie alles unter einen Hut zu bekommen.

Was würden Sie anderen – Studierenden sowie allen Weiteren – raten, wenn es um das Thema ehrenamtliches Engagement geht?

Ich würde sagen: Ehrenamt lohnt sich. Es lohnt sich für einen selbst und ist gleichzeitig wichtig und gut für die Gesellschaft. Sich mit anderen zu vernetzen und auszutauschen ist sehr wertvoll – sowohl um ein passendes Ehrenamt zu finden, als auch innerhalb des Ehrenamts, denn auch für die Zukunft kann man hier super Kontakte knüpfen. Es ist auch hilfreich, Verschiedenes auszuprobieren und so die eigenen Interessen zu erforschen, damit man etwas findet, was einem wirklich liegt und Spaß macht. Man lernt im Ehrenamt, Verantwortung zu übernehmen, für sich selbst und für andere, und für sich einzustehen – in meinem Fall ist es toll, dass ich dasselbe auch den Kindern vermitteln kann.

Eine letzte Frage: Der Preis ist ja auch mit 1.000€ dotiert. Haben Sie Pläne, was Sie mit dem Preisgeld tun möchten?

Das ist eine gute Frage, tatsächlich habe ich noch keine konkreten Pläne. Ich möchte vielleicht einen Teil direkt in mein Projekt stecken oder es nutzen, um einen Segelschein zu machen. Der wäre dann in Zukunft auch für Lager mit den Kindern und Jugendlichen sehr nützlich.

 

Das Interview führte Lisa-Maxine Klein.