EXTRACTIVISM Ringvorlesung 22/23: Alles fließt? Die Bedeutung von Wasser für den Gesellschaftsvertrag in Marokko

12.01.2023 in Marburg: Alles fließt? Die Bedeutung von Wasser für den Gesellschaftsvertrag in Marokko (Dr. Annabelle Houdret, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, Bonn)

Der Klimawandel verschärft die ohnehin ausgeprägte Wasserkrise im Maghreb und multipliziert die Risiken für die Nahrungssicherheit, Gesundheit und Lebensgrundlagen. Dies bedroht auch zentrale staatliche Funktionen wie Schutz (z.B. vor Flut und Dürre), Versorgung (etwa mit Trinkwasser) und Beteiligung der Bevölkerung (z.B. an Entscheidungen über Wasserinfrastruktur und -verteilung). Vielerorts führt dies zu teils gewaltsamen Protesten; die Bevölkerung stellt die Legitimität der Regierungen in Frage. Gleichzeitig beruhen die Gesellschaftsverträge der Region auf einer höchst ungleichen und wenig nachhaltigen Wassernutzung: einer einflussreichen Elite wird vielerorts erlaubt, unbegrenzt Grundwasser für die Landwirtschaft zu entnehmen während Kleinbauern unterversorgt sind, und einflussreiche Investoren in Tourismus- und anderen Investitionsprojekten werden trotz der Wasserknappheit unzureichend reguliert. Der Vortrag erklärt, warum die Wassergovernance eine zentrale Rolle für die Gesellschaftsverträge im Maghreb darstellt und mit welchen Risiken, aber auch Chancen für inklusivere Entwicklungspfade die Herausforderungen des Klimawandels verbunden sind.

 

Aus der Reihe
Klimawandel und Rohstoffe: Risiko oder Chance?
Extractivism Ringvorlesung im Wintersemester 2022/2023

Schon jetzt ist absehbar, dass die globale Bedeutung von Rohstoffen in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird. Anstrengungen, die Energiewende nachhaltig zu meisten und damit den Klimawandel mitzugestalten erfordern es, Rohstoffen einen besonderen Stellenwert einzuräumen. Die angestrebte Energiewende zum Zweck der nachhaltigen Klimapolitik wird hierbei die Rohstoffgrundlagen der Weltökonomie massiv verändern. Dies bedeutet nicht nur tiefe Wandlungsprozesse für die Länder des Globalen Nordens, sondern hat auch schwerwiegende Auswirkungen für viele Länder des Südens, die von Rohstoffexporten abhängen. Damit wird die bestehende Struktur des internationalen Systems und der Weltwirtschaft herausgefordert.

Die Ringvorlesung wendet sich diesem Problemkontext zu und nähert sich den Fragen zunächst aus der Perspektive Lateinamerikas und dem Maghreb. Die Beiträge fokussieren auf das Verhältnis von Rohstoffen und Klimawandel aus empirischer, regionaler und/oder theoretischer Perspektive. Sie werden dadurch verbunden, dass sie nicht nur die Risiken des Verhältnisses von Rohstoffen und Klimawandel analysieren, sondern auch Möglichkeiten und Chancen ausleuchten.

Die Ringvorlesung findet donnerstags von 18 Uhr bis 20 Uhr abwechselnd in Kassel und Marburg statt. Um an der Veranstaltung online teilzunehmen, können Sie sich HIER registrieren.

 

Programm der Ringvorlesung

27.10.2022 in Kassel: 500 Jahre Verflechtung zwischen Lateinamerika und Europa (Prof. Dr. Hans-Jürgen Burchardt, Universität Kassel)

03.11.2022 in Kassel: Amazonas, Ölreserven und das Klimamanagement von Unternehmen: Eine brasilianische Perspektive auf die Erreichbarkeit der Pariser Klimaziele (Prof. Dr. Anita Engels, Thomas Frisch, Solange Commelin; Universität Hamburg)

10.11.2022 in Marburg: Patrimonialer Kapitalismus, Rente und Entwicklung (Prof. Dr. Oliver Schlumberger, Universität Tübingen)

17.11.2022 in Kassel: Geopolitik der „Großen Transformation“ (Prof. Dr. Markus Lederer, Technische Universität Darmstadt)

24.11.2022 in Kassel: Petrolismus im Nahen Osten (Prof. Dr. Martin Beck, Universität Kurdistan Hewlêr)

01.12.2022 in Kassel: Lieferkettengesetze und Zertifizierung von Ressourcen (Prof. Dr. Lena Partzsch, Freie Universität Berlin)

08.12.2022 in Marburg: Öl und Mittelschichten in Iran (Prof. Dr. Mohammed Farzanegan, Philipps-Universität Marburg)

15.12.2022 in Kassel: Kreislaufwirtschaft, Rohstoffe und Klimawandel (Prof. Dr. Sina Leipold, Umweltforschungszentrum Leipzig)

12.01.2023 in Marburg: Alles fließt? Die Bedeutung von Wasser für den Gesellschaftsvertrag in Marokko (Dr. Annabelle Houdret, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, Bonn)

19.01.2023 in Kassel: Ist Lateinamerika zu reich für Entwicklung? (Dr. Hannes Warnecke-Berger / Prof. Dr. Hans-Jürgen Burchardt, Universität Kassel)

26.01.2023 in Marburg: Klimawandel und Perspektiven sozial-ökologischer Transformation (Prof. Dr. Klaus Dörre, Friedrich-Schiller-Universität Jena)

02.02.2023 in Kassel: Neues vom "Ressourcenfluch": Zur Relationalität ungleicher Entwicklung (Prof. Dr. Stephan Lessenich, Goethe-Universität Frankfurt am Main)

09.02.2022 in Marburg: 500 Jahre Verflechtung zwischen Maghreb und Europa (Prof. Dr. Rachid Ouaissa, Philipps-Universität Marburg)

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