09.04.2013 | Pressemitteilung

Kassel: Historiker Frank Stern übernimmt Rosenzweig-Gastprofessur

Die Universität Kassel vergibt die Franz-Rosenzweig-Gastprofessur 2013 an den Historiker und Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Frank Stern von der Universität Wien. Stern forscht insbesondere zur deutsch-jüdischen Literatur- und Filmgeschichte.

„Mit Herrn Professor Stern bereichert eine Persönlichkeit die Universität Kassel, die in ganz besonderer Weise dem Profil der Franz-Rosenzweig-Professur entspricht“, freute sich Prof. Dr. Winfried Speitkamp, Vorsitzender der Findungskommission der Universität: „Seine Forschungsschwerpunkte zählen zu den höchst aktuellen Fragen der internationalen Geschichtswissenschaft, ob es sich nun um den Stellenwert des Holocaust im deutschen und Weltgedächtnis, den Wandel von Erinnerungskulturen oder die Vermittlung deutsch-jüdischer Begegnungs- und Verfolgungsgeschichte im Film handelt.“

Prof. Dr. Frank Stern, geb. 1944 in Ostpreußen, zählt zu den renommiertesten Kennern der deutsch-jüdischen Geschichte. Nach einem Studium der Germanistik, Geschichte und Politikwissenschaft in Berlin und Jerusalem und Tätigkeiten an Hochschulen und in der Erwachsenenbildung wurde Stern 1989 an der Universität Tel Aviv promoviert. 1997 übernahm er eine Professur für moderne deutsche und europäische Geschichte an der Ben-Gurion-Universität in Beer-Sheva, seit 2004 ist er Professor für visuelle Zeit- und Kulturgeschichte an der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. Er hat darüber hinaus eine große Zahl von Gastprofessuren in Deutschland, Österreich, den USA und Israel innegehabt.

„Die Vielzahl der Gastprofessuren zeugt von dem außerordentlichen Renommee, das Herr Professor Stern in der internationalen Wissenschaftsöffentlichkeit genießt“, betonte Speitkamp, der das Fachgebiet Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Kassel leitet. „Auf der einen Seite beruht es auf seinen spezifischen Forschungsbeiträgen zur deutsch-jüdischen Geschichte. Zum anderen hat Frank Stern sich seit Beginn seiner wissenschaftlichen Tätigkeit nicht nur um spezialisierte Forschung, sondern auch um Einordnung, Erklärung und Vermittlung bemüht.“

So behandelt Sterns mittlerweile in zweiter Auflage vorliegendes und auch ins Englische übersetzte Buch „Im Anfang war Auschwitz: Antisemitismus und Philosemitismus im Nachkrieg“ die 1940er Jahre und den problematischen Umgang von Öffentlichkeit und Politik in Deutschland mit der nationalsozialistischen Vergangenheit sowie die Schwierigkeiten, eine neue Position gegenüber der jüdischen Kultur in Deutschland und gegenüber Israel zu finden. In weiteren Arbeiten hat sich der Historiker unter anderem mit Ludwig Börne, Theodor Herzl und dem Zionismus, der jüdischen Kultur Wiens im frühen 20. Jahrhundert und der Darstellung deutsch-jüdischer Geschichte im Film beschäftigt. Seine 2002 erschienene Monographie „Dann bin ich um den Schlaf gebracht: ein Jahrtausend jüdisch-deutsche Kulturgeschichte“ zieht eine beeindruckende Bilanz der gemeinsamen und belasteten Geschichte.

Stern wird im Sommersemester an der Universität Kassel zwei Lehrveranstaltungen anbieten: „Filmexil in Hollywood und Film Noir in der Kultur- und Gendergeschichte" sowie „Bilder des Jüdischen im deutschsprachigen und internationalen Spielfilm". In seiner Antrittsvorlesung spricht er zur Rolle Franz Rosenzweigs in der jüdisch-christlichen Kulturgeschichte. Die Antrittsvorlesung findet statt am 25. April um 18 Uhr im Gießhaus, Mönchebergstraße 5. Die Veranstaltung ist öffentlich, der Eintritt frei.

Die Franz-Rosenzweig-Gastprofessur ist eine in der deutschen Universitätslandschaft einmalige Einrichtung. Sie wird seit 1987 jeweils im Sommersemester an einen Wissenschaftler oder eine Wissenschaftlerin aus dem Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften vergeben, der oder die durch Arbeit und Forschung zu Fragen der europäisch-jüdischen Geschichte, Kultur und Bildung dem Verdrängen und Vergessen des in Europa zerstörten jüdischen Erbes entgegenwirkt. Sie ist benannt nach Franz Rosenzweig (1886 – 1929). Der große jüdische Sohn der Stadt Kassel trat als Historiker und Philosoph hervor und entwickelte seine religionsphilosophischen Gedanken im Austausch mit christlichen Freunden. 

 

Bild von Prof. Dr. Frank Stern unter:
www.uni-kassel.de/uni/fileadmin/datas/uni/presse/anhaenge/2013/Stern.JPG

Bild: Stern

 

 

Info   

Prof. Dr. Winfried Speitkamp
Universität Kassel
Fachgebiet Neuere und Neueste Geschichte
Tel.: +49 561 804-3120
E-Mail: speitkamp[at]uni-kassel[dot]de