03.01.2024 | Pressemitteilung

Sport, Gedächtnis, Denkleistung: Studie untersucht Trainingseffekte im Alter

Krafttraining auf instabilen Unterlagen kann bei älteren Menschen kognitive Leistungen verbessern – so viel ist bereits bekannt. Eine Kasseler Studie untersucht nun, ob und inwiefern Krafttraining auf instabilen Unterlagen gegenüber klassischem Gleichgewichtstraining Gedächtnisleistungen, die kognitive Flexibilität und die räumlich-visuelle Wahrnehmung verbessert. Dafür messen die Forscherinnen und Forscher auch Gehirnströme.

Bild: Julian Groß.
Eine Probandin lässt ihre Gehirnaktivität bei der Lösung von Aufgaben am Computer messen.

Seit Anfang September 2023 läuft am Institut für Sport und Sportwissenschaft die 3. Kasseler Sturzpräventionsstudie gefördert durch das Hessische Ministerium des Innern und für Sport. An der Studie nehmen insgesamt 96 Seniorinnen und Senioren aus Kassel und Umgebung teil. Als Forschungsschwerpunkt untersuchen dabei Lisa Claußen, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Trainings- und Bewegungswissenschaft, und ihr Betreuer, Fachgebietsleiter Prof. Dr. Armin Kibele, die Auswirkungen verschiedener Trainingsformen bei älteren Menschen auf deren kognitive Leistungsfähigkeit.

Eine frühere Studie der Forschenden hat gezeigt, dass ein Krafttraining auf instabilen Unterlagen zur Verbesserung der Gedächtnisleistung und des schnellen Denkens führt; vergleichbare Effekte waren bei einem Krafttraining auf stabilen Unterlagen – bspw. an Geräten – jedoch nicht zu beobachten. Dies wird in der jetzt angelaufenen Trainingsstudie weitergehend untersucht. Neu ist vor allem, dass auch ein reines Gleichgewichtstraining untersucht wird. Die Durchführung und Untersuchung eines reinen Gleichgewichtstrainings soll die bisherigen Studienergebnisse im Zuge der Kasseler Sturzprävention erweitern.

Dafür führen die Forschenden nun eine 10-wöchige Trainingsstudie durch, die die Auswirkungen der drei verschiedenen Trainingsprogramme auf die kognitive und physische Leistungsfähigkeit untersucht. Die Probandinnen und Probanden, alle über 65 Jahre alt, wurden zufällig einer der drei Trainingsgruppen zugeteilt. Die Gruppen Krafttraining an Geräten sowie Krafttraining auf instabilen Unterlagen sind aus der vorherigen Studie übernommen. Ein Gleichgewichtstraining erweitert die bisherige Kasseler Forschung. Hierbei nehmen die Teilnehmenden verschiedene Standpositionen (z.B. beidbeiniges und einbeiniges Stehen) ein, ebenfalls auf instabilen Unterlagen, die im Laufe des Trainings verändert bzw. ausgetauscht werden. Während sie darauf die Balance halten, sollen sie unter anderem die Augen schließen oder einen Ball fangen und werfen. Über einen Zeitraum von zehn Wochen trainieren sie unter Anleitung und Aufsicht geschulter Trainerinnen und Trainer.

„Wir möchten bei dieser Studie speziell herausfinden, welche Rolle die Aufgabenkomplexität und die Koordination beim Training für die kognitiven Funktionen und die kognitive Leistung spielen“, erklärt Lisa Claußen. Beim Gleichgewichtstraining sei die muskuläre Intensität eher gering, die Aufgabenanforderung dafür hoch. Das Krafttraining auf instabilen Unterlagen zeichne sich hingegen sowohl durch eine hohe muskuläre Intensität als auch eine hohe Aufgabenanforderung aus.

In Zusammenarbeit mit dem Department Sport und Gesundheit der Universität Paderborn wird vor und nach der Trainingsphase mithilfe eines EEGs auch die Gehirnaktivität der Seniorinnen und Senioren während kognitiver Aufgaben am Computer gemessen. Dabei werden die räumlich-visuelle Wahrnehmung und drei exekutive Funktionen des Gehirns getestet: das Arbeitsgedächtnis, die inhibitorische Kontrolle und die kognitive Flexibilität. Dafür müssen die Teilnehmenden verschiedene Aufgabentypen lösen. So müssen sie sich bspw. Zahlenreihen merken oder versuchen, impulsive Reaktionen auf unbekannte Reize zu kontrollieren – eine typische Aufgabe dafür besteht darin, die Schriftfarbe zu nennen anstatt das geschriebene Farbwort vorzulesen (sog. „Stroop-Colour-Word Test“). Die kognitive Leistung (und ihre Veränderung) stellen die Forschenden dann hauptsächlich anhand zweier Indikatoren fest: der Fehleranzahl und der Reaktionszeit.

Zusätzlich werden die Teilnehmenden motorischen Tests unterzogen; bei diesen Aufgaben geht es um Handkraft, Beinkraft, Gehverhalten und Gleichgewicht. „Das übergeordnete Ziel unserer Forschung ist es, die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern und ihre physische sowie kognitive Gesundheit zu fördern“, betont Claußen. „Die Ergebnisse dieser Trainingsstudie könnten dazu beitragen, dafür neue Ansätze zu entwickeln.“

 

Kontakt:

Lisa Claußen
Universität Kassel
Institut für Sport und Sportwissenschaft
Tel.: +49 561 804-5398
E-Mail: lisa.claussen[at]uni-kassel[dot]de